Hexentraum
hätten sie mir auch einen Teil meiner Seele geraubt, dachte er. I ch glaube, ich werde nie mehr Ruhe finden, bis sie wieder bei mir ist.
Von Nicole wanderten seine Gedanken zu ihrem neu entdeckten Cousin weiter. Was sie wohl zu alledem sagen würde? Er lächelte. Das Spiel »Was würde Nicole sagen?« wurde allmählich zu seinem liebsten Zeitvertreib.
Er hörte Armand leise schnarchen, und auch aus dem Nebenzimmer drang Schnarchen herüber. Alex, schläfst du auch? Wenn ja, was träumst du? Und wenn nicht, was tust du jetzt?
June Cathers:
Santa Paula, Kalifornien, 12. März 1928, 23.57 Uhr
Die vierjährige June Cathers lag wach im Bett, zu aufgeregt um zu schlafen. Morgen war ihr Geburtstag, und dann würde sie fünf Jahre alt sein. Im Bett neben ihr schliefen ihre Zwillingsbrüder Timmy und Tommy tief und fest. Sie drehte sich auf die Seite und kniff dabei die Augen zu. Ihre Schranktür war offen, und das beunruhigte sie.
In dem Schrank knurrte und rumpelte es immer lauter. Sie versuchte, nicht hinzuhören, aber der Lärm wurde so laut, dass sie sich wunderte, warum die anderen davon nicht aufwachten.
Sie drehte sich zu dem Schrank um und schrie.
Eine Wasserwand schoss hervor: Ein Fluss ergoss sich direkt aus ihrem Kleiderschrank!
Dann hielt er plötzlich inne, als wäre er mitten in der Luft gefroren. Ein Licht erschien, das heller leuchtete als alles, was sie je zuvor gesehen hatte. Eine Frau mit wunderschönem, wallendem langem Haar stand in dem Licht. Sie hob June hoch und drückte sie an sich.
Dann erschien ein Mann, der ebenfalls strahlte. Sein Haar war ganz hell, und er war sehr schön.
Er hob Timmy und Tommy hoch, jeden auf einen Arm, und sie alle schmiegten sich dicht zusammen. Dann bewegte das Wasser sich weiter und strömte um sie herum. Aber die beiden strahlenden Leute hielten June und ihre Brüder in den Armen und standen einfach so im Wasser.
»Was ist passiert?«, heulte June.
»Die St.-Francis-Staumauer ist gebrochen«, erklärte ihr er Mann. »Deine Familie ist dazu verflucht, dass alle ertrinken. Aber wir haben euch gerettet. Ihr seid unsere Zukunft.«
»Bist du ein Engel?«, fragte sie und berührte ehrfurchtsvoll sein Gesicht.
»Nein«, antwortete er mit schwachem Lächeln. »Mein Name ist Alex, und ich bin kein Engel. Aber ich bin jemand, der dir sein Leben verdankt.« Er beugte sich über sie und küsste sie auf die Wange. »Alles Gute zum Geburtstag, June.«
Und dann verschwanden er und die Dame.
June erwachte an einem wunderschönen Tag... und war fünf Jahre alt.
Der Mutterzirkel: Santa Cruz
Anne-Louise fuhr keuchend im Bett hoch. »Irgendetwas stimmt nicht«, flüsterte sie.
Wisper starrte sie an, den Kopf zur Seite geneigt. Der Blick ihrer gelben Augen schien Anne-Louise zu durchbohren.
»Etwas ist anders - irgendwie verändert«, sagte Anne-Louise, sah die Katze an und betete um Antworten.
Die Katze sprach. »Die Zeitachse hat sich um euch verschoben.«
»Wie kann so etwas passieren?«, fragte Anne-Louise entsetzt.
»Jemand hat die Vergangenheit verändert. Das Haus Cahors kann dir mehr darüber sagen.«
Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Die Vergangenheit zu ändern war eine sehr ernste Sache. Im Mutterzirkel verlangte dieser Akt den Tod der Hexe, die diese machtvolle Magie gewirkt hatte.
Sie wandte ein: »Aber wenn sich die Zeitachse verschoben hat, wie kommt es dann, dass ich mir dessen bewusst bin?«
Die Katze zwinkerte ihr zu. »Weil ich dir erlaubt habe, beide Entwicklungen zu beobachten.«
Anne-Louise spürte, wie ihr Mund schlagartig staubtrocken wurde. »Was hat sich verändert?«
»Vieles.«
Eli und Nicole: Avalon
Binnen Minuten war Nicoles Handgelenk geheilt. Eli hatte die Zeit dazu genutzt, sich zu überlegen, wie sie von der Insel kommen sollten. Bisher war ihm nichts eingefallen, aber das wollte er nicht zugeben. Er betrachtete sie. Sie ist so schön, und sie strahlt so hell. Er schluckte schwer. Er musste es wissen. Die Frage quälte ihn schon die ganze Zeit, und jetzt musste sie einfach heraus. »Ist... ist das Baby von mir?«
Nicole lief scharlachrot an und legte eine Hand auf ihren runden Bauch. »Ich weiß es nicht«, flüsterte sie.
»Wann kommt es denn?«
»Zum Windmond.«
»Aber das ist schon in ein paar Tagen!«, rief er aus und geriet leicht in Panik.
Sie schenkte ihm das lieblichste Lächeln, das er je gesehen hatte, und er beruhigte sich allmählich wieder. Das könnte mein Kind sein, dachte er voller Staunen. Ehe er
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