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Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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seine Mundwinkel zuckten ganz leicht und mit einem Male hielt er meinem Blick nicht mehr stand, sondern sah weg und begann nervös mit seinem silbernen Zigarrenetui zu spielen.
    »Es war mehr als eine Fleischwunde, nicht wahr?«, fuhr ich fort. »Der Riss ist längst verheilt, aber es geht mir immer noch nicht besser, und …«
    »Die Wunde war entzündet«, unterbrach mich Howard. »Es war alles voller Schmutz und Staub. Du hast doch selbst gehört, was der Arzt gesagt hat.« Es war eine Ausrede. Der Arzt, zu dem mich Howard und Robert gebracht hatten, hatte genau das gesagt, was er sagen sollte, nicht mehr und nicht weniger, und man musste nicht einmal wie ich über die Gabe verfügen, Wahrheit von Lüge unterscheiden zu können, um das zu spüren. Howard war kein besonders guter Schauspieler.
    »Quatsch«, sagte ich leise.
    »Du …«
    »Das ist Unsinn, Howard. Versuch nicht, mir etwas vorzumachen. Irgendetwas ist mit mir passiert, als mich dieses … dieses Ding berührt hat. Ich fühle mich von Tag zu Tag schlechter und diese Schwächeanfälle werden jedesmal schlimmer, statt besser. Was ist los mit mir?« Ich schwieg einen Moment, setzte mich – diesmal weit vorsichtiger als beim ersten Mal – auf und sah ihn fest an. »Ich kann die Wahrheit vertragen, Howard«, sagte ich leise. »Dieses Biest hat mich nicht einfach nur niedergeschlagen. Irgendetwas ist mit mir geschehen, als es mich berührt hat. Was? War es … eine Art Gift?«
    Howard nickte. Die Bewegung war fast nicht wahrnehmbar. Nervös klappte er sein Etui auf, steckte sich eine seiner dünnen schwarzen Zigarren zwischen die Lippen und ging zum Kamin, um sich mit einem brennenden Span Feuer zu nehmen, ehe er sich wieder umwandte und mich ansah. Sein Gesicht war hinter dichten blaugrauen Rauchwolken verborgen.
    »Ja«, sagte er. »Aber anders, als du denkst. Ich kann es dir nicht erklären, Robert, nicht jetzt und nicht hier, aber ich …«
    »Warum nicht?«, unterbrach ich ihn.
    »Weil ich es nicht weiß, verdammt noch mal!« Plötzlich war seine Ruhe dahin. Mit zwei, drei weit ausgreifenden Schritten trat er neben mein Bett, beugte sich erregt vor und fuchtelte mit der brennenden Zigarre so dicht vor meinem Gesicht in der Luft herum, dass ich instinktiv ein Stück zurückwich. »Verdammt, Junge, ich würde beide Hände dafür geben, dir helfen zu können, aber ich kann es nicht!«, fuhr er erregt fort. »Als dein Vater damals von dem GROSSEN ALTEN angegriffen wurde, war ich genauso hilflos. Er hat sich selbst geheilt, damals, und frage mich jetzt bitte nicht, wie. Er war ein Magier, und er hatte seine Bücher. Ich bin weder das eine noch habe ich das andere.«
    Er trat zurück, sog an seiner Zigarre und hustete. Mit einem Male wirkte er erschöpft und ausgelaugt, als habe er seine ganze Kraft mit diesem einen kurzen Wutausbruch verbraucht.
    »Dann … sterbe ich?«, fragte ich. Ich war ganz ruhig, nicht nur äußerlich. Wenn man eine Woche im Bett liegt und spürt, dass es einem jeden Tag ein ganz kleines bisschen schlechter geht statt besser, dann beginnt man zu grübeln.
    »Unsinn«, schnappte Howard. »Du bist jung und kräftig. Ein Kratzer wie der bringt dich nicht um. Aber du musst Geduld haben. Ich tue, was ich kann, aber viel kann ich eben nicht tun. Wenn wir nur dieses verdammte Schiff endlich finden würden!«
    Der letzte Satz galt nicht mir. Es war wenig mehr als ein Stoßseufzer, und ich hatte ihn in den vergangenen acht Tagen mehr als nur einmal gehört. Wir waren in Durness, ganz in der Nähe der Stelle, an der die LADY OF THE MIST gesunken war, aber dem Wrack waren wir bisher nicht einen Schritt näher gekommen.
    »Vielleicht sollte ich doch mit zur Küste kommen«, murmelte ich – obwohl ich ganz genau wusste, wie die Antwort ausfallen würde. Schließlich war es nicht das erste Mal, dass ich diesen Vorschlag machte.
    »Kommt überhaupt nicht in Frage«, knurrte Howard. »Du rührst dich nicht aus diesem Zimmer. Wenn es sein muss, binde ich dich ans Bett.«
    »Aber das ist doch Unsinn!«, begehrte ich auf. »Du weißt …«
    »Vielleicht lässt du das meine Sorge sein«, unterbrach mich Howard. Er klang gereizt. Es war nicht das erste Mal, dass wir über diese Frage beinahe in Streit gerieten. »Du hast mir auf der Karte die Stelle gezeigt, an der das Schiff gesunken ist, und das reicht. Ich habe ein paar Männer aus der Stadt beauftragt, nach dem Schiff zu suchen, und ich habe eine ziemlich hohe Summe als Belohnung ausgesetzt.

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