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Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe

Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe

Titel: Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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kampflustig das Kinn vor und deutete fordernd auf Bannermann.
    »Wir werden ihn mitnehmen, Craven«, sagte er. »Und dann werden wir unsere eigene Seegerichtsverhandlung führen.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte ich ruhig.
    Der Dürre atmete scharf ein, öffnete den Mund, um zu antworten – und erstarrte.
    Es hatte eine Weile gedauert, bis sich meine Aufregung wieder soweit gelegt hatte, dass ich in der Lage war, die notwendige Konzentration aufzubringen. Aber jetzt spürte ich, wie sein instinktiv aufflammender geistiger Widerstand beinahe sofort zusammenbrach. Einen Moment lang wehrte er sich noch, aber es war ein lautloser, nach außen hin vollkommen unbemerkt bleibender Kampf und schon nach zwei oder drei Sekunden erlosch das trotzige Feuer in seinen Augen vollends.
    »Sie werden Kapitän Bannermann nichts antun«, sagte ich, und fügte, mit erhobener Stimme und deutlich lauter, hinzu. »Und auch Sie nicht, meine Herren. Niemand von Ihnen. Bannermann und ich werden jetzt gehen und Sie werden uns weder daran hindern noch auf irgendeine andere Weise behelligen. Haben Sie das verstanden?«
    Der Dürre starrte mich aus großen Augen an, schluckte hörbar und nickte, wenn auch langsam und mühevoll, als wäre die Bewegung gar nicht seine eigene.
    »Sie werden vergessen, was hier geschehen ist«, fuhr ich fort. »Sie haben Bannermann und mich niemals gesehen. Sie kennen nicht einmal unsere Namen. Ist das klar?«
    Wieder nickte der Dürre, und wieder spürte ich, wie schwer ihm die Bewegung fiel.
    Etwas war anders als sonst. Es ist mir noch nie leicht gefallen, einem anderen Menschen meinen Willen aufzuzwingen, schon gar nicht in einer Situation wie dieser und schon gar nicht, wenn ich gleich einem Dutzend Gegner gegenüberstand. Und trotzdem unterschied es sich drastisch von den wenigen Malen, da ich die Gabe, die mir mein Vater gegen meinen Willen vererbte, eingesetzt hatte. Ich sprach sehr langsam, beinahe schleppend, und ich spürte, wie meine Handflächen feucht wurden vor Anstrengung. Ein dumpfer, lastender Druck, der mit jeder Sekunde stärker wurde, war hinter meiner Stirn. Mit einem Male sah ich die Gesichter des Dürren und seiner Kumpane nur noch wie durch einen nebeligen Vorhang. Meine eigenen Worte klangen seltsam verzerrt in meinen Ohren, als befände ich mich plötzlich nicht mehr unter freiem Himmel, sondern in einer Höhle. Ich vernahm ein dumpfes Rauschen und Pochen, das ich erst nach einer Weile als das Geräusch meines eigenen Blutes identifizierte.
    Ich verdoppelte meine Anstrengungen, fühlte, wie auch der unsichtbare Widerstand wuchs – und plötzlich war er verschwunden. Wer oder was immer sich gegen meinen hypnotischen Angriff gewehrt hatte, es hatte aufgegeben.
    Wenigstens dachte ich das für die Dauer einer Sekunde.
    Genau bis zu dem Moment, in dem mir der Himmel auf den Kopf fiel.
     
    Jennifers zweites Erwachen war so qualvoll wie das erste; vielleicht schlimmer, ahnte sie doch, dass der Albtraum längst nicht zu Ende war. Es war wie beim ersten Mal – ein Gefühl des Gleitens und Streicheins überall an ihrem Körper, Kälte, das Empfinden, schwerelos zu sein. Nur eines war anders.
    Sie empfand es jetzt als angenehm.
    Es dauerte einen Moment, bis Jennifer der Unterschied zu Bewusstsein kam. Beim ersten Mal, als sie in der finsteren Höhle unter dem See erwacht war, waren all diese Empfindungen fremd und erschreckend gewesen.
    Jetzt waren sie vertraut, so wie die Berührung der Luft auf der Haut, das Atmen oder das Gefühl, sich in frisch gemähtes Heu zu legen.
    Behutsam öffnete Jennifer die Augen. Es war nicht dunkel wie beim ersten Mal; trotzdem hatte sie Mühe, zu sehen, denn es war ein Licht ganz anderer Art, als sie es jemals erlebt hatte. Es war viel milder als der Schein der Sonne und es kam aus keiner bestimmten Quelle, sondern war einfach da, als leuchte die Luft – das Wasser! – um sie herum. Sie blinzelte, fuhr sich, einer Gewohnheit folgend, die jetzt sinnlos geworden war, mit dem Handrücken über die Augen, richtete sich auf und spürte, wie sie den Halt verlor und schwerelos in die Höhe und zur Seite zu treiben begann. Instinktiv griff sie mit den Händen um sich, erreichte aber damit nicht mehr, als sich nun noch zusätzlich in Drehung zu versetzen und wie ein lebender Kreisel zuerst gegen die Decke, dann gegen die Wand zu stoßen, ehe sie ganz langsam zu Boden sank.
    Ein leises, sonderbar hallendes Lachen erklang. Jennifer fuhr hoch, verlor dadurch schon wieder

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