Hexentraum
hinein. Holly berührte im Vorbeigehen seine Hand. Sobald alle drin waren, trat er ebenfalls ein und schloss die Tür hinter sich.
»>Tief hinab in die Hölle meiner Pein<«, brummte Alex.
»Wie bitte?«, flüsterte Jer.
»Das ist ein Zitat aus Das Phantom der Oper«, erklärte Holly leise.
Sie und Alex wechselten einen Blick, bei dem Jer sich ausgesprochen unwohl fühlte.
»Hört auf mit dem Quatsch«, zischte Nicole.
Jer ging wieder nach vorn und übernahm die Führung durch die verwinkelten Flure. Sie waren kaum dreißig Meter weit gekommen, als die Hölle losbrach.
Plötzlich waren Hexer überall, sie platzten aus Seitengängen und Geheimtüren hervor. Es schien, als kämen sie einfach aus den Wänden. Und dann rannten sie einfach an der Gruppe vorbei und weiter den Gang entlang.
Jer blinzelte. Was ist das hier, die Twilight Zone? Dann hörte er es, ein tiefes, lang gezogenes Heulen - das Signal für Eindringlinge. Aber wenn der Alarm nicht uns gilt, was ist dann hier los?
Ein weiterer Hexer rumpelte aus einem Seitengang heraus.
»Was ist los?«, schrie Jer.
»Michael Deveraux«, keuchte der Mann. Er warf einen raschen Blick auf Jer und blieb abrupt stehen. »He, du bist doch...«
Ehe er den Satz vollenden konnte, fiel er tot zu Boden, und ein Messer ragte aus seiner Brust. Philippe trat vor, riss die Klinge wieder heraus und wischte das Blut an seiner Kleidung ab.
»Also gut, weiter«, sagte Jer.
»Hast du eine Ahnung, wo die alle hinrennen?«, fragte Holly.
»Zum Thronsaal, nehme ich an«, antwortete er grimmig. »Wäre logisch. Die Deveraux gieren schon seit Generationen danach, diesen Thron von den Moores zurückzuerobern.«
Eli Deveraux stand neben James Moore, und beide beobachteten das Gemetzel. Ich wusste gar nicht, dass mein Vater so viele Anhänger im Obersten Zirkel rekrutiert hat, dachte Eli.
Er duckte sich, als ein verirrter Feuerball in der Luft über seinem Kopf explodierte. Langsam richtete er sich auf und wandte sich James zu. »Dir ist doch klar, dass sich um uns niemand schert«, sagte er.
James beäugte ihn kühl. »Wie bitte?«
»Dein Vater und meiner - sie scheren sich einen Dreck um uns. Keiner von beiden konnte je an etwas anderes denken als an sich selbst. Wir werden immer nur Schachfiguren in ihren Spielchen sein.«
Ein Hexer rannte vorbei, in lodernde Flammen gehüllt, und Eli sah ihm einen Moment lang zu, ehe er sich wieder James zuwandte.
»Er hat damit gedroht, mich umzubringen«, sagte James so leise, dass Eli ihn nur mit Mühe verstehen konnte. »Er hat gesagt, es sei an der Zeit, mich für eine Seite zu entscheiden, und wenn ich mich mit deinem Vater zusammentäte, würde er mir bei lebendigem Leib die Haut abziehen. Für den Anfang.«
»Ich glaube, ich bin nur deshalb noch am Leben, weil mein Vater bisher zu faul war, mich zu töten.«
James schnaubte. »Die meinen, wir wären damit zufrieden, unser Leben in ihrem Schatten zu verbringen und nie mehr zu bekommen, als sie uns gewähren.«
»Ich habe es satt, ständig über die Schulter zu schauen. Wir müssen aufhören, einander zu bekämpfen, und stattdessen gegen diejenigen kämpfen, die sich uns entgegenstellen.«
James nickte. »Ja, wir sollten wirklich etwas unternehmen.«
»Einverstanden«, sagte Eli. »Und, James, da wäre noch etwas.«
»Was?«, brummte der andere.
»Wenn das hier fertig ist, will ich, dass du dich von Nicole scheiden lässt.«
Ein Blitz schoss zwischen ihnen hindurch und schlug in die Wand ein. Als der Rauch sich lichtete, drehte James sich ganz zu Eli um. »Mich von ihr scheiden lassen? Ich hatte vor, sie zu töten. Warum?«
»Weil ich sie heiraten will«, sagte Eli, der kaum fassen konnte, dass ihm diese Worte über die Lippen kamen. »Ich glaube, das Kind könnte von mir sein.«
»Genauso gut könnte es von mir sein«, erwiderte James in unterschwellig drohendem Tonfall.
»Das Risiko gehe ich ein«, erklärte Eli und sah ihm fest in die Augen.
Noch vor einer Woche - zum Teufel, vor einer Stunde - hätten sie in einer solchen Situation dem anderen nach dem Leben getrachtet. Doch jetzt nickte James langsam. Er streckte die Hand aus. »Einverstanden. Also dann, schlagen wir ein paar Köpfe ein.«
Holly schnappte unwillkürlich nach Luft, als sie die Szene vor sich sah. Wohin sie auch schaute, überall kämpften Hexer miteinander. Sie sind so sehr damit beschäftigt, sich gegenseitig umzubringen, dass sie uns nicht einmal bemerken, dachte sie erstaunt.
Das konnte man von
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