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Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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in ihm Mensch gewesen war. Bensen schrie auf, taumelte zurück und übergab sich würgend. Für einen kurzen, ganz kurzen Moment spürte er noch Angst, aber auch sie verging und was zurückblieb, war nichts als eine leere Hülle, willenloses Werkzeug einer Macht, die die menschliche Vorstellungskraft überstieg.
    Draußen, auf dem Meer, legte sich das Wrack der LADY OF THE MIST langsam auf die Seite, berührte den nassen Sand des Strandes und zerbrach. Masten und Planken, nach drei Monaten unter Wasser morsch und faulig geworden, zerbarsten unter ihrem eigenen Gewicht; das Schiff brach splitternd und knirschend in sich zusammen, verformte sich wie ein Ballon, aus dem die Luft entweicht, und sank zu einem Gewirr zerborstener Planken und splitternder Balken zusammen.
    Und tief unter der Wasseroberfläche schloss sich das Riesenauge wieder. Das Wesen hatte getan, was zu tun war. Jetzt wartete es. Es wusste, dass noch Stunden vergehen würden, bis sich seine Wünsche erfüllten.
    Aber was für eine Rolle spielten Stunden im Leben einer Kreatur, die zweitausend Millionen Jahre gewartet hatte?
     
    »Roderick? Sie … du bist … du bist wirklich …?« Howards Stimme versagte. Er hob die Hände, als wolle er auf Mahoney zugehen und ihn in die Arme schließen, blieb nach einem halben Schritt wie angewurzelt stehen und starrte den dunklen Schatten seines Gegenübers an.
    »Ich bin es, Howard«, bestätigte Mahoney. »Frage Robert, wenn du mir nicht glaubst. Du weißt doch sicher, dass man ihn nicht belügen kann, oder?«
    »Ich glaube dir«, antwortete Howard hastig. »Es ist nur …«
    »Schon gut«, unterbrach ihn Mahoney/Andara. »Vielleicht haben wir später Gelegenheit über alles zu reden. Jetzt ist keine Zeit dazu, Howard. Wir müssen hier weg, wenn Robert noch eine Chance haben soll.«
    »Aber wohin?«
    »Dorthin, wo du sowieso hinwolltest. Deine Idee war schon richtig, Howard, wir brauchen meine Seekiste. Ich hoffe nur, es ist noch nicht zu spät.« Er drehte sich um, trat auf mich zu und half mir auf die Füße.
    »Alles in Ordnung, Junge?«, fragte er.
    Ich nickte, aber ich war mir nicht sicher, ob auch wirklich alles in Ordnung war. Ich fühlte mich noch immer wie betäubt; gelähmt und unfähig, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Der Mann vor mir war mein Vater! Es war der Körper eines jungen Mannes, jünger noch als ich selbst, aber der Geist, die Seele, die ihn von einem Stück toter Materie zu einem lebenden, fühlenden Menschen machten, war die Roderick Andaras, meines Vaters.
    Meines Vaters, den ich selbst begraben hatte …
    »Ich kann mir vorstellen, wie du dich jetzt fühlst, Robert«, sagte er leise. »Aber du musst mir einfach vertrauen. Wenn die Sonne aufgeht und dieses Ding dann noch immer in dir ist, kann selbst ich dir nicht mehr helfen.« Er lächelte aufmunternd, ließ meine Hand los und wandte sich wieder an Howard. »Wir müssen los«, sagte er. Trotz der Dunkelheit konnte ich erkennen, wie Howard erschrak. Hinter ihm sog Rowlf ungläubig die Luft zwischen den Zähnen ein.
    »Bei diesem Sturm?«, sagte Howard ungläubig. »Das Schiff würde nicht einmal …«
    »Dem Schiff wird nichts geschehen«, unterbrach ihn Mahoney. »Es wird hart werden, aber ich kann euch sicher an die Küste bringen. Aber wenn wir uns nicht beeilen, dann können wir uns den Weg sparen. Bitte, Howard.«
    Howard starrte ihn noch einen Sekundenbruchteil an, dann nickte er.
    »Okay«, sagte er. »Aber du bist mir einige Erklärungen schuldig, wenn das alles hier vorbei ist.«
    »Natürlich«, sagte Mahoney. »Aber jetzt beeilt euch bitte. Macht das Schiff klar. Ich komme mit an Deck und helfe euch. Und keine Sorge wegen des Sturmes – darum kümmere ich mich. Robert bleibt hier, bis wir die Bucht erreicht haben.«
    Ohne ein weiteres Wort wandte er sich um und lief die Treppe hinauf. Rowlf folgte ihm, während Howard noch einen Moment zögerte und sich noch einmal an mich wandte. »Du hast gehört, was er gesagt hat – du bleibst hier, ganz egal, was geschieht. Und diesmal bitte keine Extratouren, verstanden?«
    Ich wusste, dass es ein Fehler war, aber nach allem, was ich erlebt hatte, weckten seine Worte nichts anderes als Trotz in mir. »Hättest du mir von Anfang an reinen Wein eingeschenkt, wäre es gar nicht passiert«, sagte ich.
    Seltsamerweise reagierte Howard weder zornig noch ungeduldig, sondern mit einer Sanftheit, die ich von ihm am allerwenigsten gewohnt war. »Vielleicht hast du sogar

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