Hexentöchter: Erotischer Vampirroman (German Edition)
hinzu.
Veilbrook war also eifersüchtig. Charlies Gefühle waren gespalten, was das betraf. Wie sehr sie sich unter anderen Umständen auch über Veilbrooks Eifersucht gefreut hätte, so bestürzt war sie nun. Es war ihre Schuld. Sie hätte ihm gleich sagen müssen, dass Theo ihr Bruder war. Aber was fiel ihm nur ein, Theo aus seiner Wohnung zu werfen und ihn auch noch einzuschüchtern!
Als Theo jedoch versuchte, sie mit sich zu ziehen, wehrte sie sich dagegen. „Ich gehe nicht mit, ehe ich nicht gehört habe, was los ist.“
„Du bist eigensinnig.“ Theo klang verzweifelt. Sein blasses Gesicht verlor noch mehr an Farbe.
Charlie verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn stur an. „Möglich. Also tust du besser daran, mir …“
„Na schön, na schön“, unterbrach er sie ärgerlich. Er sah sich gehetzt um. „Kann uns hier jemand hören?“
„Das wäre möglich. Komm“, Charlie zog Theo in die Halle und dann durch den Hintereingang hinaus in den Park. Die Sonne war schon lange hinter den Hügeln versunken und die kommende Nacht warf graue Schatten über den gepflegten Rasen. Die Abendfeuchtigkeit legte sich auf Charlies Gesicht und ihre Kleider. Sie fröstelte ein wenig und schlang die Arme um sich, um sich zu wärmen.
Theo ging einige Schritte in den Park hinein, dann drehte er sich unvermittelt zu Charlie um. „Wusstest du, dass unser Vater in Bedlam gestorben ist?
Charlie blieb wie angewurzelt stehen. Sie hatte gedacht, Theo wolle sich über Veilbrook beschweren, und hatte sich schon einige beruhigende Antworten dazu überlegt. Diese Mitteilung ließ jedoch ihren Atem stocken.
„Ich war gestern Nacht dort“, fuhr Theo hastig fort. „Der Wärter hat mir alles erzählt. Und ich habe in die Akten gesehen. Es stimmt, Charlie!“
Charlie schüttelte langsam den Kopf, als sie begriff, dass Theo keinen dummen Scherz machte, sondern fest davon überzeugt war. „Das kann nicht sein. Großmutter hat niemals etwas gesagt.“
Theo hob hilflos die Schultern. „Wahrscheinlich wollte sie uns schonen.“
Charlie verbarg für Sekunden das Gesicht in den Händen. Sie konnte sich nicht sehr deutlich an ihren Vater erinnern. Sie war an die sechs Jahre alt gewesen, als Agatha Baker sie und Theo aufgenommen hatte, weil ihre Eltern tot waren. Man hatte ihr gesagt, es sei ein Unfall gewesen. Aber es stimmte nicht. Ihr Vater hatte überlebt und war im Irrenhaus gestorben. Der Gedanke war so bestürzend, dass sie ihn noch nicht vollständig erfassen konnte.
„Er muss völlig verwirrt und verzweifelt gewesen sein nach Mutters Tod“, sagte Theo leise. In seinen Augen schimmerten Tränen. „Und dann ist er dort gestorben.“ Ein Zittern lief durch seinen Körper. „Ich war dort. Ich habe mir alles angesehen. Sogar die Zelle, in der er … wo sie ihn …“ Theo schloss die Augen. „Charlie, ich kann es kaum ertragen, zu wissen, dass unser Vater mehrere Monate an diesem Ort verbracht hat! Dieses Wissen ist entsetzlich.“ Er schlang die Arme um sie und presste sein Gesicht an ihre Schulter. Sie umarmte ihn und hielt ihn fest. So, wie sie ihn als Kind gehalten hatte, wenn er weinend bei ihr Schutz gesucht hatte.
Theo schmiegte sich enger an seine Schwester. Charlie war so vertraut, so stark und beschützend, fast so wie Merlot. Nur eben wärmer, und ihr Herz schlug schnell und laut. Merlot war sehr verständnisvoll und besorgt gewesen, als sie Bedlam in den frühen Morgenstunden, kurz vor der Dämmerung verlassen hatten. Er hatte sich um ihn gekümmert, dafür gesorgt, dass er ruhte, ihn, um ihn zu kräftigen, sogar einige Schlucke aus seinem Handgelenk nehmen lassen.
Aber so sehr er sich an Merlot und dessen Stärke anlehnte, so wenig hatte er ihm die wahre Tiefe seines Schocks und seines Schmerzes zeigen können. Sein Stolz hatte ihn davor zurückgehalten vor seinem weltmännischen, überlegenen Liebhaber zusammenzubrechen. Jetzt, bei Charlie konnte er sich gehen lassen. Sie war seine große Schwester.
Ihre Wärme durchdrang seine kühle Haut, wärmte auch ihn. Das war etwas, was er am meisten vermisste, seit er verwandelt worden war – die Wärme einer menschlichen Umarmung. Die Momente, in denen er ein Opfer im Arm hielt und saugte, reichten nicht aus. Er schnupperte an ihr. Hatte sie immer schon so gut gerochen? Hatte ihr Puls sich immer so angefühlt? Der Drang, das Bedürfnis, mehr von dieser Wärme, von diesem Leben zu fühlen, wurde stärker. Seine Lippen lagen wie von selbst an ihrem Hals.
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