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Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zerrissen vom Flackern unzähliger, immer dichter aufeinander folgender Blitze. Der Donner war einzeln nicht mehr wahrnehmbar, sondern hatte sich zu einem anhaltenden, vibrierenden Grollen gesteigert, ein Geräusch wie ferner Geschützdonner, der das Land und die See erbeben ließ.
    Irgendetwas war nicht so, wie es sein sollte.
    Es dauerte, bis der Gedanke in Bensens verschleiertes Bewusstsein drang, und es dauerte noch länger, bis er begriff, was es war.
    Der Sturm, dachte er. Der Sturm tobte weiter, vielleicht noch wütender als zuvor, aber hier, direkt vor der Höhle und dem Strand, zu dem er herabgestiegen war, ehe der Orkan mit voller Wut losbrach, war das Meer ruhig geworden.
    Bensen versuchte aufzustehen. Beim ersten Mal gaben seine Beine unter dem Gewicht seines Körpers nach. Er fiel, rutschte von dem Steinhaufen, auf dem er Schutz gesucht hatte, herunter, und blieb sekundenlang stöhnend liegen. Plötzlich spürte er all die zahllosen Wunden und Hautabschürfungen, die seinen Körper bedeckten. Trotzdem stemmte er sich noch einmal hoch, zwang seine protestierenden Muskeln ihm zu gehorchen, und erhob sich schwankend auf die Füße. Die Höhle drehte sich vor seinen Augen. Er taumelte, streckte einen Arm aus und tastete sich an der Wand entlang zum Ausgang vor.
    Über dem Meer tobte der Orkan mit ungebrochener Wut. Blitz auf Blitz zuckte aus den Wolken und verwandelte den Himmel in ein bizarres Gitternetz weißblau glühender Linien und Striche und das Land schien sich unter den grollenden Schlägen des Donners zu ducken. Aber vor ihm, entlang des schmalen, sichelförmigen Strandes, war das Meer ruhig wie an einem windstillen Sommertag.
    Bensen starrte mit einer Mischung aus Entsetzen und Unglauben auf das bizarre Bild hinab. Der Sturm tobte weiter, aber vor ihm, nicht mehr als fünfzig Yards entfernt, verlief eine gerade, wie mit einem übergroßen Lineal gezogene Linie, hinter der die Wellen ruhig und glatt gegen den Strand spülten …
    Dann …
    Das Meer begann zu brodeln.
    Es war nicht der Sturm oder das Toben der Brandung wie zuvor. Auf dem Wasser erschienen Blasen, groß, ölig und in allen Farben des Regenbogens schimmernd. Winzige Wirbel und Strudel entstanden und vergingen wieder. Grauer Dunst begann sich auf dem Wasser zu kräuseln. Und tief unter der Wasseroberfläche begann sich ein gigantischer grauer Schatten zu bewegen …
    Im ersten Moment glaubte Bensen, es wäre ein Wal, der vom Sturm und den Launen der Strömung an die Küste und in diese kleine Bucht getrieben worden war, aber dann erkannte er, dass der Schatten dafür viel zu groß und zu massig war. Das Ding war größer als ein Schiff, ein Koloss, der die Bucht fast zu Gänze ausfüllte, als wäre der Meeresboden selbst plötzlich zum Leben erwacht.
    Das Wasser brodelte. Die Blasen wurden größer und zerplatzten in immer rascherer Folge, und der Wind trug einen fremdartigen, süßlichen Gestank zu Bensen heran, dann begann die Wasseroberfläche zu sieden und etwas Gigantisches, Dunkles brach schäumend durch das Meer.
    Es war ein Schiff. Das Wrack eines Schiffes; nur der hintere Teil mit den Achteraufbauten und zwei der ehemals vier Balken, aber noch immer groß, zerborsten von den Gewalten, die es gegen die Barriere aus Riffen geschleudert hatten, und über und über mit Tang und Algen und Muscheln bewachsen. Etwas Grünes, Glitzerndes umschlang seinen Rumpf.
    Irgendetwas in Bensen schien zu Eis zu erstarren, als das Wrack des Schiffes schäumend und bebend höher aus dem Wasser tauchte und er mehr erkennen konnte.
    Das Schiff tauchte nicht aus eigener Kraft auf, es wurde gehoben! Es war das Ding, das er unter Wasser gesehen hatte, ein monströses grüngraues Etwas, das ganz aus peitschenden Krakenarmen und grünen Schuppen zu bestehen schien, ein Gigant, dessen Größe allen Naturgesetzen Hohn sprach und in dessen Griff selbst das Schiff klein und zerbrechlich wie ein Spielzeug aussah. Höher und höher stieg das Wrack der LADY OF THE MIST aus dem kochenden Meer, aber ein Ende des gigantischen aufgedunsenen Balges, der es trug, war noch immer nicht zu erkennen.
    Dann explodierte das Wasser unter dem Bug des Schiffswrackes in einer lautlosen, gischtenden Detonation und Bensen sah das Auge.
    Es war größer als ein Mann, ein See aus teigigem Gelb und Gestalt gewordener Bosheit ohne Pupille, und sein Blick richtete sich auf ihn …
    Eine unsichtbare Kralle aus Stahl grub sich in Bensens Bewusstsein und löschte alles aus, was jemals

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