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Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers

Titel: Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ich neben ihn traten und ihm halfen und selbst zu dritt hatten wir alle Mühe, die Uhr zu schließen. Es war nicht so, als müssten wir wirklich gegen einen fühlbaren Widerstand ankämpfen; vielmehr schien sich die Tür selbst mit aller Gewalt gegen unseren Druck zu stemmen und als das kleine Messingschloss schließlich einrastete, hörte es sich fast an wie ein leises Stöhnen.
    Keiner von uns sprach es aus, aber als ich in die Gesichter der beiden anderen blickte, sah ich, dass sie so froh waren wie ich, den Anblick dieses lebenden Korridors nicht mehr ertragen zu müssen.
    Howard wandte sich wieder um, ging erneut in die Hocke und hob schließlich einen der kleinen Nager am Schwanz in die Höhe.
    »Schau dir das an«, sagte er nur.
    Widerwillig ließ ich mich neben ihm in die Hocke sinken, schluckte bitteren Speichel herunter und versuchte mich innerlich gegen den Anblick zu wappnen.
    Es war schauderhaft. Die Ratte war tot, aber jetzt, nachdem ich mich zwang, den Anblick zu ertragen, sah ich auch, dass sie nicht an ihren Verletzungen verendet war.
    Sie war nämlich nicht verletzt.
    Der Kadaver wies keinerlei äußerliche Wunden auf. Was ich dafür gehalten hatte, waren in Wirklichkeit große, glitzernde Stellen, an denen das Fell nach innen gewachsen zu sein schien, und auch die vermeintlich zerbrochenen Glieder waren so gewachsen!
    Und endlich begriff ich. Nicht eines der zahllosen Tiere, die hier bei uns im Raum waren, war gewaltsam ums Leben gekommen. Es war eine Armee grausiger Missgeburten, die durch das Tor im Innern der Uhr gekommen war …
     
    Vom Meer her wehten immer noch Kälte und feine Regenschleier heran und durch die Wolken, die so tief über dem Land hingen, als drücke sie eine unsichtbare Riesenhand auf die Erde herab, sickerte das erste zaghafte Grau der Dämmerung. Blasse Nebelschleier stiegen wie zitternde Geisterhände aus dem Boden und irgendwo, sehr weit draußen auf dem Meer, erklang der klagende Laut eines Nebelhornes.
    Kilian hatte nicht gut geschlafen. Er hatte es nicht gewagt, in die Stadt zurückzugehen, und so hatte er sich bis weit nach Mitternacht in der Nähe des Friedhofes herumgetrieben, ehe er schließlich im Schutze einer uralten Ulme eingeschlafen war.
    Kurz vor Morgengrauen hatten ihn Stimmen geweckt.
    Kilian war ein alter Mann, der nicht mehr so viel Zeit zu verlieren hatte, als dass er wirklich Angst haben musste, zu sterben. Aber die Erfahrungen seines Lebens als Sonderling und Trinker hatten ihn vorsichtig werden lassen; er war wie ein Tier, das instinktiv an Flucht denkt, ehe es sein Bewusstsein einschaltete, und so hatte er sich beim ersten Laut verkrochen und gewartet, bis die Schritte verklungen und die Schatten wieder in der Nacht verschwunden waren.
    Dann war er ihnen gefolgt.
    Es waren vier! Drei Männer aus St. Aimes und eine junge Frau, die er noch nie gesehen hatte und die sonderbare Kleidung trug und ab und zu in einer Sprache mit den dreien sprach, die Kilian nicht verstand, deren absurder Klang aber irgendetwas in ihm anrührte und zu Eis erstarren ließ.
    Die vier hatten den Friedhof betreten und waren zwischen den Grabsteinen verschwunden, aber wieder hatte Kilian es nicht gewagt, ihnen direkt zu folgen. Er war stattdessen außen um den Friedhof herumgegangen und hatte ihn an einer Stelle betreten, von der er wusste, dass ihm hinter der Mauer wachsendes verwildertes Buschwerk Deckung gewähren würde. Jetzt lag er, mit angehaltenem Atem und vor Erregung klopfendem Herzen, im Schutze der dornigen Sträucher und spähte zu den vier Gestalten hinüber.
    Das noch blasse Licht des Morgens enthüllte einen unheimlichen Anblick. Das Mädchen hatte seinen Mantel abgestreift und stand mit hoch erhobenen Armen und geschlossenen Augen wie eine Betende am Kopfende eines geöffneten Grabes. Die Männer hatten sich auf den drei anderen Seiten der rechteckigen Grube postiert und schienen zu warten; worauf, wusste Kilian nicht.
    Die Zeit verging, ohne dass sich einer der vier rührte. Allmählich wurde es heller und er konnte mehr Einzelheiten erkennen. Die vier Menschen waren nicht allein. Überall auf dem Boden rings um das geöffnete Grab bewegten sich kleine graubraune Körper und mit dem Rascheln des Windes wehte ein leises, helles Wispern heran.
    Kilians Gesicht verzog sich zu einem dünnen, blödsinnigen Lächeln. Ein Speichelfaden lief aus seinem Mundwinkel und tropfte zu Boden; er merkte es nicht einmal. Der Blick seiner alten, trüb gewordenen Augen wandte

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