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Hexensturm

Hexensturm

Titel: Hexensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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ziemlich gut darin, mich selbst zu piesacken.
    »Ja – nein! Ich weiß es nicht!« Frustriert, ärgerlich auf mich selbst – auf beide Seiten –, ließ ich mich an die Wand sinken. »Der Streit wegen Vanzir hat dazu geführt, dass Hyto mich erwischen konnte. Deswegen bin ich selber schuld daran.«
    »Du weißt verdammt gut, dass das nicht wahr ist – schlag dir das aus dem Kopf. Würdest du so etwas zu Delilah sagen? Hat Menolly verdient, was Dredge ihr angetan hat, weil sie sich nicht mehr halten konnte und ihm praktisch vor die Füße gefallen ist? Hat sie das verdient?«
    Jetzt wurde ich richtig wütend – darüber, dass solche Gedanken auch nur einen Weg in meine Stimme fanden, welcher Teil meiner selbst sie auch aussprach. Ich kochte über.
    »Nein! Sie hat es nicht verdient. Niemand verdient so etwas. Und diese Frauen, die Hyto ermordet hat, hatten es auch nicht verdient. Genauso wenig wie ich!«
    »Warum hegst du dann insgeheim diese Angst, dass du es doch verdient hast?« Die Stimme meines Alter Ego klang nun leiser, beinahe wie von Tränen erstickt.
    Ich schloss die Augen und ließ den Kopf hängen. »Ich weiß es nicht. Vielleicht … vielleicht, weil ich irgendjemanden brauche, auf den ich wütend sein kann, der aber nicht vorhat, mich umzubringen. Gegen Hyto kann ich mich nicht wehren. Ich darf ihn nicht anschreien … wen zum Teufel soll ich also anschreien? Hanna sicher nicht – sie ist meine einzige Hoffnung auf Hilfe. Und sie ist auch nicht schuld. Wie soll ich mit all der Wut und Angst umgehen, wenn ich sie an niemandem auslassen kann?«
    »Was ist mit deiner Magie? Vergiss niemals, dass du eine Hexe bist. Du bist eine Priesterin der Mondmutter. Zählt das denn gar nicht?«
    Ich spürte kühlen Wind, öffnete die Augen und fand mich auf einer weiten, kahlen Fläche wieder. Ich war auf der Astralebene – aber über mir stand der Mond, und die Mutter sandte ihre schimmernde Berührung herab, hüllte mich in die Strahlen, die von der schmalen Sichel am Himmel ausgingen. Das Versprechen auf Hoffnung, auf Liebe, auf einen Weg durch die Dunkelheit umfing mich, und ich klammerte mich an den Traum, an den Strohhalm des Möglichen.
    Mit aller Kraft hielt ich mich an ihrem Versprechen fest. Meine Magie … was für Zauber könnten mir helfen? Todesmagie würde mir nichts nützen, schon gar nicht ohne Morio – aber vielleicht …
    Im Geiste ging ich mein Repertoire an Zaubern durch und stieß auf den Beschwörungszauber. Ich hatte keinerlei magische Zutaten hier, aber vielleicht brauchte ich die gar nicht. Immerhin war ich jetzt Priesterin – na gut, noch nicht fertig ausgebildet … Aber die Mondmutter selbst hatte mich auserwählt.
    Ich schloss die Augen, sammelte alle Energie, die ich von der schmalen Sichel am Himmel bekommen konnte, und verwob sie zwischen meinen Fingern. Bitte, bitte jetzt keinen Kurzschluss. Bitte hilf mir. Bitte hol jemanden her, der mich finden kann.
    Ich dachte an meine Ehemänner – an Morio, Smoky und Trillian. Voller Sehnsucht suchte ich nach ihren Energien und spürte sie vage, konnte sie aber nicht richtig greifen. Ich suchte nach Chase, aber er war fort, und ich wünschte ihm im Stillen viel Glück dabei, von der Astralebene wieder nach Hause zu finden. Und dann spürte ich in der Ferne jemand Vertrauten.
    Ich folgte der Spur seiner Energie, lief los und jagte dann so schnell dahin, wie es nur die Auserwählten der Mondmutter vermochten. Sie schützte mich, gab mir Kraft. Ich aalte mich in ihrer Unterstützung, lenkte diese Energie in meine Wunden und bat sie um Beistand für meinen Geist wie für meinen Körper.
    Mondmutter, geliebte Herrin, du weißt, dass ich alles ehrenhaft ertragen werde, was ich ertragen muss, aber ich flehe dich an, hilf mir. Hilf mir, aus meinem Gefängnis zu fliehen und meine Feinde zu vernichten, hilf mir, meine Familie zu retten. Hilf mir, das Böse zu besiegen, das mich in Fetzen reißen will. Führe mich, Mutter der Nacht, Herrin der Jagd. Höre mein Herz, höre meine Seele, lass mich deinen Herzschlag spüren.
    Eine gewaltige Kraft strömte durch meinen Geist, und ich wurde noch schneller. Ich jagte dahin wie der Wind, als hätte ich Hels Hunde auf den Fersen. Mein Haar flatterte hinter mir her, und mit jedem Schritt meiner Füße im weichen Nebel wuchs meine Entschlossenheit. Hyto darf nicht gewinnen. Ich werde mir selbst keine Vorwürfe mehr machen. Vanzir und ich hatten getan, was notwendig gewesen war, um zu überleben,

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