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Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Titel: Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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vorbereitet gewesen. Womit er nicht gerechnet hatte, war der Zeitpunkt. Nur wenige Tage!, dachte er voller Zorn. Nur wenige Tage noch und er wäre am Ziel gewesen, fünftausend Jahre voller Angst und Flucht, fünf Millennien des Versteckens und Davonlaufens beendet. Er dachte an alles, was er getan hatte, seit er das Zeittor an Bord der DAGON geöffnet und um fast ein Jahrzehnt zurück in die Vergangenheit geflohen war, die einzige Richtung, in der er seine Spur wenigstens für eine Weile zu verwischen hoffte, all seine sorgfältigen Vorbereitungen, sein Planen und vorsichtiges Handeln, und sein Zorn wuchs erneut. All das sollte vergebens sein, nur wegen eines armseligen, machtgierigen Menschen? Die jahrhundertelangen Vorbereitungen, die ungeheure Anstrengung, die es gekostet hatte, die Falle …
    Dagon zwang sich mit aller Macht, den Gedanken nicht zu Ende zu denken. Er durfte es nicht, nicht hier, nicht einmal oben, wo er nur in der Nähe der geistlosen Ssaddit und ihrer gefräßigen Jungen war.
    Mit einem entschlossenen Ruck wandte sich Dagon um und verließ die Höhle. Die Zeit wurde knapp und er musste handeln, wollte er eine Katastrophe verhindern. Später würde Zeit genug sein, sich mit Tergard zu beschäftigen.
    Dagon freute sich bereits darauf. Dieser Narr würde begreifen, was es hieß, einen Gott betrügen zu wollen!
     
    Das Lager der Majunde lag nur wenige Meilen von der Küste entfernt, aber so gut verborgen im Dschungel Krakataus, dass es ebenso gut auf dem Mond hätte liegen können. Wir waren eine weitere halbe Stunde durch den Wald gestolpert, als der Dschungel plötzlich wie abgeschnitten endete und sich eine halbkreisförmige, eine gute Viertelmeile messende Lichtung vor uns auftat.
    An die dreißig runde, mit spitzen Blätterdächern versehene Hütten gruppierten sich im Halbkreis um einen flachen See herum, dessen Wasser im Mondlicht wie geschmolzenes Pech schimmerte. Ein gewaltiges Lagerfeuer loderte im Zentrum des Eingeborenendorfes. Schattenhafte Gestalten bewegten sich davor und die Nacht trug Fetzen eines fremdartig klingenden, aber sehr melodischen Gesanges heran.
    Yo Mai gebot uns mit Gesten stehen zu bleiben, als wir die Lichtung zur Hälfte überquert hatten, und verschwand rasch in der Dunkelheit. Die anderen Majunde-Krieger umbringen Shannon und mich weiter und das ungute Gefühl in mir nahm weiter zu; jetzt, als ich sie im hellen Mondlicht erkennen konnte.
    Selbst der größte von ihnen reichte mir gerade bis zur Schulter und ich bin, obgleich nicht gerade klein, so doch auch alles andere als ein Riese. Aber was ihnen an Größe fehlte, das machten sie an Wildheit wieder wett. Ihre Gesichter waren anders als das Yo Mais – mit bunten Farben bemalt, was ihnen ein Schrecken erregendes Äußeres gab, und die Bögen in ihren Händen erweckten nicht gerade den Eindruck, als ob sie damit nur auf Paradiesvögel zu schießen gewohnt waren. Ein leiser Schauer überlief mich, als ich daran dachte, dass der Kannibalismus in diesem Teil der Welt nicht unbedingt so ungewöhnlich war wie in England.
    Nach einer schieren Ewigkeit kam Yo Mai zurück. »Unser Ältester erwartet euch«, sagte er. Shannon nickte und wollte losgehen, aber Yo Mai hielt ihn mit einer fast hastigen Geste noch einmal zurück.
    »Behandele ihn respektvoll«, sagte er warnend. »Und denke immer daran, dass ihr nur noch lebt, weil Eldekerk für euch gesprochen hat. Unsere Gastfreundschaft kennt Grenzen.«
    Shannon nickte abermals, warf mir einen auffordernden Blick zu und ging weiter. Ich folgte ihm.
    Mit einer Mischung aus Neugier und Unbehagen sah ich mich um, als wir das Majunde-Dorf durchquerten. Trotz unserer misslichen Lage schlug mich das Bild auf sonderbare Weise in seinen Bann.
    Es war wie eine Reise in die Vergangenheit der Vergangenheit. Nur wenige Stunden hinter uns gab es eine Stadt, die, wenngleich über die Maßen ärmlich, so doch eindeutig zum neunzehnten Jahrhundert gehörte, und noch nicht einmal eine Woche zurück war ich auf einem Schiff gewesen, das die Weltmeere mit der Kraft von hundert Elefanten kreuzte, aber dieses kleine Dorf hier schien geradewegs in die Steinzeit zu gehören.
    Die Hütten waren aus Bast und Stroh und großen, fingerartigen Blättern gefertigt und ausnahmslos rund. Es gab keine Fenster, sondern nur eine niedrige, halbrunde Tür, durch die man wohl eher in ihr Inneres kriechen musste, als man gehen konnte, und einem Rauchabzug im Dach, aber alles war von einer erstaunlichen

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