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Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Titel: Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gast am nächsten Morgen in dieser Folterkammer aufwachte und die Tür noch dazu verschlossen fand, würde er wirklich durchdrehen.
    Er drehte den Schlüssel herum, öffnete die Tür, trat in die Zelle – und blieb wie angewurzelt stehen.
    Der Betrunkene schlief nicht mehr, sondern saß aufrecht auf der Pritsche.
    Er war auch nicht mehr betrunken, sondern blickte Seffinger mit einem dünnen, überheblichen Lächeln an.
    »Gut, dass Sie noch einmal vorbeikommen, Sir«, sagte er. »Das erspart es mir, auf Ihren Kollegen zu warten.«
    Mort Seffinger kam nicht mehr dazu, den Fremden nach dem Sinn dieser Worte zu fragen. Er kam auch nicht mehr dazu, zurückzuspringen und die Tür hinter sich ins Schloss zu werfen. Er kam nicht einmal mehr dazu, einen Hilferuf auszustoßen.
    Das letzte, was er wahrnahm, war das Blitzen von Stahl in den schlanken Fingern des Fremden …
     
    Es war ein Wettlauf mit dem Tod.
    Die wenigen Schritte zum Haus wurden zu einer Ewigkeit. Die Nacht war plötzlich voller grauer Schatten und das Schwirren und Rascheln zehntausender winziger Schwingen hallte wie boshaftes Hohngelächter in meinen Ohren.
    Ich spürte eine Berührung, schlug in blinder Furcht um mich und stolperte die Stufen hinauf. Etwas hüpfte vor meinem Gesicht auf und ab, ich duckte mich, tauchte darunter hinweg und prallte gegen den Türrahmen. Eine Hand ergriff mich am Arm und zerrte mich ins Haus. Jemand brüllte und das Rascheln und Zirpen der Schmetterlingsflügel wurde lauter. Ich fiel, rollte mich instinktiv zur Seite und sah, wie sich Rowlf mit seinem ganzen Körpergewicht gegen die Tür warf und sie ins Schloss schmetterte.
    Keine Sekunde zu früh.
    Es klang, als werfe jemand Sand gegen die Tür. Das Rascheln und Knistern verstummte, aber dafür hörte ich ein hohes, wütendes Prasseln, rasch und schneller werdend und zornig. Grauer Staub quoll durch die Türritzen, als die Motten in blinder Wut gegen die Tür prallten. Etwas Winziges, Flatterndes schwang sich in die Höhe und verschwand unter der Decke.
    »Sie sind hier!«, brüllte Rowlf. »Ein paar sind reingekomm’n. Passt auf!« Seine Stimme überschlug sich fast. Ich sah, wie er mit einem grotesken Hüpfer zur Seite sprang und den Kopf einzog, als einer der grauen Schemen wie ein angreifender Raubvogel auf ihn niederstieß, kam endlich selbst auf die Füße und blickte mich wild um.
    Rowlf hatte die Tür im letzten Augenblick geschlossen. Der Mottenschwarm prasselte noch immer wie Sand gegen die Tür, aber die Hauptmasse der Tiere war ausgesperrt.
    Trotzdem war eine Handvoll von ihnen ins Haus gelangt …
    Rowlf drehte sich plötzlich zur Seite und schlug nach etwas, das vor ihm hin und her torkelte.
    »Fass sie nicht an!«, schrie Howard entsetzt. »Nicht berühren, Rowlf!«
    Wenn Rowlf seine Worte überhaupt hörte, so reagierte er nicht darauf. Gleich drei der winzigen grauen Killer-Insekten attackierten ihn. Er sprang in lächerlich aussehenden Bewegungen hin und her, versuchte den Motten auszuweichen und schlug immer wieder mit den Händen nach ihnen, traf aber nicht.
    »Das Licht!«, brüllte Howard. »Löscht das Licht!«
    Seine Worte gingen fast in dem hellen Prasseln unter, das plötzlich von außen hereindrang. Entsetzt wandte ich den Kopf und sah, wie die beiden Fenster rechts und links der Tür grau wurden.
    Die Motten hatten aufgehört, gegen die Tür anzurennen – aber dafür warfen sie sich jetzt wie in stummer Raserei gegen die Scheiben! Hunderte von ihnen zerschmetterten am Glas, aber aus der Dunkelheit tauchten immer neue auf, flogen mit wild schlagenden Schwingen gegen das unsichtbare Hindernis und starben. Die Scheiben waren binnen Sekunden mit einer dicken, schmierigen, grauen Schicht bedeckt – aber es kamen immer neue.
    »Löscht endlich das Licht!«, brüllte Howard. »Es macht sie rasend!«
    Irgendjemand schrie eine Antwort, dann flackerte der große, gasbetriebene Kronleuchter unter der Decke der Halle – und erlosch.
    Dunkelheit senkte sich wie ein schwarzer Schleier über den Raum. Ich erstarrte. Meine überreizten Nerven gaukelten mir noch immer huschende Bewegung und das Schwirren kleiner Flügel vor, aber alles, was ich wirklich hörte, waren Rowlfs keuchende Atemzüge und – irgendwo weit im Hintergrund – das gedämpfte Weinen einer Frau. Die prasselnden Laute waren verstummt. Die Motten hatten aufgehört, gegen die Fensterscheiben zu fliegen; im gleichen Moment, in dem das Licht erloschen war.
    Howards Stimme kam irgendwo aus

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