Hexenwahn
heißt er?«
Suko hob die Schultern. »Die Ärzte haben ihn abgeschottet. Keiner darf zu ihm.«
»Dann verläuft die Spur vorerst im Sande«, erwiderte ich leise. »Das ist Mist.«
»Was willst du machen?«
»Vielleicht kann das Mädchen uns weiterhelfen?«
Suko schaute mich an. »Klar. Zudem liegt sie nur eine Etage höher. Wenn Bill dir neue Sachen gebracht hat, gehen wir hoch, auch wenn du aussiehst wie Frankenstein«, grinste der Chinese.
»Der Unterschied zwischen dir und mir ist der«, erwiderte ich langsam, »daß ich grün und blau und zerschrammt sein kann und immer noch wie ein Mensch aussehe. Aber du solltest erst mal deine Maske abnehmen, was meinst du, wie du dann die Leute erschreckst.«
»Hast du Maske gesagt?«
»Ach, das ist dein Gesicht. Entschuldige vielmals.«
Die Schwester hörte uns zu und schüttelte den Kopf. So etwas hatte sie noch nie erlebt.
Dann kam Bill Conolly. Er grinste breit, als er mich sah, und sagte: »Hi, Frankenstein.«
»Jetzt fang du nicht auch noch an.«
Der Reporter warf die Ersatzkleidung neben mir aufs Bett. Die Schwester drehte sich schamhaft um, als ich die Unterhose wechselte und in die neuen Klamotten stieg. Meine Waffen hatte Bill auch sichergestellt.
Sogar das Kreuz hatte man mir abgenommen. Meine Haut schmerzte noch immer. Besonders wenn ich das Gesicht verzog. Und auch die Handrücken brannten, ansonsten ließ es sich aushalten.
»Gehen wir zu dem Mädchen?« fragte Suko.
»Klar.«
»Ich weiß nicht, ob Sie die Verletzte jetzt schon besuchen können«, sagte die Schwester. »Vielleicht ist es doch besser, wenn Sie noch warten.«
»Nein, hier geht es um mehr, glauben Sie mir. Sie wollen doch weiterhin ruhig schlafen können.«
Sie schaute mich an. »Natürlich.«
»Dann müssen wir mit dem Girl reden.«
Die Ambulanz befand sich im Keller des Krankenhauses. Wir betraten einen breiten, gefliesten Gang und gelangten an die Aufzüge, die uns nach oben brachten. Aus der nahen Großküche hörten wir das Klappern von Geschirr.
Im dritten Stock wurde das Frühstück verteilt. Ich hielt eine Schwester an und fragte nach Celia.
»Jetzt ist aber keine Besuchszeit«, gab sie mir zur Antwort. Ich zeigte ihr meinen Ausweis. Da wurde sie etwas netter und nannte uns die Zimmernummer.
Celia lag auf dem Rücken, als wir leise den Raum betraten. Sie schlief nicht. Aus großen Augen schaute sie uns an. Ihre Hände waren verbunden, auf ihrem Gesicht glänzte die gleiche Salbe wie auf meinem.
»Hallo, Celia«, sagte ich.
Sie lächelte. »Hallo. Ihnen habe ich mein Leben zu verdanken, nicht wahr?«
»So ungefähr, aber wir waren alle daran beteiligt. Glück muß der Mensch eben haben.«
»Sicher, aber so etwas möchte ich nicht noch einmal erleben. Wirklich nicht.« Sie begann zu weinen. Ich ließ sie und nahm auf der Bettkante Platz. Suko und Bill blieben stehen.
Nach einer Weile hatte sich Celia wieder beruhigt, und ich stellte die erste Frage. »Wie war es überhaupt möglich, daß Sie in so eine Lage geraten sind?«
»Das ist schwer zu erklären.«
»Versuchen Sie es trotzdem.«
Sie schaute mich an.
»Glauben Sie daran, daß es echte Hexen gibt, Mr. Sinclair?«
»Ja.«
»Wirklich?«
»Wenn ich es Ihnen sage.«
»Dann ist es gut. Ich war froh, als man mir gesagt hatte, wie Sie heißen und wer Sie sind. Und ich kann Ihnen versichern, daß es tatsächlich Hexen in London gibt. Angeführt werden sie von einer gewissen Wikka, sie ist die Oberhexe, und sie arbeitet mit einem Mann zusammen, der Gordon Schreiber heißt.«
Da hatte ich den Namen. Gordon Schreiber also! Es hatte so kommen müssen. Er hielt sich in London auf und war vielleicht noch stärker geworden als damals, denn die Oberhexe namens Wikka durfte ich auf keinen Fall unterschätzen, das war mir jetzt schon klar.
»Woher wissen Sie das alles so genau?« wollte ich wissen.
»Ich habe geforscht, denn eine Freundin von mir ist in den Bann dieser Hexe geraten. Sie wollte auch mich bekehren, wie sie so schön sagte, und ich ging zum Schein auf dieses Angebot ein. Ich begleitete sie zu Schwarzen Messen und habe Schreckliches dort gesehen. Allerdings wußte ich nicht, daß man mir bereits auf der Spur war. Irgend jemand hat einen Privatdetektiv angeheuert. Der Mann heißt Clint Cannon, wie ich von einem der Vermummten erfahren habe. Und Cannon hat auch meinen Namen weitergegeben. Gestern abend drangen sie plötzlich in meine Wohnung ein. Ich hatte keine Chance. Sie rollten mich in einen Teppich
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