Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
uns drang in meine Gedanken. Ich sah auf, als die Tür geöffnet wurde und ein schmaler Streifen trüben Lichtes die Treppe herabfiel. Kurz darauf erschien Rowlfs breitschultrige Gestalt im Eingang.
    Howard stand auf, schnippte seine kaum angerauchte Zigarre aus dem Bullauge und trat Rowlf entgegen. »Nun?«
    »Wiewer vermut’ ham’«, nuschelte Rowlf. »Bensen war seit zwei Tagn nich mehr zuhaus. Hattn auch keener gesehn.« Sein Gesicht war gerötet, ein deutliches Zeichen für die grimmige Kälte, die sich über die schottische Küste gelegt hatte und nun mit Nachdruck darauf hinwies, dass der Winter vor der Tür stand. »Aber inner Stadt is der Teufel los«, fügte er nach einer Pause hinzu. »Wär besser, wenn wer uns da nich seh lassn würn’.«
    Howard wirkte nicht sehr überrascht. Es gehörte nicht sehr viel Phantasie dazu, sich auszumalen, was nach unserem überhasteten Aufbruch in Durness geschehen war – immerhin waren drei Menschen verschwunden; unter recht mysteriösen Umständen noch dazu, und das, nachdem Howard der letzte war, der sie lebend zu Gesicht bekommen und mit ihnen geredet hatte. Und ich selbst hatte mit meinem dramatischen Abgang aus dem Hotel sicher nicht dazu beigetragen, das Misstrauen zu zerstreuen.
    Howard seufzte hörbar, angelte eine neue Zigarre aus der Brusttasche, zündete sie aber zu meiner Erleichterung nicht an, sondern kaute nur einen Augenblick lang nachdenklich auf ihrem Ende herum, ehe er es abbiss und aus dem Fenster spuckte. »Sonst ist dir nichts aufgefallen?«, fragte er.
    Rowlf zögerte. Es war schwer auf seinem Bulldoggengesicht irgendeine klare Regung abzulesen, erst recht im schummerigen Halbdunkel der Kabine, aber ich glaubte doch zu erkennen, dass es da noch irgendetwas gab, was ihm auf der Seele brannte.
    »Nun?«, fragte Howard.
    »Ich weiß nich«, murmelte Rowlf. »Vielleicht isses nich wichtig, aber …«
    »Aber?« Howard riss ein Streichholz an und blinzelte.
    »S’sin paar komische Sachen passiert, innen letzten zwei Tagn«, sagte Rowlf und lächelte unsicher. »Ich war auf’n Bier im Pub unten am Hafen und hab die Ohr’n offengehaltn.«
    »Und was«, fragte Howard, und ich spürte dabei deutlich, wieviel Kraft es ihn kostete, wenigstens äußerlich noch gelassen und geduldig zu erscheinen, »hast du gehört, Rowlf?«
    »Nix Bestimmtes«, antwortete Rowlf ausweichend. »Komische Geschichten ebn’. Biergerede.«
    »Biergerede, so?« Howard nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarre, hustete und bedachte mich mit einem finsteren Blick, als er mein schadenfrohes Grinsen bemerkte.
    »Du solltest dir ein gesünderes Laster suchen«, sagte ich freundlich.
    Howard ignorierte meine Worte, hustete erneut und sog sich gleich darauf wieder die Lungen voll Rauch. »Ich bin durstig«, sagte er plötzlich. »Was haltet ihr davon, wenn wir in den Pub gehen und uns eines von den berühmten englischen Bieren genehmigen? Auf meine Kosten.«
    »Nich sehr viel«, antwortete Rowlf.
    »Er hat Recht«, fügte ich hinzu. Howards Vorschlag überraschte mich; wir hatten uns seit zwei Tagen praktisch auf diesem Schiff verkrochen und kaum die Kajüte verlassen – und plötzlich wollte er in die Stadt, nur weil Rowlf irgendwelche Geschichten gehört hatte?
    »Ich glaube nicht, dass es klug wäre, wenn wir uns jetzt in der Stadt sehen lassen würden«, fuhr ich fort. »Die Leute könnten anfangen, dumme Fragen zu stellen.«
    »Wir erregen genausoviel Aufsehen, wenn wir uns auf diesem Kahn verkriechen«, widersprach Howard. »Durness ist nicht London, Junge. Sie haben bereits angefangen, über uns zu reden, mein Wort darauf, und -«
    »Warum sind wir dann überhaupt noch hier?«, fragte ich, obwohl ich ganz genau wusste, dass ich keine Antwort darauf bekommen würde.
    »Eben«, grinste Howard. »Du hast es erfasst, Robert. Gehen wir in den Pub und genehmigen wir uns ein Bier, oder auch zwei. Ich möchte endlich wieder festen Boden unter den Füßen spüren.«
    Ich resignierte. Es war nicht das erste Mal, dass ich zu spüren bekam, wie konsequent Howard war, wenn er sich vorgenommen hatte, über irgendetwas nicht zu reden. Kopfschüttelnd griff ich nach meinem Wettermantel, der zerknautscht auf der schmalen Koje neben der Treppe lag, streifte ihn über und verließ die Kajüte.
    Es begann bereits zu dunkeln. Die Stadt lag wie ein massiger schwarzer Halbkreis aus Schatten über dem Hafen und hier und da waren bereits die ersten Lichter zu erkennen. Der Himmel war bedeckt, wie er es

Weitere Kostenlose Bücher