Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 08: Engel des Bösen

Hexer-Edition 08: Engel des Bösen

Titel: Hexer-Edition 08: Engel des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
der verkrüppelten Ratten, die diesen Stollen von der anderen Seite her betreten und auf so schreckliche Weise ums Leben gekommen waren. Aber das Kratzen und Schaben hinter mir wurde lauter. Irgendwo im Haus klirrte Glas und fast bildete ich mir schon ein, das Trappeln zahlloser harter Pfoten zu hören …
    Nein – ich hatte keine Zeit zu verlieren. Die weiße Ratte wusste genau, wo ich war, und sie hatte Millionen Helfer, ihr Ziel zu erreichen und mich umzubringen. Dass ich sie einmal besiegt hatte, war nur ein Zufall gewesen; ich hatte sie mit Mitteln und aus einer Richtung angegriffen, mit der sie nicht gerechnet hatte. Die zweite Runde würde zu ihren Gunsten ausgehen, daran zweifelte ich keine Sekunde.
    Entschlossen packte ich den Stockdegen fester, griff mit der linken Hand in die Tasche und fühlte nach dem Shoggotenstern. Und dann trat ich mit einem großen Schritt in die Uhr hinein …
     
    Cohens Gesicht war noch immer so bleich wie die weiß gestrichene Wand, vor der er saß, und das unstete Flackern in seinen Augen hatte zwar nachgelassen, war aber nicht ganz erloschen. Er hatte sich wieder gefangen; äußerlich.
    »Es muss eine logische Erklärung geben«, sagte er. »Vielleicht waren die Ratten krank. Oder irgendetwas hat sie in Panik versetzt.« Seine Stimme zitterte ein wenig, während er diese Worte sprach, und es war ein Ton darin, der sie zu einem verzweifelten Flehen werden ließ. »Die Wissenschaft hat sogar einen Namen für ein solches Verhalten«, fuhr er fort. »So etwas ist schon vorgekommen; mehr als einmal.«
    Howard, der auf der anderen Seite des Schreibtisches Platz genommen hatte und die Luft in Cohens Büro mit seinen schwarzen Zigarren verpestete, nickte. »Massenhysterie«, bestätigte er. »So etwas gibt es.«
    »Sehen Sie!«, sagte Cohen triumphierend und Howard fügte, im gleichen ungerührten Tonfall, hinzu:
    »Bei Menschen, Cohen. Tiere haben nicht das Bewusstsein, das nötig ist, sie in eine Massenhysterie zu versetzen. Fragen Sie einen Anthropologen, wenn Sie mir nicht glauben.«
    Cohen fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die Lippen und begann, einen Bleistift in kleine Stücke zu zerbrechen.
    »Aber ganz gleich, was es ist, Cohen«, fuhr Howard fort, »müssen wir der Sache auf den Grund gehen. Sie haben gehört, was Robert gesagt hat. Wir müssen diese Albinoratte finden.«
    »Wie stellen Sie sich das vor?«, schnappte Cohen. »Soll ich zu meinen Vorgesetzten gehen und sagen, dass ich Männer brauche, um ein intelligentes Tier aufzuspüren, das eine Rattenarmee unterhält, mit der es einen Angriff auf London vorbereitet?«
    »Natürlich nicht«, antwortete Howard mit einem dünnen Lächeln. »Erzählen Sie ihnen einfach, was passiert ist. Berichten Sie ihnen die Tatsachen, mehr nicht. Erzählen Sie, dass eine große Masse von Ratten am helllichten Tage unsere Kutsche angegriffen und einen ihrer Leute getötet und alle anderen verletzt hat. Sie haben Dutzende von Zeugen.«
    Cohen starrte ihn an, legte den zerbrochenen Bleistift aus der Hand und begann seinen Füllfederhalter auseinander zu schrauben. Tinte lief an seiner Hand herab, während er die Bakelitkappe zerkrümelte. »Das ist verrückt.«
    »Stimmt«, bestätigte Howard. »Aber ich fürchte, wir haben keine andere Wahl. Wir müssen diese Ratte finden, von der Robert gesprochen hat. Glauben Sie mir – ich weiß, wann es der Junge ernst meint und wann er Scherze treibt. Diesmal hat er es verdammt ernst gemeint.«
    »Craven ist verschwunden«, gab Cohen zu bedenken. »Und niemand -«
    »Niemand«, unterbrach ihn Howard mit leicht erhobener Stimme, »nimmt Ihnen die Verantwortung ab, wenn morgen hunderttausend Ratten über die Bewohner dieser Stadt herfallen und unschuldige Frauen und Kinder töten, Cohen.«
    Cohen schluckte, warf den Füllfederhalter auf den Schreibtisch und riss mit fahrigen Bewegungen Blätter von seinem Tischkalender, um sie zu kleinen Bällen zusammenzupressen und davonzuschnippen. »Sie … übertreiben«, sagte er schließlich.
    »Möglich«, antwortete Howard. »Vielleicht greifen sie auch nicht offen an, sondern beschränken sich darauf, ein paar wehrlose Kinder in ihren Betten anzufallen oder die Kranken in den Hospitälern.«
    Cohens Gesichtsfarbe hatte jetzt einen deutlichen Stich ins Grünliche. »Und wenn alles nur falscher Alarm war?«, fragte er, während er mit Daumen und Zeigefinger die Nieten aus seiner ledernen Schreibunterlage zog und zusammendrückte.
    »Erfährt niemand

Weitere Kostenlose Bücher