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Hexer-Edition 11: Der achtarmige Tod

Hexer-Edition 11: Der achtarmige Tod

Titel: Hexer-Edition 11: Der achtarmige Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ihn ein zweiter, noch härterer Hieb, schleuderte ihn vollends zu Boden und prellte ihm den Revolver aus der Hand.
    Harmfeld schrie auf, rollte sich zur Seite, um einem Fuß auszuweichen, der nach seinem Gesicht stieß, sprang mit einem federnden Satz auf die Beine und riss seinen Paradesäbel aus dem Gürtel.
    Zum ersten Male sah er seinen unheimlichen Gegner. Es war niemand anders als De Cruyk, der Kapitän, der Van Helsing, der das Chaos über die Zuidermaar gebracht hatte.
    Aber wie hatte er sich verändert!
    Sein Oberkörper bot einen Anblick des Grauens. Er musste von mindestens einem Dutzend Gewehrschüssen getroffen worden sein, und zwar aus allernächster Nähe. Die rechte Seite seines Unterkiefers war ein hässliches Totenschädelgrinsen, wo der blanke Knochen zum Vorschein kam. Eines seiner Augen glühte wie eine lodernde Kohle, das andere war erloschen.
    Der entsetzliche Anblick ließ Harmfeld auch noch die letzten Skrupel vergessen. Mit einem überschnappenden Kreischen schwang er seinen Säbel, spreizte die Beine, um festen Halt zu haben, und ließ die armlange Klinge auf De Cruyk heruntersausen.
    Der tote Kapitän hob den Arm, um den Hieb abzufangen. Der Säbel fuhr mit einem widerwärtigen Schmatzen tief in seine Schulter und traf auf Knochen. Eine Sekunde später schloss sich De Cruyks Hand um die Klinge, packte mit übermenschlicher Kraft zu und entriss sie Harmfelds Händen. Der Säbel flog klirrend davon.
    Harmfeld keuchte vor Schrecken. Von einer Sekunde auf die andere war jedes bisschen Mut aus ihm gewichen. Er hatte nur noch Angst, Angst wie niemals zuvor in seinem Leben. Er sah De Cruyks Faust heranrasen, aber er machte nicht einmal einen Versuch, dem Hieb auszuweichen.
    Der Schlag schmetterte ihn zu Boden, ließ ihn drei, vier Meter über die glatten Planken schlittern und raubte ihm fast das Bewusstsein. Wie durch einen blutigen Vorhang hindurch sah er De Cruyk auf sich zukommen, die Hände erhoben und zu Klauen gespreizt, mit sonderbar wiegenden, fast tänzelnden Schritten, das Gesicht zu einer Grimasse verzerrt.
    »Nicht!«, wimmerte Harmfeld. Angstvoll hob er die Hände über das Gesicht und krümmte sich. »Nicht!«, wimmerte er immer wieder. »Komm nicht näher.«
    Und das Wunder geschah. De Cruyk blieb tatsächlich stehen. Sein einzelnes, verbliebenes Auge flammte wie ein böser Stern. »Du Narr!«, krächzte er. »Du elender Narr. Du hast dich selber umgebracht!«
    Seine Worte klangen grauenhaft; was er hervorbekam, war ein hechelndes Zischeln, das Harmfeld die Übelkeit in den Magen trieb.
    »Steh auf!«, befahl De Cruyk.
    Harmfeld gehorchte. Rings um sie herum ging der normale Schiffsbetrieb weiter, als wäre nichts geschehen, aber Harmfeld versuchte kein zweites Mal, sich auf den kleinwüchsigen Piratenkapitän zu stürzen. So, wie De Cruyk von einer unheimlichen, widernatürlichen Macht am Leben gehalten wurde, war er auch viel stärker als ein normaler Mensch.
    »Warum bist du hier?«, hechelte De Cruyk. »Habe ich nicht gesagt, alle sollen von Bord gehen? Warum bist du geblieben, du Narr?«
    »Es ist mein Schiff«, antwortete Harmfeld; in einem Ton, als wäre das allein Erklärung genug.
    »Dein Schiff?« Ein fürchterliches Hohnlachen drang über De Cruyks tote Lippen. »Dein Schiff?«, wiederholte er. »Nun, wenn es dein Schiff ist, dann solltest du auch damit untergehen, wie es sich für einen Kapitän geziemt!« Plötzlich sprang er vor, packte Harmfeld bei der Schulter und zwang ihn zu einer heftigen Bewegung, sich herumzudrehen und zum Bug zu blicken.
    Harmfeld schrie auf, als er sah, worauf die Zuidermaar mit bis zum Zerreißen geblähten Segeln zuschoss …
     
    Vom Himmel regnete Feuer. Der Boden hob und senkte sich in schnellen, krampfartigen Stößen, die Henri und mich und den Matrosen der Zuidermaar wie Fausthiebe trafen. Der Lärm war unbeschreiblich. Das Krachen der Donnerschläge war zu einem ununterbrochenen, Trommelfell zerreißenden Crescendo geworden. Das Meer schien zu kochen und vom Krakatau herab zerriss Blitz auf Blitz die Dunkelheit.
    Der ersten fürchterlichen Eruption waren weitere gefolgt, keine schwächer als die erste, und über dem zerfetzten Krater des Vulkans stand eine meilenhohe Säule aus Qualm und fettigem Lavastaub, die immer wieder von grell weißen und orangeroten Explosionen zerrissen wurde. Lavabrocken, groß wie Häuser, regneten auf die gesamte Insel herab, schlugen wie Bomben in den Dschungel ein und ließen Brände und neue Feuer

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