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Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gelbe Augen funkelten mich listig an, gewaltige Ohren winkten mir zu. Die Haut des unglaublichen Wesens war von dunklem Braun und ähnelte einer zerklüfteten Kraterlandschaft, so sehr war sie von Falten und Runzeln übersät.
    Durch die Nase – vielmehr eine rot schimmernde Kartoffel, die ein launischer Gott anstelle einer Nase in das quadratische Gesicht gepflanzt hatte – zog sich ein metallener Ring. Auf dem Kopf der Kreatur wucherten meterlange weiße Haare, die – wie von einem unsichtbaren Wirbel erfasst – wild umherflatterten.
    Trotz des unglaublichen Anblicks floh ich nicht laut schreiend aus dem Zimmer. So fremdartig das Wesen auch aussah, böse wirkte es nicht. Eher auf eine schwer zu beschreibende Weise komisch.
    Eine türkisblaue Zunge huschte über wulstige volle Lippen, während das Ding Schwung nahm und den Blütenkelch wie eine Schaukel auf mich zupendeln ließ. »Du bist auch nicht gerade eine Schönheit«, brummelte es und musterte mich von oben bis unten. »Viel zu kleine Ohren und deine Nase ist ja kaum zu sehen … Die weiße Strähne in deinem Haar ist ganz nett«, fügte es hinzu.
    Es kann meine Gedanken lesen!, durchfuhr es mich.
    »Klar doch. Eine meiner leichtesten Übungen.« Es lachte wieder, so laut und hell, dass die Oberfläche des Spiegels in leichte Schwingungen versetzt wurde. »Du heißt Craven, Robert Craven, stimmt’s? Freut mich, dich kennen zu lernen, Robert.«
    Langsam gewann ich meine Fassung zurück. Und allmählich wurde mir auch klar, dass ich nicht etwa auf meinem Bett lag, in einem wilden Traum gefangen. Dieses Wesen war echt! Und es war verantwortlich für all die Missgeschicke, die mir heute widerfahren waren! »Wer … wer bist du?«, fragte ich vorsichtig.
    »Oh, entschuldige, ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt.« Das Wesen versuchte in seinem Blütenkelch aufzustehen, verlor die Balance und plumpste mit einem Keuchen zurück zwischen die Blätter. »Jumpel!«, quetschte es zwischen zusammengebissenen, schiefen Zähnen hervor und gewann langsam wieder eine stabile Lage. Dann räusperte es sich und reckte die unförmige Nase hoch in die Luft.
    »Mein Name wird seit Äonen in allen elf Dimensionen voller Achtung und Ehrfurcht ausgesprochen, Sterblicher«, sinnierte es mit erhobener Stimme und schwang die haarigen Ärmchen theatralisch hin und her. »In allen Wurzelhöhlen des Diesseits und Jenseits spricht man von den unvergleichlichen Heldentaten des großen Abn el Gurk Ben Amar Chat Ibn Lot Fuddel den Dritten. Du kannst mich Gurk nennen.«
    Für einen Moment wusste ich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Da bedrohten ein Golem und eine Armee Untoter das Leben von Millionen Menschen, mir stand ein Kampf bevor, von dem ich nicht einmal wusste, ob ich ihn lebend überstehen konnte, und dann taucht dieser … dieser Gurk auf und brachte mir nichts als Unglück. Ein kleiner, größenwahnsinniger Kobold, der nur Schabernack im Sinn hatte und seine skurrilen Launen offenbar allein an mir auslassen konnte.
    Ich musste ihn loswerden, noch vor heute Abend.
    »Du enttäuschst mich«, knurrte Gurk aus seinem Spiegel heraus. »Will mich loswerden! Ha! Stell dir das mal nicht zu leicht vor! Den alten Abn el Gurk Ben Amar Chat Ibn Lot Fuddel den Dritten legt man nicht so schnell herein. Jetzt, wo die Flasche zerbrochen ist -«
    Die Flasche! Natürlich, das war es! Die Flasche, die mir in dem unseligen Labor in die Hände gefallen war und die ich vor meinen Füßen hatte zerspringen lassen! Deshalb also hatte die Flamme mich nicht verbrannt. Es war ein kaltes, magisches Feuer gewesen, der gefangene Geist dieses Kobolds. Und ich hatte ihn frei gelassen …
    »Schnelldenker.« Gurk betrachtete versonnen seine sorgsam manikürten Fingernägel, dann kratzte er sich den fetten Wanst damit. »Bist ein helles Köpfchen. Nun aber zu wichtigeren Themen.« Er blickte mich aus seinen runden Eulenaugen treuherzig an. »Was unternehmen wir heute Abend? Ich muss mich mal so richtig austoben. Zweihundert Jahre in einer stinkenden Salmiakflasche zu verbringen, ist nicht gerade das Gelbe vom Ei, weißt du?« Er beugte sich vornüber, wartete, bis die Blüte die Oberfläche des Spiegels erreicht hatte – und sprang mit einem Satz geradewegs durch ihn hindurch und vor meine Füße. Wenn Howard oder Rowlf jetzt doch nur ins Zimmer gekommen wären!
    »Und selbst wenn«, sagte Gurk fast mitleidig und sah zu mir hoch. Er reichte mir gerade bis zum Knie. Sein weißes Haar zuckte in

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