Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe
Teil in ihm gestorben war, als er sich umwandte und mit steifen Schritten zum Dorf zurückging.
Die Droschke war verschwunden, als wir das Gebäude verließen. Ich hatte dem Fahrer zwei Pfund und den Auftrag gegeben, auf uns zu warten, um uns zum Hotel zurückzufahren, aber dem Mann schien wohl der Spatz in der Hand lieber zu sein, als die Taube auf dem Dach; er hatte das Geld genommen und sich getrollt, und Bannermann und ich konnten sehen, wie wir zurückkamen. Ich schluckte einen Fluch herunter, sah mich suchend um und ging los, als Bannermann mit einer stummen Kopfbewegung nach rechts deutete.
Es war kühl und die grauen, halb verfallenen Häuser, die die heruntergekommene Straße säumten, schienen die Kälte noch zu verstärken, als hätten sie den eisigen Seewind wie riesige steinerne Schwämme in sich aufgesaugt und gäben ihn nun ganz allmählich wieder frei.
Trotz der noch frühen Stunde war kaum ein Mensch auf der Straße zu sehen und Bannermann und ich beschleunigten unwillkürlich unsere Schritte. Wir waren eine gute halbe Stunde mit der Droschke unterwegs gewesen – was bedeutete, dass wir mindestens die dreifache Zeit zurück zum Hotel brauchen würden, wenn es uns nicht gelang, ein Fuhrwerk aufzutreiben.
Bannermann sah sich immer wieder nervös um und auch ich konnte mich eines gewissen Gefühls der Unruhe nicht erwehren; einer Unruhe, die durch nichts begründet war, aber mit jedem Moment an Intensität zunahm. Einen Moment lang versuchte ich mir einzureden, dass es schlichtweg an unserer Umgebung lag – die Gegend war nicht dazu angetan, einen Fremden sofort in unlöschbare Liebe zu Aberdeen entbrennen zu lassen. Wie fast alle Hafenviertel der Welt war sie eher schmutzig und heruntergekommen und sie entbehrte auch ganz jenes abenteuerlichen Flairs, der zum Beispiel Städte wie Marseille oder Algier auszeichnet. Das einzige Flair, das sie hatte, war die Erwartung, hinter der nächsten Ecke eins über den Schädel zu bekommen und seiner Habseligkeiten beraubt zu werden.
Aber das war es nicht. Ich war in einer Gegend wie dieser aufgewachsen und trotz allem hier noch viel mehr zu Hause als in meinem piekfeinen Haus am Ashton Place; und auch Bannermann war nicht gerade ein Feigling.
Nein – es war das Gefühl, belauert zu werden.
Wir sahen oder hörten niemanden, aber die Schatten schienen voller unsichtbarer Bewegung zu sein, die leeren Fensterhöhlen voller unsichtbarer Augen und das Heulen des Seewindes erfüllt von lautlos flüsternden Stimmen. Es hatte begonnen, nachdem wir das Büro der Scotia verlassen hatten. Und es wurde mit jedem Moment stärker.
Schließlich fasste Bannermann das Gefühl in Worte: »Irgendetwas stimmt hier nicht, Craven.«
Ich blieb stehen, sah erst ihn und dann die lauernden Schatten beiderseits der Straße an, und nickte schließlich. »Das Gefühl habe ich auch. Wir sollten -«
Ich sprach nicht weiter. Einer der Schatten hinter Bannermann hatte sich bewegt; nicht sehr stark, aber doch deutlich genug, dass ich sicher war, mich nicht getäuscht zu haben. Ein dunkles Augenpaar blitzte.
»Was ist los?«, fragte Bannermann, dem mein Stocken natürlich auffiel.
»Nichts«, antwortete ich hastig. Metall schimmerte in der Schwärze der Gasse hinter dem Kapitän. Ein Messer? »Ich musste nur an etwas denken, das Jameson gesagt hat.« Ich lächelte aufmunternd, ging einen Schritt auf ihn zu und hob meinen Stock, aber ganz bewusst in einer Art, als würde ich in Gedanken damit spielen.
»War das eigentlich die Wahrheit, was Sie Jameson gesagt haben?«, fragte er. »Das mit den verschwundenen Schiffen?«
»Zum Teil«, sagte ich. »Zum anderen auch nur eine Ahnung – aber ich schätze, ich bin der Wahrheit ziemlich nahe gekommen. Ich habe einiges herausgefunden, bevor wir aus London abgereist sind, wissen Sie? Hier – schauen Sie selbst.« Damit griff ich in die Rocktasche, zog den säuberlich zusammengefalteten Bericht hervor, den mir mein Mittelsmann kurz vor unserer Abfahrt hatte zukommen lassen, trat einen weiteren Schritt auf Bannermann zu und hielt ihm das Blatt hin.
Als er danach griff, warf ich mich vor.
Es war ein ziemlich plumpes Ablenkungsmanöver gewesen, aber es erfüllte seinen Zweck. Mit einem Zwei-Meter-Satz warf ich mich in die finstere Gasse, sah einen Schatten vor mir und griff instinktiv zu. Meine Hände schrammten über reißendes Metall, ich fühlte einen kurzen Schmerz, dann klirrte das Messer zu Boden, eine halbe Sekunde später gefolgt
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