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Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons

Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons

Titel: Hexer-Edition 12: Die Hand des Dämons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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haben, ohne Absender und mit zahlreichen Schreibfehlern, die auf eine mangelnde Schulbildung des Absenders hinwiesen. Die Berichte über die Arbeitsmethoden in den Webereien und Spinnereien, deren Hauptaktionär ich war, klangen alarmierend. Sie hatten mich betroffen gemacht. Von einer unbarmherzigen Ausbeutung, von Kinderschwerstarbeit und Missachtung auch der geringsten demokratischen Rechte war die Rede gewesen. Aber der Kampf gegen die GROSSEN ALTEN und ihre dämonischen Helfer hatte mich so auf Trab gehalten, dass ich nicht dazu gekommen war, mich darum zu kümmern, und schließlich hatte ich den Brief schlichtweg vergessen, wie ich mir schuldbewusst eingestand. Nicht einmal, als ich von Bord der NAUTILUS gegangen war und beschlossen hatte, einen Zwischenstopp in Arcenborough einzulegen, hatte ich mehr daran gedacht. Erst Jeffs Worte riefen mir das Schreiben wieder in Erinnerung.
    Gegen die weit verbreiteten Missstände in anderen Betrieben war ich machtlos, aber in meinen eigenen war ich entschlossen, für eine Einhaltung der Menschenrechte zu sorgen.
    »Setz dich«, forderte ich den Jungen schon etwas freundlicher auf. »Ich nehme an, du hast mir etwas sehr Wichtiges zu erzählen, wenn du unter diesen Umständen bei mir eindringst.«
    Jeff nickte. Er rutschte ungeduldig auf seinem Sessel hin und her und musterte mich aufmerksam. Er schien von mir ebenso überrascht zu sein, wie der Wirt es gewesen war. Auch ich musterte ihn mit unverhohlener Neugier. Ein schwacher Geruch nach ätzenden Bleichmitteln hing ihm an und zeigte, dass er trotz seiner Jugend bereits in den Färbereien arbeitete. Seine Kleidung war schäbig und ärmlich, sein schmales Gesicht trotz seiner Jugend verhärmt. Die braunen Augen zeigten einen Ausdruck von Erfahrung, über die er in seinem Alter eigentlich noch gar nicht verfügen durfte. Irgendwie erinnerte er mich an mich selbst, wie ich noch vor wenigen Jahren gewesen war. Ich musste damals ähnlich ausgesehen haben. Auch meine Jugend war alles andere als ein Kinderspiel gewesen. In den Slums von New York wurde man früh erwachsen.
    Unser Schicksal schien sich ähnlich und ich spürte eine Woge von Sympathie für den Jungen in mir aufsteigen. »Wie alt bist du, Jeff?«, erkundigte ich mich mit sanfter und ein wenig väterlicher Stimme, über die ich mich selbst ärgerte.
    »Fünfzehn, Sir.«
    Ich nickte nachdenklich. »Lass den Sir weg«, sagte ich. »Und dann erzähle mir endlich, was in Arcenborough vorgeht.«
    Er blickte sich furchtsam um, wie um sich zu vergewissern, dass es wirklich keine unliebsamen Mithörer gab, und senkte dann den Blick.
    »Schlimme Dinge«, murmelte er. Ein Ruck ging durch seine Gestalt; er straffte sich. »Einiges habe ich Ihnen schon in dem Brief angedeutet. Er war bestimmt nicht leicht zu lesen. Ich war nie in einer Schule und hab’ mir das Lesen und Schreiben selbst beigebracht. Ganz Arcenborough gehört der ATC. Selbst die Polizei macht nur, was die Gesellschaft befiehlt.« Er legte eine kurze Pause ein, wie um seinen Worten größeres Gewicht zu verleihen. »Wir sind nichts anderes als Sklaven, Arbeitsvieh!«
    Er starrte mich eindringlich an. Seine Augen schienen zu brennen. Fast eine Viertelstunde sprach er und mit jedem Wort begann ich mich mehr zu schämen.
    Ich war bestürzt und senkte den Kopf, weil ich seinem Blick nicht mehr standhalten konnte. Sicher, ich hatte nicht gewusst, dass die Zustände so schlimm waren, aber das sprach mich nicht von meiner Mitschuld frei. Ich hatte das finanzielle Erbe Roderick Andaras übernommen, ohne mich bislang weiter darum zu kümmern. Mittlerweile bedauerte ich nicht mehr, dass ich persönlich gekommen war.
    »Ich … ich habe das nicht gewusst«, sagte ich leise. Es war eine reichlich schwache Entschuldigung.
    In Jeff Conroys Augen flammte es auf.
    »Das glaube ich Ihnen«, sagte er. »Sie machen nicht den Eindruck eines Geldschinders. Sie haben in London wahrscheinlich immer nur zufrieden das Geld eingestrichen, das hier aus uns herausgepresst worden ist. Manchmal müssen schon die Zwölfjährigen in den Webereien körperliche Schwerstarbeit leisten und viele sterben, ehe sie zwanzig sind. Ihre Körper können erst gar nicht heranwachsen. Kaum jemand in Arcenborough wird viel älter als dreißig Jahre. Bis dahin sind sie entweder in den Färbereien erstickt oder haben sich ihre Gesundheit durch die Arbeit an den verdammten Stoffen ruiniert. Manche fallen einfach tot um. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, die

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