Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe
furchtbares, immer stärker werdendes Dröhnen und Hämmern.
Verzweifelt angelte ich nach dem Kautschukschlauch des Atemgerätes, nahm ihn zwischen die Zähne, schluckte das eiskalte Wasser, das meinen Mund füllte, herunter und atmete tief ein.
Wenigstens wollte ich es.
Aber aus dem Schlauch kam keine Luft. So sehr ich auch sog, der rettende Sauerstoffstrom blieb aus!
Panik begann meine Gedanken zu verwirren. Wer oder was immer mein Gegner war, er dachte nicht daran, sich zum Kampf zu stellen, sondern beschränkte sich darauf, mich von der rettenden Luft fernzuhalten und die Natur den Rest erledigen zu lassen. Meine Lungen schmerzten unerträglich. Vor meinen Augen rotierten grell bunte Feuerräder und ich spürte, wie meine Kräfte rasend schnell nachließen. Irgendetwas Finsteres, Mächtiges begann sich hinter meinen Gedanken aufzubauen. Hier also, fünf Meter unter der Wasseroberfläche, würde mein Leben ein unrühmliches Ende finden, nur wegen eines verklemmten Ventils oder eines defekten Schalters, den …
Hätte ich noch die Zeit dazu gehabt, hätte ich mich selbst geohrfeigt. So nutzte ich das letzte bisschen Kraft, das mir verblieben war, um die Hand zu heben und den kleinen Messingschalter an meinem Helm umzulegen, den mir Nemo gezeigt hatte.
Und aus dem Kautschukschlauch zwischen meinen Zähnen ergoss sich ein Strom herrlich kühlen, belebenden Sauerstoffs.
Trotzdem behielt ich die Nerven. Wer oder was auch immer unter mir war – ich war ziemlich sicher, es eher mit einem was zu tun zu haben als mit einem wer – es war ein Wesen, dessen ureigenstes Element das Wasser war. Ich durfte keinen offenen Kampf riskieren, umso weniger, als es hier nicht allein um mein Leben ging. So strampelte ich noch einige Sekunden weiter wie wild mit den Beinen, warf mich herum und schlug wie in Agonie ins Wasser, bis ich meine Bewegungen immer langsamer und müder werden ließ. Schließlich hörte ich ganz auf, mich zu regen.
Ich muss eine ziemlich perfekte Wasserleiche abgegeben haben, als ich diesmal zur Oberfläche hinauftrieb, denn der unheimliche Angreifer beschränkte sich darauf, mich beinahe sanft an den Beinen zu berühren und ganz sachte herabzuziehen. Es war ein unbeschreiblich ekelhaftes Gefühl – seine Hände fühlten sich schwammig und weich und kalt wie die eines Toten an, aber ich beherrschte mich weiter und ließ mich treiben, Arme und Beine pendelnd wie eine Leiche. Dass meine rechte Hand wie zufällig zum Gürtel glitt und am Griff des zweischneidigen Tauchermessers hängen blieb, schien meinem Gegner nicht einmal aufzufallen.
Langsam sanken wir tiefer, ins eiskalte klare Wasser des Sees hinaus. Obwohl über mir Nacht und das Wasser so schwarz wie Tinte war, konnte ich plötzlich sehen und der Anblick war so phantastisch, dass ich für einen Moment sogar die Gefahr vergaß, in der ich schwebte.
Unter mir, eine viertel Meile westlich und zahllose Yards tiefer, lag eine Stadt.
Oder das, was einmal eine Stadt gewesen war. Ich sah zerbrochene Säulen, niedergestürzte Wände und kühn geschwungene Bögen, zerfallene Arkadengänge und die Reste bizarrer, ehedem sicherlich riesiger Gebäude. Alles war von einem unheimlichen, blass grünen Schimmer überlagert, ein Licht, das nicht von dieser Welt war und das mir trotzdem auf grausige Weise bekannt vorkam. Und dann …
Es war nur ein Augenblick, nur ein Bruchteil einer Sekunde, aber ich war vollkommen sicher, einen Menschen zu sehen. Eine Frau, jung, schlank, dunkelhaarig, vollkommen nackt und ohne irgendwelche technische Gerätschaften, die ihr das Atmen ermöglichten! Elegant wie ein riesiger blasser Fisch tauchte sie hinter einer zerborstenen Säule auf und verschwand gleich darauf im Inneren eines noch halbwegs erhaltenen Gebäudes.
Fünfhundert Fuß unter Wasser.
Ein unsanfter Ruck an meinem rechten Bein riss mich abrupt in die Wirklichkeit zurück. Vorsichtig, um nicht durch eine Bewegung, die eine Wasserleiche kaum hätte ausführen können, aufzufallen, drehte ich mich herum und starrte an mir herab. Ich war nicht einmal sehr überrascht, als ich sah, was mich da gepackt und in die Tiefe gezerrt hatte.
Es war kein Mensch, sondern ein Wesen, das den grässlichen Shoggoten- Monstern ähnelte, mit denen es Spears und ich in den Abwässerkanälen Aberdeens zu tun bekommen hatten. Aber anders als sie wirkte es weitaus eleganter, irgendwie … fertiger.
Sein Körper war größer als der eines ausgewachsenen Menschen, aber wo die Bestien, die
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