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Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft

Titel: Hexer-Edition 10: Wer den Tod ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wissen, dass Krakatau uns schützen wird.«
    »Gegen die ostindische Gesellschaft hat er euch wenig genutzt«, knurrte ich. Shannon warf mir einen raschen, fast erschrockenen Blick zu, aber Yo Mai hatte meine Worte verstanden und übersetzte sie.
    Seltsamerweise reagierte der Alte ganz anders, als ich erwartet hatte. Einen Moment lang starrte er mich an, dann lachte er, leise und auf eine Art, die mich an das Meckern einer Ziege erinnerte, und Yo Mai übersetzte: »Du hast Recht, weißer Teufel. Doch der weiße Mann ist gekommen und wieder gegangen und die Majunde und Krakatau sind geblieben.«
    »Tergard und seine Bande sind noch da«, erinnerte ich, Shannons verzweifeltes Grimassenschneiden ignorierend.
    »Du hast Recht, weißer Mann«, wiederholte der Alte. »Die weißen Hunde, die im Zeichen des Kreuzes töten, sind noch da. Doch wir fürchten sie nicht. Der Wald schützt uns und unser Gott wird sie vernichten. Wir spüren sein Zürnen schon seit langer Zeit. Seine Geduld ist groß, doch bald wird die Zeit der weißen Mörder abgelaufen sein.«
    »Es geht nicht nur um sie«, sagte Shannon. Er hob die Hände und machte eine fast verzweifelte Geste. »Yo Mai, erkläre ihm, dass wir nicht wegen dieser Baphomet-Anbeter hier sind. Ich glaube euch, dass euer Gott das Volk der Majunde schützt. Doch es sind fremde Götter gekommen, Götter, die mächtiger und böser sind als die der weißen Männer. Mächtiger als euer Gott.«
    »Hüte deine Zunge, du weißer Hund!«, sagte eine Stimme hinter ihm. »Niemand beleidigt ungestraft unsere Götter!«
    Shannon und ich fuhren beinahe im gleichen Moment herum. Der gesamte Stamm schien zusammengekommen zu sein und bildete einen weit gespannten, aber auch dicht geschlossenen Halbkreis um uns, das Feuer und den Alten. Jetzt hatte sich dieser Halbkreis geteilt, um einem hochgewachsenen Mann Platz zu machen, der einen bunt bestickten Mantel und eine hölzerne Maske vor dem Gesicht trug. Seiner Aufmachung nach zu schließen, musste er so etwas wie der Medizinmann oder Magier des Stammes sein. Natürlich, dachte ich wütend. Irgendeiner musste immer stänkern.
    Shannon deutete eine Verbeugung an.
    »Es lag mir fern, euren Gott zu beleidigen«, sagte er mit einer Stimme, die vor Kälte beinahe knisterte. »Doch ich weiß, wovon ich spreche. Euer Gott mag mächtig und gut sein, doch sie, vor denen zu warnen wir gekommen sind, sind mächtig und böse. Sie sind es, denen eure Brüder und Schwestern geopfert wurden, deren Tod ihr beklagt, und sie werden noch mehr töten.«
    »Du lügst!«, behauptete der Maskierte. Seine Stimme klang nur dumpf unter der hölzernen Maske hervor, und ihr verzerrtes Echo ließ mich schaudern. Und ich spürte, dass ich nicht der Einzige war, der urplötzlich Furcht vor diesem Mann empfand. Der Abstand, den die Eingeborenen zu ihm hielten, die schüchternen Blicke und verborgenen Gesten, waren kein Respekt. Wenn die Majunde für diesen Mann irgendetwas empfanden, dann Angst.
    Plötzlich trat er einen Schritt zurück, hob den linken Arm und schob den anderen unter den Mantel. Seine freie Hand deutete auf mich.
    »Diese beiden sind gekommen, um uns mit ihren Lügen zu täuschen!«, behauptete er. »Aber der mächtige Gott der Majunde lässt sich nicht täuschen. Seht, was er denen tut, die seine Kinder zu belügen versuchen!«
    Ein furchtbarer Schmerz schoss durch meine Brust, so plötzlich, als hätte jemand einen glühenden Dolch direkt in mein Herz gestoßen. Ich keuchte, taumelte einen Schritt zurück und brach in die Knie. Ein vielstimmiger Schrei drang aus der Reihe der Majunde, aber ich hörte ihn kaum, sondern kämpfte mit verzweifelter Kraft darum, atmen zu können. Der Schmerz wurde immer stärker, steigerte sich zu purer Agonie und ließ das Lager vor meinen Augen hinter einem Vorhang aus wabernden roten Schemen verschwimmen.
    »Hör auf!« Yo Mais Stimme übersetzte die Worte des Alten, so laut und in einem derart befehlenden, herrischen Tonfall, dass der Maskierte unwillkürlich den Blick hob. Seine rechte Hand kroch unter dem Umhang hervor und im gleichen Moment erlosch der fürchterliche Schmerz in meiner Brust.
    Mit einem erleichterten Keuchen sank ich nach vorne, fiel auf das Gesicht und rang würgend nach Atem. Der glühende Dolch war aus meiner Brust verschwunden, aber allein die Erinnerung an den Schmerz ließ mich weiter stöhnen und mich wie einen getretenen Wurm winden. Ich atmete, aber ich hatte noch immer das Gefühl, keine Luft zu

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