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Hexentage

Hexentage

Titel: Hexentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Wilcke
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Bürgermeister legte Laurentz beschwichtigend eine Hand auf die Schulter und drängte ihn, den Raum zu verlassen.
    »Lassen wir die jungen Leute allein, werter Freund. Vielleicht gelingt es ihnen, sich unter vier Augen auszusprechen.«
    Laurentz ließ sich brummend aus der Stube führen. Agnes schaute ihrem Verlobten fest in die Augen, als sie allein waren. Jakob konnte nicht ausmachen, ob Enttäuschung oder Verärgerung aus ihren Gesichtszügen herauszulesen war.
    »Du hättest nicht kommen sollen«, sagte Jakob.
    »Ich habe dir versprochen, daß ich um deine Seele kämpfen werde, erinnerst du dich?«
    »Agnes«, sagte er verhalten, »es tut mir leid, was geschehen |286| ist. Aber du mußt mir glauben, ich bin nicht unter den Einfluß des Satans geraten.«
    Sie senkte den Blick. »Der Bürgermeister hat uns von dieser Frau berichtet.«
    »Sara Meddersheim?«
    »Ja, ich glaube, das war ihr Name.«
    »Was hat er euch gesagt?«
    Agnes atmete tief durch. »Ich weiß, daß du mich nicht begehrst, wie ein Mann eine Frau begehren sollte, aber es grämt mich nicht, denn das sündige Verlangen des Leibes stößt mich ab. Trotzdem glaube ich, daß ich dir eine bessere Frau sein könnte als diese Hure, die mit dem Satan im Bunde steht und deine Schwächen als Mann ausnutzt, um deinen Verstand zu verhexen.«
    »Sara ist keine Hure, und sie hat auch keinen Pakt mit dem Teufel geschlossen.«
    »Sie ist eine Hexe, eine verfluchte Zauberin, in deren Haus heidnische Bücher gefunden wurden, die ketzerische Gedanken verbergen. Sie will diese Stadt dem Bösen preisgeben.«
    »Das sind die Worte des Bürgermeisters, Agnes. Auch ich habe mich am Anfang von ihnen blenden lassen, aber mittlerweile weiß ich, daß Peltzer diese Hexenverfolgung gewollt hat. Er selbst hat sie ins Leben gerufen, weil sie seinen eigenen Interessen dient.«
    Agnes schaute ihn so verzweifelt an, als sei sie nun endgültig davon überzeugt, daß er den Verstand verloren habe.
    »Ich bin bereit dir zu verzeihen, Jakob. Versprich mir nur, daß du dem Bösen abschwörst – daß du mit uns nach Minden zurückkehren und dort demütig Buße ableisten wirst.«
    Es machte ihn wütend, daß Agnes überhaupt nicht auf seine Erklärungen einging. Für sie stand anscheinend zweifelsfrei fest, daß Sara sich dem Bösen verschrieben hatte.
    »Agnes, diese Frau, über die du urteilst, ohne ihr überhaupt jemals begegnet zu sein, wurde in ein dunkles stinkendes Loch geworfen, |287| obwohl sie in einigen Tagen ein Kind zur Welt bringen wird. Sie wird dieses Kind zwischen Ratten und Flöhen gebären. Und sollte sie die Geburt überstehen, wird man sie foltern und peinigen, bis sie die Lügen, die über sie verbreitet werden, bestätigt, um mit einem gnädigen Tod belohnt zu werden.«
    »Sie ist eine Hure«, widersprach Agnes. »Und sie trägt einen Dämon in sich. Ich wünschte mir, man würde ihr diesen Teufel aus dem Leib reißen und sie beide verbrennen, auf daß ihre Seelen in die Hölle fahren.«
    Jakob spürte das Verlangen, Agnes zu ohrfeigen, um die Dummheiten, die sie von sich gab, zu unterbinden. Doch er faßte sie nur hart an die Schultern und schüttelte sie.
    »Schweig endlich!«
    Sie wich abrupt zurück. Doch Jakob ließ nicht von ihr ab, sondern packte ihre Hand und zog sie mit sich nach draußen.
    »Was machst du?« Agnes versuchte, sich aus seinem Griff zu winden, was ihr aber nicht gelang.
    »Ich werde dir etwas zeigen.« Wütend zerrte er sie weiter die Straße entlang. Einige Menschen drehten sich verwundert nach ihnen um. Agnes wand sich heftig und schleuderte ihm Flüche entgegen, die er aus ihrem Munde niemals erwartet hätte, aber Jakob ließ sich nicht beirren und trat eilig voran bis an die Stadtmauer, wo er sie auf den Wehrgang zum Bucksturm zog. Erst da machte er sich Gedanken darum, ob man sie überhaupt eintreten lassen würde.
    Er schlug kräftig gegen die Tür des Kerkers, während er mit der anderen Hand seine sich windende Braut festhielt. Einmal nur sollte Agnes in das Gesicht der Frau sehen, die sie als Hexe bezeichnete. Sie sollte das Elend begreifen, dem Sara ausgesetzt war. Auch wenn Jakob wenig Hoffnung hegte, daß Agnes ihre Meinung dadurch ändern würde, so würde es ihm zumindest eine gewisse Genugtuung bereiten, Agnes mit dem Schmerz und den Qualen der zu Unrecht beschuldigten Frauen zu konfrontieren.
    Die Tür wurde geöffnet, und zu seiner Überraschung sah sich |288| Jakob einem gehetzt dreinschauenden Wachmann gegenüber, der ihn

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