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Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns

Titel: Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir leid. Das Haus meines Freundes liegt jenseits des Waldes.«
    »Jenseits ist ein sehr dehnbarer Begriff«, bemerkte Sean. »Abhängig, von welcher Seite aus man die Sache sehen will. Wie heißt denn Ihr Freund?«
    »Baltim …«
    Ich brach ab und biss mir auf die Lippe. Ich brauchte nicht in Seans Gesicht zu sehen, um zu wissen, dass er mich wie einen dummen Jungen hereingelegt hatte. Sein Griff um meinen Arm verstärkte sich und sein Mund war zu einem dünnen Strich zusammengepresst.
    »Baltimore?«, fragte er.
    Ich nickte widerstrebend, obwohl ich mich in diesem Moment selbst hätte ohrfeigen können.
    »Welch merkwürdiger Zufall«, sagte Sean lauernd. »Ausgerechnet zu Baltimore wollen Sie, und das ausgerechnet in dieser Nacht …«
    Er brach ab und starrte nachdenklich in den Nebel.
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, mich loszulassen«, stieß ich gepresst hervor. Ich hatte das Gefühl, dass mein Arm in einer Schraubzwinge stecken würde, die sich immer mehr zusammenzog.
    Sean gab mich tatsächlich frei. Er schien einen Entschluss gefasst zu haben, und was auch immer er von dem Zufall unserer Begegnung halten mochte, schien er mich doch nicht als Feind zu betrachten. Aber ich musste auf der Hut sein. Ich wusste, was für Kräfte in diesem Riesen schlummerten.
    »Wenn Sie Baltimore so gut kennen, wird es Ihnen ja nichts ausmachen, mich ihm vorzustellen«, sagte er leichthin.
    »So gut kenne ich ihn nun auch wieder nicht«, sagte ich ausweichend. »Außerdem kann ich mir kaum vorstellen, dass er um diese Zeit noch Besuch empfängt.«
    »Er wird mich schon empfangen«, meinte Sean. »Verlassen Sie sich darauf.«
    »Und in welche Richtung gehen wir?«, fragte ich.
    »Das bestimmen Sie. Sie werden ja wohl noch wissen, wo Ihr Freund wohnt.«
    Ich nickte zögernd und deutete in die Richtung, aus der die Rattenfrau auf mich zugekommen war. »Da entlang«, murmelte ich.
     
    Pri blinzelte, schlug die Hand vor den Mund und starrte von der gefesselten und geknebelten Frau zu Acorn, der sich wortlos daran machte, Santers zu helfen. Sie verstand nichts, obwohl sie zweifelsohne an den Vorbereitungen dieser Tat beteiligt gewesen war, vor Tagen oder Wochen, vor einer Zeit, die so weit zurücklag …
    Langsam, ganz langsam tastete sich die Erinnerung vor, streckte die Fühler nach ihrem Bewusstsein aus, versorgte sie bruchstückhaft mit Informationen, ließ sie Dinge wissen, die sie lieber für alle Zeiten im Dunkel des Vergessens begraben hätte.
    »Ihr kommt spät«, keuchte Santers. Man merkte ihm die körperliche Anstrengung an. Er musste die Frau die ganze Strecke von ihrem Zimmer bis in den Keller geschleppt haben. Allein. »Ihr hättet wenigstens an der Treppe auf mich warten können«, fügte er vorwurfsvoll hinzu.
    Acorn warf einen Blick auf Pri und nickte ärgerlich. »Nimm die Kerze. Oder willst du Santers helfen?«
    Pri schüttelte in stummer Verzweiflung den Kopf. Die Augen der gefangenen Frau saugten sich Hilfe suchend an ihr fest, als sie die Kerze nahm und zitternd den Männern Platz machte.
    Wie kannst du das zulassen, schienen die Augen zu sagen. Sie waren so fürchterlich groß, diese Augen, strahlend blau, und riesengroß. Wie kannst du es nur zulassen, wo wir heute noch einen so schönen Tag im Garten verbracht haben. Du weißt doch, dass ich nicht mit allem einverstanden bin, was der Doktor macht. Lass es nicht zu, um Gottes willen, lass es nicht zu!
    Pri wandte sich schaudernd ab. Sie ertrug diesen Blick nicht.
    »Pri!«, fuhr Acorn sie an.
    Er hatte die Frau bei den Beinen gepackt und schleifte sie mit sich. Santers war keine große Hilfe mehr. Er war sowieso nicht der Kräftigste und jetzt, wo er nicht mehr allein war und die Anspannung nachließ, war er kaum noch zu etwas nutze.
    »Pri! Wohin leuchtest du denn? Ich seh’ ja gar nichts!«
    Pri zuckte wie unter einem Schlag zusammen. Sie brachte es nicht über sich, einen Blick auf Mrs. Sunday zu werfen, aber sie hob gehorsam die Kerze ein Stück höher und streckte den Arm vor.
    »Du sollst mir nicht die Haare verbrennen, verdammt!«, zischte Acorn. »Was ist denn bloß mit dir los?«
    Pri zog die Kerze wieder ein Stück an sich heran und schluckte krampfhaft. Die ganze Situation hatte etwas Alptraumhaftes an sich.
    Acorn und Santers schleiften Mrs. Sunday ins Heiligtum und legten sie achtlos neben dem runden Tisch ab. Pri war an der Tür stehen geblieben und starrte entsetzt auf das hilflose Bündel.
    Santers ließ

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