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Hexer-Edition 11: Der achtarmige Tod

Hexer-Edition 11: Der achtarmige Tod

Titel: Hexer-Edition 11: Der achtarmige Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einen dünnen Ast zerbrach. Seine peitschenden Arme ringelten sich um Masten und Aufbauten, glitten wie riesige Schlangen über das Deck und suchten nach den flüchtenden Matrosen, griffen hier und da sogar in die Flammen hinein, als spüre es die Hitze gar nicht, oder rissen in blinder Wut ganze Stücke aus dem Schiff und den Aufbauten.
    Ein gellender Schrei drang in meine Gedanken. Ich fuhr herum, hob schützend die Arme vor das Gesicht und sah ein Paar Arme aus der sprudelnden Gischt auftauchen, ein Antlitz, verzerrt vor Schrecken und Todesangst, ein Mund, der zu einem verzweifelten Schrei aufgerissen war, aber plötzlich von heranrollendem Wasser gefüllt wurde.
    Ohne an die Gefahr zu denken, in der ich selbst schwebte, rannte ich zurück, warf mich in die tobende Brandung und hielt nach dem Ertrinkenden Ausschau. Ich entdeckte ihn ein ganzes Stück weiter rechts und schon wieder halbwegs ins Meer gesogen, kämpfte mich durch die tobenden Wellen heran und bekam seinen Arm zu fassen. Der Mann bäumte sich auf und begann in Todesangst um sich zu schlagen. Seine Faust traf mich am Hals. Ich bekam keine Luft mehr, fiel nach hinten und wäre um ein Haar selbst ins Meer zurückgerissen worden. Im letzten Moment kam ich wieder auf die Beine, packte den Tobenden erneut, riss ihn hoch und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige.
    Der Trick funktionierte auch dieses Mal. Der Mann hielt inne und die Panik in seinem Blick erlosch. Ich erkannte ihn: Es war Henri, der Matrose von der NAUTILUS. Er sagte irgendetwas, aber das Brüllen des Orkanes und das Toben der Brandung rissen ihm die Worte von den Lippen, ehe ich sie verstehen konnte. Grob packte ich ihn an der Schulter, zerrte ihn herum und versetzte ihm einen Stoß, der ihn den Strand hinauftaumeln ließ.
    Eine zweite Gestalt tauchte aus dem Meer auf, als wir das sichere Ufer erreicht hatten, wankte auf Henri und mich zu und brach mit einem erstickten Laut in die Knie.
    Von See her drang ein ungeheuerliches Brüllen und Krachen herüber, vermischt mit den gellenden Schreien der Matrosen drüben auf der Van Helsing. Das Schiff hatte vollends Feuer gefangen und trieb wie ein lodernder Scheiterhaufen auf dem Wasser. Und jetzt hatten die Flammen auch auf das bizarre Ungeheuer übergegriffen, das sich in seine Masten verkrallt hatte. Ein ungeheurer, schmerz- und wuterfüllter Schrei übertönte das Toben der entfesselten Elemente. Die Bestie begann zu toben, löste nach und nach alle Arme und sonstigen Gliedmaßen vom Schiff und versuchte ins Meer zurückzukriechen. Aber so wenig, wie ihm das Feuer bisher etwas hatte anhaben können, so schnell verzehrte es seinen Leib jetzt. Binnen weniger Sekunden stand das Monstrum in Flammen. Seine Bewegungen wurden langsamer.
    Mit einem Ruck löste ich mich von dem furchtbaren Anblick, drehte mich herum und deutete mit einer Kopfbewegung auf die niedergebrannte Stadt. Die Ruinen versprachen zwar keinen Schutz, würden uns aber wenigstens vor einer sofortigen Entdeckung bewahren, falls noch mehr Ungeheuer aus dem Meer aufsteigen sollten.
    Im gleichen Augenblick, in dem ich losgehen wollte, blitzte es über uns in den Wolken auf. Aber es war keine weitere Explosion, sondern nur ein Funkeln, ein verirrter Lichtstrahl, der sich auf dem geschliffenen Kristall einer großen Scheibe gebrochen hatte, die schwerelos durch die brodelnden Wolken glitt.
    Eine Scheibe, die Männer trug.
    Männer in schreiend bunten, bodenlangen Umhängen.
    Männer aus Maronar …
    Eine einzelne, schreckliche Sekunde lang stand ich wie gelähmt da und glotzte die blitzende Kristallscheibe an, dann erwachte ich mit einem Schrei aus meiner Erstarrung, brüllte meinen beiden Begleitern eine Warnung zu und rannte wie von Furien gehetzt auf die niedergebrannten Häuser zu.
     
    Es war dunkel hier unten; muffig und feucht und trotz der klammen Kälte des Meeres, die sich einen Weg durch die Schiffswände gegraben hatte, beinahe stickig. Die normalen Geräusche des Schiffes waren nicht mehr zu vernehmen, einzig ein dumpfes, an- und abschwellendes Brausen, das das Rauschen der Strömung sein mochte, denn der Raum lag tief unter der Wasserlinie der Zuidermaar, nur wenige Yards über dem mächtigen, kupferbeschlagenen Kiel, der das Wasser wie eine umgedrehte Haifischflosse schnitt.
    Harmfeld lauschte. Während der letzten vier, vielleicht auch sechs Stunden hatte er nichts anderes gehört als eben dieses dumpfe Rauschen und das Schlagen seines eigenen Herzens, aber jetzt hatte

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