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Hexer-Edition 14: Necron - Legende des Bösen

Hexer-Edition 14: Necron - Legende des Bösen

Titel: Hexer-Edition 14: Necron - Legende des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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für den Bruchteil einer Sekunde über der Wüste aufblitzte, gigantisch und dräuend und in den Farben des Wahnsinns gehalten.
    Hätte ich auch nur einen winzigen Moment klar über meine Beobachtung nachgedacht oder gar mit einem der anderen darüber geredet, wäre mir klar geworden, dass ich nichts anderes als eine Luftspiegelung beobachtet haben konnte, vielleicht nicht einmal das, sondern nur ein Trugbild, das mir mein Unterbewusstsein vorgaukelte.
    Aber ich dachte in diesem Moment nicht mehr.
    Das Bild war längst verschwunden, aber es stand immer noch vor meinen Augen. Und dann sah ich noch etwas: ein schmales, von schulterlangem Haar eingerahmtes Gesicht, dunkle Augen, in denen ein verzweifeltes Flehen stand …
    Priscyllas Gesicht!
    Ich blieb stehen, wandte mich um und blickte zu den anderen hinüber. Unsere kleine Kolonne war auseinander gefallen; zwischen mir und Sitting Bull, der als Vorletzter ging, lagen gut fünfzehn Schritte. Niemand sprach, niemand blickte in meine Richtung.
    Ich zögerte eine einzelne, endlose Sekunde.
    Dann fuhr ich abermals herum und rannte zurück in die Richtung, in der der Berg und die Drachenburg lagen.
    Geradewegs in die hitzezerkochte Endlosigkeit der Mojave-Wüste hinein …
     
    Es hatte nur Sekunden gedauert. Aber es waren Sekunden, die Reynaud de Maizieres in seinem ganzen Leben niemals mehr vergessen sollte. Als Letzter der insgesamt sechs Männer war er in das Grauen erregende Gebilde getreten, das Bruder Balestrano mit dem harmlosen Namen Tor bezeichnet hatte, und für Sekundenbruchteile hatte er nichts außer einem blendenden, giftgrünen Licht wahrgenommen, einen grellen Schein, in dem sich sein Körper auflöste, wie er es bei den vor ihm gehenden Männern beobachtet hatte.
    Er hatte sich herumgedreht, um noch einmal zu Balestrano zurückzublicken, aber der Schrank und der fensterlose Raum waren verschwunden gewesen; hinter ihm hatte sich das gleiche wahnsinnig machende grüne Etwas gestreckt und gebogen, das er schon zuvor beobachtet hatte, ein grässlicher lebender Schlauch, aus dessen Wänden gestaltlose Dinge nach ihm und den Männern griffen. Der Boden unter seinen Füßen hatte gezittert und gebebt und manchmal schienen riesige, lippenlose Münder nach ihm zu schnappen. Etwas Unsichtbares, Feuchtes und Warmes war über sein Gesicht geglitten, und während er von unsichtbaren Händen durch den Schlauch gezerrt und geschleudert wurde, jagten dunkle Schlünde an ihm vorbei, Abzweigungen, die geradewegs in den Wahnsinn führten. Balestranos Warnung fiel ihm wieder ein und er widerstand der Versuchung, auch nur einen Blick in diese anderen Welten zu werfen.
    Dann war es vorbei, so schnell, wie es begonnen hatte. Ein heller, pulsierender Fleck erschien am Ende des Tunnels, raste mit unglaublicher Geschwindigkeit auf Reynaud de Maizieres zu – und spie ihn auf einen schmalen, felsigen Sims.
    Vor Überraschung verlor der Tempelritter das Gleichgewicht. Er fiel, stürzte auf Hände und Knie herab und warf sich mit einem krächzenden Schrei zurück, denn dicht vor ihm gähnte ein gut hundert Meter tiefer Abgrund, dessen Boden mit nadelspitzen Felsdornen gespickt war.
    Eine Hand packte ihn bei der Schulter, riss ihn in die Höhe und ein Stück vom Rande des Felsabbruches zurück. Reynaud sah das Gesicht eines Templers vor sich, bleich vor Schrecken. Mit einem dankbaren Nicken streifte er die Hand des Mannes ab, fuhr sich glättend über das Haar und sah sich um.
    Sie standen an der Flanke eines zerborstenen, annähernd lotrecht in die Höhe strebenden Berges. Der schmale Sims, auf dem sie herausgekommen waren, zog sich auf eine Strecke von vielleicht hundert Schritten unverändert am Berg entlang, machte dann einen scharfen Knick nach rechts und ragte, zum Anfang einer geländerlosen Brücke werdend, gute zehn Schritte ins Nichts hinaus, ehe er entlang einer zerborstenen Bruchkante endete. Reynaud de Maizieres schauderte. Einen Schritt weiter und …
    Er zwang sich, den Gedanken nicht zu Ende zu denken, sondern wandte sich mit einem Ruck wieder um und sah den Mann an, der ihm auf die Füße geholfen hatte. »Ich danke dir, Bruder«, sagte er, wenn auch mit einiger Verspätung. Der Mann nickte stumm.
    »Wie geht es weiter?«, fragte Reynaud.
    Wieder antwortete der Mann ohne zu sprechen. Seine Hand deutete auf den Sims, dann auf die zersplitterte Felsbrücke hinauf und weiter nach Osten, direkt ins Nichts hinein. Reynaud de Maizieres’ Herz schien einen schmerzhaften

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