Hexer-Edition 07: Im Bann des Puppenmachers
blinzelte, konnte aber gegen das grausam helle Licht nichts als zwei unterschiedlich große menschliche Umrisse erkennen. Er machte einen Schritt, blieb wieder stehen und fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen. Dann schloss sich die Tür, das grellweiße Licht erlosch und aus den beiden tiefenlosen, flachen Schatten wurden Menschen. Und Howard unterdrückte im letzten Moment einen Schrei.
»Du bist also gekommen«, sagte Sarim de Laurec leise. Er lächelte kalt und schnell wie eine Schlange, bewegte sich zwei, drei Schritte auf Howard zu und machte eine befehlende Geste mit der Linken. Die zweite Person erwachte ebenfalls aus ihrer Erstarrung und trat an seine Seite. Ihr bodenlanges, besticktes Kleid raschelte hörbar. »Es freut mich zu sehen, dass du noch einen Funken Ehre im Leibe hast, Bruder Howard. Ich muss gestehen, dass ich nicht sicher war, ob du wirklich kommen würdest.«
Howard schien seine Worte gar nicht zu hören. Sein Blick saugte sich an dem schmalen, vor Furcht bleich gewordenen Gesicht der jungen Frau fest, die neben dem Puppet-Master stand.
»Ophelie«, flüsterte er. Seine Stimme bebte und hörte sich an, als würde sie jeden Moment brechen. »Was … was haben sie mit dir gemacht?«
Die Frau wollte antworten, aber de Laurec gebot ihr mit einer knappen befehlenden Geste zu schweigen und lächelte abermals. Es wirkte noch kälter als das erste Mal. »Nichts«, sagte er. »Wir sind vielleicht hart, möglicherweise sogar so gnadenlos, wie du behauptest, Bruder Howard. Aber wir sind nicht grausam. Wir haben ihr nichts zuleide getan. Weder körperlich noch in anderem Sinne.«
»Stimmt das?«, flüsterte Howard. »Ist das wahr, Ophelie? Haben sie dir … nichts getan?«
Diesmal hinderte de Laurec das Mädchen nicht daran zu antworten. »Es stimmt, Howard«, sagte sie. Ihre Lippen zitterten. In ihren Augen stand ein fürchterliches Flackern. »Aber ich … ich habe Angst. Ich weiß nicht, was das alles hier bedeutet. Bitte, Howard – hilf mir.«
De Laurec lachte leise. »Du siehst, Bruder Howard, wir stehen zu unserem Wort.«
Howard nickte. Die Bewegung kostete ihn unendliche Überwindung. »So wie … wie ich«, antwortete er stockend. »Ich bin hier, wie du verlangt hast, Sarim. Jetzt … jetzt lass sie frei!«
De Laurec lachte erneut. »Glaubst du wirklich, es wäre so leicht, Bruder?«, fragte er. »Du enttäuschst mich. Ich habe dir versprochen sie freizulassen, sobald du deine gerechte Strafe bekommen hast. Dieses Versprechen werde ich halten. Aber mehr auch nicht.«
»Was willst du noch, du Teufel?«, brüllte Howard. »Ich bin hier! Ich bin in deiner Gewalt! Töte mich, wenn du es willst, aber lass sie gehen. Sie hat euch nichts getan!« Er ballte hilflos die Fäuste, trat einen weiteren Schritt auf den Templer zu und blieb abermals stehen. »Was willst du noch?«, flüsterte er noch einmal.
»Deinen Tod. So, wie es beschlossen wurde, Bruder«, antwortete de Laurec kalt. »Aber ich habe mich entschlossen, dir noch eine letzte Chance zu gewähren.«
»Eine Chance?«, wiederholte Howard misstrauisch. »Was soll das, Sarim? Willst du mich leiden sehen?«
»Vielleicht«, antwortete de Laurec amüsiert. »Aber du weißt, dass ich Tapferkeit als eine der wichtigsten männlichen Tugenden schätze. Und tapfer warst du weiß Gott, auch wenn du deine Fähigkeiten gegen uns eingesetzt hast, statt -«
»Das ist nicht wahr!«, unterbrach ihn Howard. »Ich wollte nichts als meine Ruhe haben. Ich habe niemals gegen euch gekämpft.«
»Wer nicht für uns ist, ist gegen uns, Bruder«, sagte de Laurec. »Aber es ist müßig, wenn wir uns jetzt noch streiten. Du bist hier, das allein zählt. Und ich gebe dir eine Chance, dein Leben zu retten. Deines und das des Mädchens.«
»Das des …« Howard brach mit einem keuchenden Laut ab, hob die Fäuste und trat drohend einen weiteren Schritt auf den Templer zu. »Was … was soll das heißen, Sarim? Du hast versprochen sie freizulassen, wenn ich mich stelle.«
»So, wie du einmal geschworen hast, unserer Loge bis an dein Lebensende treu zu sein«, nickte de Laurec. »Aber höre mich an, ehe du mich einen Betrüger schimpfst, Bruder. Ich stehe zu meinem Wort. Ich tue sogar noch ein Übriges – ich gebe dir nicht nur die Chance, ihr Leben zu retten, sondern sogar dein eigenes.«
Er schwieg einen Moment und als er weitersprach, war in seinen Augen ein Glitzern, das irgendetwas in Howard erstarren ließ. »Sag, Bruder«, fragte er, »spielst du
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