Hexentöchter: Erotischer Vampirroman (German Edition)
hinauszubringen. Sie versuchte, durch die Dunkelheit sein Gesicht zu erkennen, aber sie sah nur seine Augen, die sie wie magisch anzogen.
„Wirst du das schaffen? Oder wirst du umfallen, wenn du noch mehr Blut siehst?“
Charlie fühlte eine unangebrachte Schwäche in ihre Glieder steigen. „Ich schaffe das.“ Er sprach nicht nur von Blut. Er sprach von zerfetzten Kehlen und Körpern. Offenbar hatte sie wenig überzeugend geklungen, denn er murmelte etwas das sich anhörte wie „Genau das hat mir noch gefehlt“ und „Von Frauen wie dir sollte man wirklich die Finger lassen“.
Charlie beschloss, nicht näher darauf einzugehen. Sie hielt still, als er ihr die Kapuze über den Kopf zog, sodass sie nur den Boden vor sich sah, und blinzelte zwischen den Wimpern hindurch, als Veilbrook sie unauffällig und langsam durch die immer erregter werdende Meute führte. Aber als sie eine Stelle passierten, von wo aus man den Altar beobachten konnte, hob sie schnell den Blick, um zu sehen, was Theo machte.
Er war noch dort. Allerdings hatte man die Frau schon längst zu Boden geworfen. Ihr lebloser Körper wirkte fast durchsichtig weiß. Nur noch einige Schmieren von Blut zeugten von dem, was mit ihr geschehen war. Charlie erschauerte. Sie blieb stehen und sah auf Theo. Sein Mund war verschmiert, das ehemals weiße Hemd hatte große, leuchtend rote Flecken.
Um die Tote herum kauerten gekrümmte Gestalten. Dämonengesindel, das sich am Fleisch des Opfers gütlich tun wollte. Noch hielt der schlanke Mann, der knapp neben Theo stand, sie zurück, aber sobald er ihnen die Erlaubnis gab, würden sie sich über die Tote werfen. Charlies Zähne schlugen aufeinander, ihr Magen rebellierte. Wo war ihr Bruder nur gelandet? Wollte er das wirklich? Gefiel ihm das?
„Das sind Initiationsriten der Vampirgemeinschaft“, flüsterte dicht neben ihr Veilbrook. Seine dunkle Stimme, seine Nähe, ließen sie abermals erzittern. „Der junge Kerl dort drüben wurde erst kürzlich zum Vampir gemacht. Heute wird er in die Gemeinschaft eingeführt.“
„Und dafür muss er töten.“ Charlies Stimme war nur ein Hauch.
„Es ist nicht das erste Mal“, sagte Veilbrook kalt. „Und er wird es wieder tun. Solange er lebt.“
Charlie konnte ihren Blick nicht von dem blutverschmierten, in Verzückung verzerrten Gesicht lösen, das einmal ihrem Bruder gehört hatte. Welch ein liebes Lächeln hatte er gehabt, wie unschuldig. Ein unterdrücktes Schluchzen stieg in ihr hoch.
„Du kennst ihn.“ Es war eine Feststellung.
Charlie schüttelte langsam den Kopf. Nein, sie kannte den Mann, der dort soeben eine junge Frau getötet hatte, nicht. Es war ein Fremder.
„Bist du seinetwegen hier? Hat er dich herbestellt?“
Sie sah hoch. Das Brennen in Veilbrooks Augen hatte sich intensiviert. Sekundenlang hielt sein Blick ihren fest, und sie fühlte, wie sich sein Griff um ihre Schultern verstärkte. Er zerrte sie näher an sich heran, bis sie seinen Körper spürte. Sein Atem ging schwerer, als sein Gesicht sich ihrem näherte, als würde er unaufhaltsam von ihr angezogen werden. Sie bewegte unbehaglich die Schultern. „Hören Sie auf damit.“
Veilbrook verharrte, aber das Feuer in seinen Augen brannte heller. Dann, mit einem Mal, erlosch es und machte einer schwarzen Kälte Platz, die Charlie frösteln ließ.
Die anderen achteten nicht auf sie. Sie drängten sich vorwärts und hätten auch Charlie und Veilbrook bis zum Altar geschoben, hätte dieser sich nicht dagegen gestemmt. Eine gesteigerte Erregung hatte die Menge erfasst, so, als käme das Beste noch, als wollten die Zuschauer nichts versäumen.
„Wir müssen weiter“, murmelte Veilbrook in ihr Ohr.
Charlie sah mit bösen Vorahnungen dem Drängen der anderen zu. „Was geschieht jetzt?“
„Nichts, was du sehen wolltest oder solltest“, erwiderte er. „Komm weiter und sieh nicht hin.“ Er wollte sie weiterziehen, aber Charlie wehrte sich dagegen.
„Werden sie ihm etwas tun?“
„Dem Vampir? Nein. Aber du“, zischte er sie an, als sie den Kopf in die andere Richtung drehte, „sollst mir genau zuhören. Und gehorchen.“ Er sprach ganz langsam. „Gleichgültig, was jetzt hier passiert, was immer du hörst – du wirst nicht hinsehen. Halte die Augen geschlossen. Ich führe dich.“
Charlie wusste, dass dies nicht zu ihrem Schaden gesagt worden war, und sie ging folgsam einige Schritte mit, bis eine neue Stimme ertönte. Ein hohes Wimmern. Ein Weinen. Und dann erkannte sie die
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