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Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons

Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons

Titel: Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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den nimmersatten Kessel schaufelte.
    Er hatte keine Pause gemacht bei dieser Tätigkeit, sondern bewegte sich seit Stunden im gleichen Takt. Der gewaltige Vorrat an Kohlen auf dem Tender der Lok hatte bereits sichtlich abgenommen, aber Midwailer war weder Erschöpfung noch Müdigkeit anzumerken.
    Jetzt, als die Sonne unterging, änderte sich etwas in seinen Bewegungen. Waren sie vorher wirklich so ruckhaft und abgehackt wie die eines Automaten gewesen, so wurden sie jetzt gleitender, beinahe eleganter und dabei immer schneller.
    Das Feuer brannte heißer und der Druck im Kessel begann allmählich zu steigen, ganz langsam nur, aber beharrlich. Ohne dass es nur einer der Zuginsassen bemerkte, begann die Lok wieder an Geschwindigkeit zu gewinnen, obwohl der Boden jetzt merklich anstieg und es eigentlich genau umgekehrt hätte sein müssen.
    Dann geschah etwas mit Midwailer selbst.
    Er selbst spürte es nicht mehr, denn das Einzige, was noch Mensch an ihm war, war seine äußere Form. Wo seine Augen sein sollten, waren zwei schwarze Seen aus geronnener Finsternis und im schwachen Licht des Mondes schimmerte seine Haut beinahe schwarz.
    Etwas bewegte sich unter seiner Jacke.
    Es war wie ein Buckel, der mit schweren, pulsierenden Bewegungen hin und her kroch, sich seinem Kragen näherte und wieder zurücksank, nach unten und zur Seite glitt und schließlich seinen Jackenärmel erreichte.
    Etwas Finsteres, Formloses begann über Midwailers Hand zu kriechen, erreichte den Schaufelstiel und lief daran hinab. Als die Masse das glühende Blatt der Schaufel erreichte, wurde ein leises Zischen hörbar. Für einen Moment stank es durchdringend nach verbranntem Fleisch. Das Ding, das aus Midwailer hervorgekrochen war, zog sich mit einem schmerzhaften Zucken zurück und verharrte einen Moment reglos. Dann fiel es zu Boden, lange, schleimig glitzernde Fäden hinter sich herziehend.
    Sekundenlang blieb es liegen, als müsse es Kraft sammeln, dann kroch es weiter, wobei es sich mehr und mehr in die Länge zog. Aus dem glitzernden Klumpen wurde ein Fladen, dann eine schwarze, warzige Schlange, schließlich ein schimmernder Faden, der wie ein blinder Wurm über die Lok und den Tender kroch, sich lautlos zwischen den Kohlen hindurchschlängelte und schließlich das Ende der Lok erreichte. Noch immer war er mit Midwailers Arm verbunden und so würde es auch bleiben.
    Als er schließlich, unendlich behutsam über die Kupplung und die gegeneinander ruckenden Stoßfänger der Wagen kriechend, den ersten Waggon erreichte, war er nicht mehr sehr viel dicker als ein Haar. Und die Dunkelheit ließ ihn unsichtbar werden.
    Aber er kroch weiter.
     
    Cody hatte mir ein leer stehendes Abteil zugewiesen, das nur wenige Schritte von dem entfernt lag, das er sich mit Sitting Bull und Bodine teilte; allerdings am entgegengesetzten Ende zu dem Annie Oakleys. Ob dies Zufall, Nonchalance oder banale Eifersucht war, vermochte ich nicht zu beurteilen.
    Es interessierte mich im Moment auch nicht sonderlich. Ich hatte keine weitere Vision von Sitting Bull aufgefangen, obwohl ich ihm auf dem Weg zum Zugende sehr nahe gekommen war, aber ich spürte einfach, dass der alte Indianer weit mehr als eine lebende Legende war.
    Ich musste mit ihm reden, allein. Koste es, was es wolle. Ich hatte sogar die Möglichkeit erwogen, Cody einfach zu sagen, was ich erlebt hatte, und Sitting Bull so zu zwingen, endlich mit mir zu reden.
    Aber ich hatte sie fast ebenso schnell wieder verworfen. Wenn Cody und Bodine wussten, welches Geheimnis Sitting Bull umgab, würden sie kaum mit einem Fremden wie mir darüber reden. Und wenn sie es nicht wussten, würden sie mich schlichtweg für verrückt erklären. Sonderbar genug dazu hatte ich mich bisher ja schon benommen.
    Aber es gab noch eine Möglichkeit und sie war so banal, dass ich mich fragte, warum ich nicht längst von selbst darauf gekommen war. Ich musste mit Sitting Bull sprechen, gut. Und es gab einen Ort hier im Zug, den auch er allein aufsuchen musste, früher oder später. Die Toiletten. Wenn alles andere nicht half, würde ich mich eben auf dem Wege dorthin postieren und ihn abfangen.
    Ich wartete ab, bis es im Abteil nebenan ruhig geworden war, dann stand ich wieder auf, schlüpfte in meine Jacke und trat auf den Gang hinaus.
    Alles um mich herum war still. Draußen war es längst dunkel geworden und abgesehen vom monotonen Rattern der eisernen Räder drang nicht der mindeste Laut an mein Ohr.
    Für eine Weile blieb ich

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