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Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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meine Richtung und wickelte sich schlangengleich um meine Beine. »Die können mich ohnehin nicht sehen«, fuhr er fort. »Dieses Privileg ist allein dir vorbehalten, Robert. Ich bin sozusagen dein … äh – persönlicher Gnom. Und so was hat nicht jeder«, fügte er stolz hinzu. »Schätze dich glücklich.«
    Resignierend ließ ich mich auf mein Bett zurücksinken. Dieser Gurk brachte es gewiss noch fertig, mich in den Wahnsinn zu treiben …
    »Keine Vorschusslorbeeren bitte«, tönte er und warf sich in die Brust. »Das ist mir erst bei acht Leuten gelungen. Mal sehen – wenn du kooperativ bist, lässt sich da bestimmt was machen …«
    Mein Mut sank mit jedem meiner Worte. »Hast du noch mehr Überraschungen auf Lager?«, fragte ich seufzend. Im gleichen Moment wurde mir klar, dass die Frage höchst überflüssig war. Er hatte welche und gewiss keine angenehmen.
    »Lass dich einfach überraschen, mein großer Freund«, kicherte Gurk in wilder Vorfreude. Und während das Bett unter mir zusammenbrach, verschwand er, löste sich langsam in Luft auf, bis nur noch seine Eulenaugen im Raum schwebten. Er zwinkerte mir noch einmal verschwörerisch zu, dann war ich allein im Zimmer.
    Ich machte mir nicht die Mühe, die Trümmer meines Bettes wieder zusammenzubauen; wer weiß, was mir dabei noch alles widerfahren wäre. So blieb ich einfach liegen und schloss die Augen.
    Die Erschöpfung forderte ihren Tribut. Nach wenigen Atemzügen schon war ich eingeschlafen. Und träumte von einem hässlichen, braunhäutigen Zwerg, der mir auf dem Kopf herumtanzte, während Abertausende von Leichen durch die Straßen Londons quollen …
     
    »Nein, mein Kleiner, wir bleiben zusammen«, brummte der Alte und klopfte sanft das Fell seines vierbeinigen Freundes. »Und wenn die Kerle vom Asyl keine Hunde reinlassen wollen, suchen wir uns eben hier draußen irgendwo ein gemütliches Plätzchen, wo wir übernachten können.«
    Die kleine Promenadenmischung, die um seine zerschlissenen Hosenbeine herumhüpfte, sah ihn fast verstehend an und bellte einmal hell und spitz. Dann raste der Hund wieder voraus und sprang über Baumstümpfe und den dünnen Bachlauf, der sich schlangengleich durch die abgeholzte Schonung wand.
    Der Alte folgte ihm gemächlich und sah sich um. Es war ein herrlicher Sommertag. Die Sonne stand noch sehr hoch, obwohl es schon an die drei Uhr sein musste, und brannte aus einem wolkenlosen Himmel auf die Erde nieder. Aus dem nahen Wäldchen erklang das Konzert der Vögel und das spitze Bellen seines kleinen Freundes warf lustige Disharmonien in ihren Gesang.
    Der Alte lächelte und nahm das Bündel und die aus unzähligen Flicken zusammengesetzte Jacke auf die andere Schulter. Vor einer halben Stunde hatten sie die letzten Häuser der Stadt hinter sich gelassen. Wenn die Wärter in den Londoner Obdachlosenasylen so herzlos waren, vom ihm zu verlangen, Hund draußen in der Dunkelheit zurückzulassen, während er sich in einem Bett ausstreckte, so sollten sie auch auf seinen Penny verzichten. Die Nacht würde warm und sternenklar werden und hier draußen fand er gewiss einen Platz, wo ihn kein Bobby aufstöbern und verjagen konnte.
    Für einen Moment hatte er Hund aus den Augen verloren. Als er aufblickte, war sein kleiner Begleiter nirgends mehr zu sehen. Er blieb stehen und fuhr sich mit der Hand über den wilden Bart. Dann schob er den gewaltigen Schlapphut in die Stirn und sah sich suchend um.
    »Hund!«, rief er. »Wo steckst du denn, Kleiner? Komm her!«
    Von rechts, aus dem Wäldchen, kam aufgeregtes Bellen. Der Alte grinste und schritt weit aus. Auf Hund war Verlass. Gewiss hatte er einen guten Platz gefunden, wo sie beide den Kanten Brot essen konnten, den er an einer Haustür erbettelt hatte, und die Flasche Wein trinken, die er auf dem Markt hatte stibitzen können. Er fegte ein paar tief hängende Zweige zur Seite und tauchte in den Schatten der hohen Bäume ein. Hier war es beinahe dunkel; nur vereinzelt fielen dünne Sonnenstrahlen durch das dichte Laubwerk und spielten mit dem Staub, den der Alte aufwirbelte. Der Boden war weich und seine Füße sanken last vollständig in feuchtem Moos und Fichtennadeln ein.
    Dann sah er Hund. Der kleine Mischling saß vor dem Eingang einer natürlichen Höhle und wedelte aufgeregt mit dem Schwanz. Über seinem Kopf tanzten ganze Schwärme von Mücken.
    Der Alte schüttelte lächelnd den Kopf. »Aber nicht doch, Freund«, sagte er sanft. »Bei diesem Wetter brauchen wir

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