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Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons

Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons

Titel: Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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reglos vor meinem Abteil stehen, dann schloss ich die Tür, ging ein paar Schritte den Gang hinunter und öffnete eines der Fenster.
    Die Nachtluft strich kalt in den Wagen, aber sie verscheuchte auch die düsteren Gedanken, die sich meiner bemächtigt hatten, und für einen Moment genoss ich einfach das Gefühl, nur dazustehen und an nichts zu denken.
    Aber nur für einen Moment, denn die Wirklichkeit holte mich schneller ein, als mir lieb war. Mit plötzlicher Wucht kam mir zu Bewusstsein, dass ich mich wie ein kompletter Idiot benommen hatte.
    Sicher, ich war meinem Verfolger entkommen – wenn es diesen geheimnisvollen Verfolger überhaupt gab und er nicht nur eine Ausgeburt meiner überreizten Nerven war –, aber statt dem Schicksal für diese kleine Atempause dankbar zu sein, hatte ich nichts Besseres zu tun, als mich kopfüber in ein neues Abenteuer zu stürzen.
    Im Grunde ging mich Sitting Bull nichts an. Sein Benehmen sagte mir mehr als deutlich, dass er nur den Unwissenden spielte; wenngleich auch fast perfekt. Aber er war kein Mann, der selbst nicht wusste, was in seinem Geist geschah.
    Das Geräusch einer Abteiltür riss mich aus meinen Gedanken. Ich fuhr hoch und herum, starrte angestrengt in die Dunkelheit des Ganges und fuhr beinahe schuldbewusst zusammen, als ich die Gestalt erkannte, die aus dem Abteil getreten und überrascht stehen geblieben war, als sie meinen Schatten erkannte.
    Es war Annie. Sie trug ein langes seidenes Nachthemd, darüber einen Morgenrock aus Tüll, der allerdings mehr von ihrer Gestalt enthüllte, als er verbarg. Ich senkte den Blick – ganz Gentleman – und wartete, dass sie sich herumdrehen und wieder in ihr Abteil zurücktreten würde, damit auch ich die Gelegenheit fand, mich einigermaßen diskret aus der Affäre zu ziehen, aber sie dachte nicht daran, sondern schob im Gegenteil die Abteiltür hinter sich ins Schloss und kam auf mich zu.
    »Hallo, Robert«, sagte sie. »Können Sie auch nicht schlafen?«
    Ich schüttelte hastig den Kopf, lächelte sie an und drehte mich wieder zum Fenster. Aber so leicht gab Annie Oakley nicht auf. Sie trat näher an mich heran, lehnte sich, als wären wir zwei gute Bekannte, die sich am helllichten Tage auf einem belebten Boulevard getroffen hatten, eine Handspanne neben mir gegen die Wand und blickte aus dem Fenster.
    Ich konnte das blasse Spiegelbild ihres Gesichtes deutlich auf der Scheibe erkennen. Deutlich genug jedenfalls, um zu sehen, dass mich ihre dunklen Augen direkt anblickten.
    »Ich bin froh, Sie getroffen zu haben, Robert«, sagte sie. »Allein.«
    »So?« Ich wandte kurz den Blick, sah sie an und starrte wieder aus dem Fenster. Zum Teufel, Annie Oakley war eine verdammt hübsche und gut gebaute Frau und sie trug praktisch nichts! Dachte sie, ich wäre aus Holz?
    »Ich möchte Ihnen noch einmal danken, dass Sie mir das Leben gerettet haben«, sagte sie. Und damit packte sie mich fast grob am Kragen, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste mich.
    Im ersten Moment war ich so perplex, dass ich mich nicht einmal rührte, aber dann spürte ich, wie weich und süß ihre Lippen schmeckten. Für eine endlose, berauschende Sekunde erwiderte ich ihren Kuss, presste sie an mich und fühlte, wie weich und erregend der Körper war, der sich unter der glatten Seide ihres Negligées verbarg.
    Dann wurde mir schlagartig klar, wo wir waren. Und vor allem, wer sie war.
    Hastig löste ich mich aus ihrer Umarmung, schob sie ein Stück von mir weg und starrte verlegen zu Boden. Annie wollte mich erneut an sich ziehen, aber diesmal widersetzte ich mich. Die Lächerlichkeit meiner Situation kam mir nicht einmal zu Bewusstsein in diesem Moment. Unsere Rollen waren ziemlich falsch verteilt. »Bitte nicht, Annie«, sagte ich leise. »Was würde Bill sagen, wenn er uns so sieht?«
    »Nichts«, behauptete Annie lächelnd und fügte im gleichen, amüsierten Tonfall hinzu: »Er würde Sie auf der Stelle erschießen.«
    Ich glaubte ihr aufs Wort. »Warum sind Sie gekommen?«, fragte ich. »Wollen Sie meine Leiche sehen?«
    »Ich wollte mich bedanken«, sagte Annie. »Auf meine Art. Hat es Ihnen nicht gefallen?«
    »Unsinn«, widersprach ich. »Aber Ihr Dank gilt dem falschen Mann. Ohne Bill, Sitting Bull und Bodine wären wir jetzt alle tot.«
    »Und ohne Ihre Hilfe auch«, widersprach Annie. »Das war sehr mutig von Ihnen, Robert.«
    »Sie sollten sich nicht in solcher Gesellschaft herumtreiben«, sagte ich verlegen. »Ein Mann wie Teagarden ist

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