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Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire

Titel: Hexer-Edition 06: Die Chrono-Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wollte widersprechen, aber Rowlf zerrte mich kurzerhand am Arm zu sich heran und gab mir einen Stoß, der mich haltlos ins Haus hinein und auf die baufällige Treppe zutaumeln ließ, die vor mir in die Höhe führte.
    »Fünf Minuten!«, rief er. »Keine Sekunde länger! Denk daran!«
    Instinktiv sah ich noch einmal zum Himmel empor. Der Streifen rotglühenden Tageslichtes war breiter geworden. Fünf Minuten waren beinahe zu lang. Aber dieses Risiko mussten wir eingehen, wenn Howard eine Chance haben sollte.
    Während Rowlf hinter mir den mitgebrachten Rucksack aufriss und hektisch in seinem Inneren zu wühlen begann, lief ich die Treppe hinauf; zuerst schnell, immer zwei, drei Stufen auf einmal nehmend, dann, als ich das erste Stockwerk erreicht hatte, langsamer und beinahe mit angehaltenem Atem.
    Howards Schritte waren dicht über mir. Ich glaubte seine Stimme zu hören, war mir aber nicht sicher, denn selbst hier drinnen war das Sirren und Schleifen der Insektenflügel mittlerweile deutlich zu hören, dann fiel eine Tür ins Schloss und kurz darauf war ein polternder Laut zu vernehmen, als schlüge ein schwerer Körper auf den Boden.
    Vorsichtig ging ich weiter. Meine Hand tastete nach dem Griff des sechsschüssigen Revolvers, den ich unter dem Mantel trug. Rowlfs Worte hatten mich dazu bewogen, außer meinem Stockdegen auch noch den Revolver mitzunehmen, obwohl ich Schusswaffen normalerweise verabscheue. Aber das Gefühl der Sicherheit, das einem das Gewicht einer Waffe gewöhnlich vermittelt, blieb diesmal aus. Meine Handflächen waren feucht vor Schweiß.
    Die Treppe begann wie ein lebendes Wesen unter meinem Gewicht zu ächzen und zu beben, als ich weiter in die Höhe stieg. Dunkelheit umgab mich, nur hier und da durchbrochen von einem bleichen Streifen fahlgrauer flimmernder Dämmerung, die durch die Ritzen und Löcher des baufälligen Gemäuers hereinfiel. Wieder hörte ich Stimmen – und diesmal war ich sicher, sie mir nicht einzubilden.
    Schließlich erreichte ich einen kurzen, an der einen Seite schrägen Korridor, der nach wenigen Schritten vor einer verfaulten Holztür endete. Die Stimmen kamen von jenseits der Tür. Eine davon gehörte einem Fremden, die andere war die Howards. Sie klang sehr erregt. Ich blieb stehen, zwang mich, möglichst flach zu atmen, und schob mich lautlos weiter, bis mein Ohr am rissigen Holz der Tür lag.
    »… nicht selbst gekommen?«, verstand ich Howards Stimme. Sie klang erregt, aber eher zornig als voller Angst. »Ich habe verstanden, was er mir sagen wollte. Ich bin hier. Was zum Teufel wollt ihr noch von mir?«
    »Sprich diesen Namen nicht aus, Bruder Howard«, sagte die andere, fremde Stimme. »Versündige dich nicht in deinen letzten Minuten.«
    Howard lachte hart. »Hör mit dem Geschwafel auf, Bruder«, sagte er betont. In seiner Stimme war ein fremder, böser Klang, den ich noch nie zuvor darin bemerkt hatte. »Du weißt so gut wie ich, warum ich hier bin. Ihr wolltet mich haben – also bitte! Aber ruft diese Ungeheuer zurück, die ihr erschaffen habt. Sie haben genug Unschuldige getötet.«
    »Du hast dich nicht verändert, Bruder Howard«, sagte die andere Stimme vorwurfsvoll. »Wann wirst du einsehen, dass die Wege des Schicksals vorgezeichnet sind? Nichts, was wir Menschen tun oder unterlassen, vermag den Willen des Herrn zu beeinflussen.«
    »Dann war es vielleicht auch der Wille des Herrn, dass zwei unschuldige Menschen sterben mussten, durch eure … eure Bestien?«, schnappte Howard zornig.
    »Hüte deine Zunge, Bruder Howard! Nicht mehr lange, und du wirst dem gegenüberstehen, den du jetzt noch lästerst. Und deine Vorwürfe sind unberechtigt. Es … mag sein, dass ein scheinbar Unschuldiger sterben musste, doch wenn, so trifft allein dich die Schuld daran. Hättest du dein Schicksal angenommen, statt vor ihm zu fliehen, wäre all dies nicht geschehen.«
    »Ruf sie zurück!«, verlangte Howard, als hätte er die Worte des anderen gar nicht gehört. »Du weißt nicht, was du tust! In dieser Stadt leben sechs Millionen Menschen! Sind sie vielleicht auch nur scheinbar unschuldig, du … du verdammte Bestie?« Howards Stimme bebte. Ich hatte ihn niemals so erregt erlebt.
    Aber seltsamerweise blieb die Stimme des anderen ruhig, ja, sie klang beinahe erheitert, als er antwortete.
    »Du hast nichts zu verlangen, Bruder Howard«, sagte er. »Und selbst wenn, so stünde es nicht in meiner Macht, deiner Forderung nachzukommen. Nur der, der sie erschaffen hat,

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