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Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser

Titel: Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Objekte mit einem Ausdruck von Misstrauen und Sorge.
    »Weißt du, was das ist?«, fragte er schließlich.
    Ich schüttelte den Kopf und zuckte gleich darauf mit den Achseln. »Wenn das hier ein Friedhof wäre und jetzt Mitternacht statt früher Morgen«, antwortete ich, »dann würde ich sagen, dass hier jemand sein Rheuma weghexen wollte.«
    »Ich hoffe, dein Humor vergeht dir nicht so schnell«, murmelte Howard, ohne mich anzusehen. Seine Finger berührten die Pergamente und zuckten wieder zurück, als hätte er sich verbrannt.
    »Ich weiß nicht genau, was es ist«, fuhr er fort, »aber es sieht aus, als hätten die beiden hier eine Beschwörung abgehalten. Oder es versucht.«
    »Hier? Ausgerechnet hier?«
    »Wundert dich das?« Howard lächelte, aber es wirkte, wie so oft bei ihm, eher düster. »Glaubst du wirklich, es wäre Zufall, dass wir ausgerechnet in diesem Haus auf die beiden getroffen sind?«
    Ich antwortete nicht gleich, und Howard hob einen der kleinen Lederbeutel hoch und schüttete seinen Inhalt auf den Tisch. Ich konnte nicht genau erkennen, worum es sich handelte – aber die kleinen schwarzen Körnchen erinnerten mich auf unangenehme Weise an getrocknete Spinnen oder Ameisen.
    »Es ist kein Zufall«, behauptete Howard, als ich noch immer keine Anstalten machte, von mir aus zu reden. »Vor Tagesfrist bist du in diesem Haus einem leibhaftigen Shoggoten begegnet – und jetzt platzen wir mitten in irgendeine düstere Beschwörung.« Er seufzte, sah mich an und deutete ungeduldig auf den Tisch.
    »Zum Teufel, Robert – muss ich dir jedes Wort aus der Nase ziehen?«, fragte er. »Schließlich bist du der Magier von uns beiden, nicht ich. Was bedeutet das alles hier?«
    »Nichts«, antwortete ich, trat neben Howard an den Tisch und nahm eines der kleinen Gläser zur Hand. Auf seinem Boden lag ein verschrumpeltes braunes Ding, das irgendwann einmal ein Laubfrosch gewesen sein musste.
    »Wirklich nichts, Howard«, wiederholte ich, so ernsthaft, wie ich konnte. »Ich wollte dich mit meiner Bemerkung über den Friedhof nicht auf den Arm nehmen, Howard. Das hier hat mit Magie und Hexerei so viel zu tun wie ich mit dem englischen Königshaus.«
    Howard sah mich fragend an und ich warf das Glas mit dem mumifizierten Frosch angewidert zu Boden, wo es zerbrach. »Ich habe mich in den letzten anderthalb Jahren beinahe ausschließlich mit Magie und Hexerei beschäftigt, Howard«, fuhr ich fort. »Und mit das erste, was ich gelernt habe, war, dass so etwas nicht dazu gehört. Getrocknete Krötenbeine und Fledermausflügel, die man zu Mitternacht und Neumond auf dem Friedhof verbrennt – das ist Magie, wie sie sich Kinder und Narren vorstellen. Es hat nichts mit wirklicher Zauberei zu tun.«
    »Die beiden kamen mir nicht wie Kinder vor«, murmelte Howard. »Auch nicht wie Narren. Im Gegenteil – ich hatte das Gefühl, dass sie es verdammt ernst meinten.«
    »Möglich. Aber was immer sie vorhatten, hätte nicht funktioniert. Damit kannst du keine Beschwörung vornehmen, Howard. Es schadet höchstens denen, die sich damit beschäftigen.«
    »Trotzdem sollten wir es mitnehmen«, beharrte Howard. »Ich will wissen, wer die beiden waren – und was sie hier wollten.«
    Er blickte mich noch einen Moment nachdenklich an, löste sich dann von seinem Platz am Tisch und ging noch einmal zur Badezimmertür hinüber. Mein Herz begann wie wild zu schlagen, als ich sah, wie er sich – mit der Linken am Türrahmen Halt suchend – vorbeugte und in den schwarzen Abgrund hinabstarrte, der sich wie ein gierig aufgerissenes Maul unter ihm auftat. Es war weniger der Anblick, der mich schaudern ließ, als vielmehr die Erinnerung, die er in mir wachrief. Der Raum hatte keinen Boden. Er war nichts als ein rechteckiger, bis in die Kellergeschosse des Hauses führender Schacht. Um ein Haar wäre er mein Grab geworden, bei meinem ersten Besuch in diesem gastlichen Haus …
    »Weißt du, was dort unten ist?«, fragte Howard, als er sich wieder aufrichtete.
    »Die Keller, vermutlich«, antwortete ich achselzuckend. »Warum?«
    »Wir sollten hinuntergehen«, murmelte Howard. »Vielleicht finden wir irgendwelche Spuren. Die beiden können sich schließlich nicht in Luft aufgelöst haben.« Er drehte sich mit einem plötzlichen Ruck herum. »Komm.«
    Ich widersprach nicht, denn ich war insgeheim froh, aus dem Zimmer verschwinden zu können. Dieses ganze Haus war verhext, beseelt von einer bösen, finsteren Macht, die uns aus unsichtbaren

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