Hexer-Edition 05: Der Seelenfresser
Augen zu belauern schien. Und es war nicht der Shoggote, der mich um ein Haar verschlungen hätte. Seine Gegenwart hätte ich gespürt. Aber es wäre mir fast lieber gewesen, sie zu fühlen. Denn dann hätte ich wenigstens gewusst, welcher Art von Feind wir gegenüberstanden.
Wir verließen das Zimmer und traten wieder auf den düsteren Korridor hinaus.
Irgendwo unter uns polterte etwas.
Howard blieb so abrupt stehen, als wäre er vor eine unsichtbare Wand geprallt. Das Poltern wiederholte sich, dann ertönte ein berstender Schlag, und plötzlich schien das gesamte Gebäude unter unseren Füßen wie von einem Hammerschlag getroffen zu erzittern.
Howard brüllte mir irgendetwas zu, das in einem neuerlichen, noch lauterem Krachen unterging, und rannte los.
Aber nur ein paar Schritte weit. Er hatte kaum die obersten Stufen der Treppe erreicht, als er abermals mitten im Schritt zurückprallte. Und als ich neben ihm anlangte, wusste ich auch, warum.
Mein Gefühl hatte mich nicht getrogen. Dieses Haus war eine Falle.
»Siehst du?«, schrie Howard. »Ich hatte Recht – die beiden waren nicht zufällig hier. Ich glaube, irgendjemand in dieser Stadt hat etwas gegen uns.«
Ich fand seine Art von Humor nicht besonders originell.
Nicht in Anbetracht der brüllenden Flammenwand, die das untere Viertel der Treppe einhüllte und krachend und tosend auf uns zutobte.
Um ihn waren Stille und Dunkelheit wie eine warme, beschützende Decke, als er erwachte. Er wusste nicht, wo er war, wie er hierher gekommen war, nicht einmal, wer er war.
Shannon blinzelte, versuchte die Hand zu heben und stellte fest, dass sie so dick bandagiert war, dass er die Finger nicht bewegen konnte. Ein dünner, brennender Schmerz bohrte sich wie eine Nadel in sein Handgelenk, und als wäre dieser Schmerz der Schlüssel zu seinen Erinnerungen gewesen, zerriss der dumpfe Schleier, den der Schlaf um seine Gedanken gelegt hatte. Er erinnerte sich wieder. Und doch waren diese Erinnerungen … falsch? War das das richtige Wort? Er wusste es nicht.
Er wusste nur, dass irgendetwas mit seiner Umgebung nicht stimmte.
Langsam richtete er sich in eine halb sitzende Position auf und schlug die Decke zurück. Er war nackt bis auf eine Pyjamahose, aber sein Körper war über und über mit Verbänden und Pflastern bedeckt, und selbst da, wo die bloße Haut noch sichtbar war, war sie zerschunden und gerötet. Er erinnerte sich an Flammen und Hitze.
Ja, das war es gewesen. Er hatte gegen den Shoggoten gekämpft, der Jeff töten wollte, und war dabei schwer verletzt worden. So schwer, dass er nicht einmal in der Lage gewesen war, sein geheimes Wissen anzuwenden und sich selbst zu heilen.
Mit einem entschlossenen Ruck schwang der junge Magier die Beine aus dem Bett und stand auf, obwohl sein Körper bei dieser Bewegung vor Schmerz zu zittern begann. Die beiden größten Verbände begannen sich dunkel zu färben, als die Wunden darunter wieder aufbrachen.
Shannon ignorierte den Schmerz, wankte mühsam zum Fenster und riss die Vorhänge mit einem Ruck auf. Helles Sonnenlicht strömte in den Raum, aber es flackerte und in seinem Schein war etwas Fremdes, Störendes. Wieder hatte Shannon das Gefühl, dass irgendetwas in seiner Umgebung nicht so war, wie es hätte sein müssen, und wieder entglitt ihm der Gedanke, ehe er ihn weiter verfolgen konnte.
Eine Zeit lang blieb Shannon reglos und mit geschlossenen Augen am Fenster stehen. Das Sonnenlicht umspielte seinen Körper wie eine streichelnde Hand und Shannon spürte, wie das Reservoir magischer Energien tief in seinem Inneren Kraft aus dem Licht bezog. Die Schmerzen verebbten langsam und das Gefühl von Müdigkeit und Schwäche wich einem neuen Empfinden von Kraft.
Fünf, sechs Minuten blieb Shannon reglos so stehen, dann ging er zum Bett zurück und trat vor den mannshohen Wandspiegel. Ein dünnes Lächeln spielte um seine Lippen, als er damit begann, die Verbände abzuwickeln.
Es dauerte lange, bis er fertig war. Als der letzte Verband zu Boden fiel, war von den zahllosen Wunden, die seine Haut zuvor bedeckt hatten, nichts mehr zu sehen. Seine Haut war so glatt und unversehrt wie die eines Neugeborenen.
Shannon bückte sich nach seinen Kleidern, die zusammengefaltet auf einem Stuhl neben dem Bett lagen, und zog sie rasch über.
Er lächelte seinem Spiegelbild zufrieden zu.
Was er sah, gefiel ihm – ein junger Mann von neunzehn Jahren, schlank, aber mit der Figur eines hochtrainierten Athleten. Seine
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