Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe
kälter.
Sekundenlang blieb ich mit angehaltenem Atem stehen, dann zwang ich mich, weiter zu gehen, ließ mich nach vorne sinken und machte einen ersten, mühsamen Schwimmzug. Meine Glieder schienen in Sekunden zu Eis zu erstarren und wo meine Muskeln sein sollten, waren plötzlich knotige Stricke, die zu nichts weiter nutze waren, als wehzutun. Aber ich zwang mich, mit ruhigen, kraftvollen Bewegungen weiter zu schwimmen, atmete tief und gezwungen langsam ein und aus und versuchte verzweifelt, weder an die Kälte noch an den namenlosen Schrecken zu denken, der am Grunde des schwarzen Wassers auf mich lauern mochte.
Der See schien kein Ende zu nehmen. Ich schwamm ein Stück weit weg vom Ufer. Nemo hatte mir erklärt, dass das Atemgerät mich für etwa eine Stunde am Leben erhalten konnte – was eine halbe Stunde bedeutete, die ich allerhöchstens unter Wasser bleiben durfte, ehe ich den Rückweg antrat. Um den Stollen zu suchen, Bannermann zu befreien und wieder zurückzukommen, keine sehr lange Zeit. Ich musste mit jedem Atemzug geizen.
Das war der letzte Gedanke, den ich an Nemos Atemgerät verschwendete, denn genau in diesem Moment packte etwas meine Füße und zerrte mich mit furchtbarer Kraft in die Tiefe!
Spears hatte Durst. Seine Lippen waren so trocken, dass sie bei der geringsten unvorsichtigen Bewegung rissen, und seine Kehle schmerzte.
Die Situation war beinahe absurd – er war umgeben von Wasser, Millionen und Abermillionen Tonnen von Wasser, aber er würde verdursten, wenn er nicht bald hier heraus kam; was immer dieses hier darstellen mochte.
Wenn er seiner inneren Uhr vertrauen konnte, so war er seit mehr als fünf Stunden in dieser ganz aus Stahl gebauten Kammer. Es musste eine Art Maschinenraum sein, wenn er auch von Maschinen beherrscht wurde, von denen Spears nie zuvor gehört hatte. Es gab gewaltige, schwarze Monstrositäten aus Stahl, eine Unzahl von Kolben, Gestängen und Rädern, die sich in Sinn verwirrendem Hin und Her bewegten, elektrische Kabel, die vor Anspannung summten, und verschiedenfarbige Lichter, die ihm wie kleine bunte höhnische Augen aus der Dunkelheit zublinzelten. Der Raum war vielleicht zwanzig Schritte lang und an die zehn Fuß hoch, die Wände nach unten hin gekrümmt wie der Rumpf des Schiffes und aus mannshohen, mit wuchtigen Nieten miteinander verbundenen Stahlplatten geschaffen. Ein dumpfes, rhythmisches Hämmern erfüllte die Luft wie düsterer Pulsschlag.
Es war der Maschinenraum der NAUTILUS, so viel war ihm klar. Er war auf der Suche nach einem Versteck hierher gekommen, nachdem er sich an Bord des Schiffes geschlichen hatte, und in den ersten zwei Stunden hatte es so ausgesehen, als hätte er das perfekte Versteck gefunden.
Aber danach war ein Matrose gekommen und hatte irgendetwas an den Maschinen getan, das Spears nicht verstand, und als er gegangen war, hatte er das zollstarke Schott am vorderen Ende des Raumes hinter sich verriegelt. Kurz darauf waren die Maschinen wie von Geisterhand bewegt angesprungen und hatten mit ihrem monotonen Hämmern begonnen.
Vor Spears innerem Auge entstand die furchtbare Vision einer NAUTILUS, die sich auf eine endlose Fahrt unter den Meeren begab, Tage, vielleicht Wochen, in denen sie niemals auftauchen würde. Und vielleicht Wochen, in denen niemand hierher kam, weil die geheimnisvollen Maschinen des Unterwasserschiffes ohne die Hilfe von Menschen funktionierten.
Die Vision beinhaltete noch mehr. Sie zeigte ihm ein Gesicht, aufgedunsen und bleich, die Zunge wie ein geschwollener Fremdkörper aus dem Mund hängend, in den Augen der Wahnsinn, der seinen Geist verwirrt hatte, ehe das Ende kam. Das Gesicht eines Verdursteten.
Sein Gesicht.
Er wusste, dass er gegen die zollstarken Metallwände hämmern konnte, solange er wollte, ohne dass auf der anderen Seite auch nur der mindeste Laut zu hören sein würde. Es war gut möglich, dass er in sein eigenes Grab gestiegen war, als er dieses Versteck fand.
Spears spürte, dass er in Panik zu geraten drohte, ballte so heftig die Fäuste, dass es wehtat, und biss sich auf die Zunge. Der Schmerz vertrieb die aufsteigende Panik. Wenigstens für den Moment hatte er sich wieder in der Gewalt.
Unschlüssig begann der hochgewachsene Fregattenkapitän, in dem lang gestreckten Raum auf und ab zu gehen. Für einen Moment überlegte er, auf die gleiche Weise aus seinem selbstgesuchten Gefängnis auszubrechen wie schon einmal: Wenn es ihm gelang, eine der Maschinen zu beschädigen,
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