Hexenwahn
alten Geheimwissenschaften zu. Es ist doch ganz natürlich, daß so etwas auch zu einem Partygespräch werden kann.«
»Allgemein ja«, gab Bill seinem Gegenüber recht. »Aber wir sind damals ziemlich konkret geworden.«
»Das müssen Sie mir erklären, Bill.«
»Sie waren doch dafür, daß man die Hexen ausrottet. Sie wollten sie sogar auf einen Scheiterhaufen stellen und sie verbrennen, denn Sie haben mir und den anderen gesagt, daß diese Hexen tatsächlich existieren und daß sie keine Einbildung sind.«
»Das habe ich gesagt?«
»Ja.«
»Und?«
»Inzwischen ist dies eingetreten. Es sollte eine Hexe verbrannt werden. Oder eine angebliche Hexe. Der erste Scheiterhaufen hat bereits gebrannt, Doyle. Und in ihm steckte ein Pfahl, an dem ein unschuldiges Mädchen festgebunden war. Wenn meine Freunde und ich nicht im letzten Moment hinzugekommen wären, dann hätte das Mädchen keine Chance mehr gehabt.«
»Das ist passiert?« fragte Harold Doyle erstaunt, wobei er sein Whiskyglas zwischen den Fingern drehte. »Genau so, wie ich es Ihnen geschildert habe.« Doyle nickte. »Sicherlich haben Sie recht, Bill. Es ist auch sehr interessant, was Sie mir da erzählen, nur was habe ich mit der ganzen Sache zu tun?«
»Das will ich Ihnen sagen. Ich habe Sie, Harold Doyle, in Verdacht, der Initiator dieser Verbrechen zu sein.«
»Sie meinen, daß ich die Verbrennung befohlen habe?«
»So ist es!«
Doyle lehnte sich zurück und verengte seine Augen. Sie wurden zu schmalen Sicheln, und Bill sah trotzdem das Funkeln der Pupillen.
»Diese Anschuldigungen sind ungeheuer, Bill, wenn Sie verstehen, was ich damit meine.«
»Natürlich, und ich nehme Sie auch nicht zurück.«
»Können Sie das beweisen? Haben Sie mich gesehen?«
»Ja und nein.«
»Das verstehe ich nicht.«
Bill beugte sich vor und zischte: »Die Leute, die das Mädchen auf den Scheiterhaufen gestellt haben, waren vermummt. Aber ich habe sie sprechen gehört, erkannte ihre Stimmen, und einer der Männer redete so wie Sie, Doyle.«
»Das ist absurd.«
»Für Sie vielleicht. Für mich nicht. Ich weiß, weshalb Sie die Hexen hassen. Ihre eigene Frau gehört selbst zu einem Hexenclub. Samantha Doyle, eine Lady der Londoner Gesellschaft, die das Leben irgendwie leid war, hat sich mit Schwarzer Magie beschäftigt und sich dem Teufel zugewendet. Sie haben Ihre Frau verloren, Doyle, und das können Sie nicht überwinden. So denke ich über das Motiv.«
»Meine Frau ist hier«, erwiderte Doyle hart. Er stellte das Whiskyglas auf den Tisch. »Was Sie mir vorwerfen, Conolly, sind ärgste Beleidigungen, und ich überlege schon, ob ich Sie nicht der Polizei übergeben soll.«
»Lächerlich.«
»Nein, das ist nicht lächerlich, es ist die Wahrheit.« Doyle atmete aus.
»Wollen Sie Samantha sehen?«
Bill überlegte. Vielleicht befand er sich wirklich auf dem falschen Dampfer und hatte sich da in etwas hineingerannt. Daß Doyle hinter der Hexenverbrennung steckte, konnte er nicht beweisen, er hatte die Männer nur maskiert gesehen. Zudem durfte er dem Partygespräch auch nicht zuviel Gewicht beimessen. Auf Feten dieser Art sagte man viel, das nicht auf die Goldwaage gelegt werden sollte. Und wenn Doyle seine Unschuld beweisen wollte, warum nicht? Bill war der letzte, der dazu nein sagen würde. »Was ist, Bill?«
»Gut.« Der Reporter nickte. »Gehen wir zu Ihrer Frau.«
Doyle trank sein Glas leer. »So gefallen Sie mir schon besser, Bill. Es wird alles zu Ihrer Zufriedenheit enden, das können Sie mir glauben.« Der Makler erhob sich. »Wenn ich Sie jetzt bitten dürfte, mein Lieber.«
Auch Bill stand auf.
Doyle ging noch zu seiner Sekretärin und bat darum, nicht gestört zu werden. »Ich habe mit Mr. Conolly etwas Wichtiges zu besprechen. Wie lange es dauern wird, kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Es ist gut, Sir.«
Bill rechnete damit, daß sie nach oben gehen würden, und war deshalb überrascht, als sie auf die Tür eines Aufzugs zuschritten, hinter der Bill ein Büro vermutet hätte. Die Knopfleiste war in ein Mahagoni-Paneel eingelassen.
Lautlos schoben sich die beiden Türhälften zurück, als der Aufzug stoppte. Bill betrat die Kabine und schaute in einen Spiegel. Es gab sogar eine gepolsterte Sitzbank.
Doyle folgte dem Reporter. Er lächelte und drückte einen Knopf.
»Ich bin froh darüber, daß ich Ihnen den gegenteiligen Beweis erbringen kann, Bill.«
Abwärts.
Wieder wurde der Reporter überrascht. »Wir fahren in den Keller?«
»Ja, ich
Weitere Kostenlose Bücher