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Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York

Titel: Hexer-Edition 15: Der Koloss von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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blieb abermals stehen. Ganz langsam drehte es den Kopf, blickte in Rosenbergs Richtung und hob die rechte Hand.
    »Komm her«, sagte die junge Frau.
    Es war wie ein Hieb. Rosenberg spürte, wie die Angst, die ihn bisher gelähmt hatte, etwas Stärkerem, Fürchterlichem wich, für das er keine Worte hatte. Er wollte schreien, herumfahren und seine Lampe davonschleudern und zum Strand hinunterrennen, um sich kopfüber ins Wasser zu werfen und davonzuschwimmen, ungeachtet des schwarzen Kolosses, der irgendwo dort draußen im Nebel lauerte, und ungeachtet der Tatsache, dass die Entfernung zum Ufer zum Schwimmen viel zu weit war. Aber selbst der sichere Tod schien ihm noch besser, als dem Klang dieser entsetzlichen Stimme zu gehorchen.
    Aber er tat nichts von alledem.
    Stattdessen ließ er seine Lampe fallen, trat mit einem unsicheren Schritt aus dem Nebel heraus und begann auf die junge Frau zuzugehen. Plötzlich begriff er, dass sie die ganze Zeit über gewusst haben musste, dass er da war.
    Und dass er vom ersten Moment an keine Chance gehabt hatte.
    Irgendetwas Entsetzliches würde geschehen, wenn er das Mädchen erreichte. Etwas, das schlimmer, viel, viel schlimmer als der Tod war. Und trotzdem war es ihm unmöglich, stehen zu bleiben. Mit ruhigen, gemessenen Schritten ging er weiter, bis er nur noch zwei Schritte von der Frau entfernt war.
    »Komm«, sagte sie noch einmal. Sie lächelte.
    Dann wandte sie sich um und trat in das grüne Leuchten hinein, das das Innere der Statue ausfüllte.
    Rosenberg folgte ihr.
     
    Es war sonderbar – hinter uns lag die Stadt, die selbst um diese nächtliche Stunde noch ein Lichtermeer war, und der Mond stand zwar nicht voll, aber doch deutlich sichtbar an einem wolkenlosen Himmel. Aber über dem Strand lag eine schon fast unheimliche Finsternis; eine Schwärze, die allein mit der Nacht und dem leisen Hauch von Nebel, der auf dem Wasser lag, kaum mehr zu erklären war. Außerdem war es kalt. Ganz ekelhaft kalt.
    Nun, was das anging, mochte es durchaus sein, dass mich nur mein Körper auf diese Weise daran erinnerte, dass es mittlerweile deutlich auf fünf Uhr morgens zuging und ich einen reichlich strapaziösen Tag hinter mir hatte. Und die scheinbar so unnatürliche Finsternis mochte nichts anderes sein als eine kleine Bosheit meines Unterbewusstseins, mit der es die Furcht ausdrückte, die sich darin eingenistet hatte.
    Oder es war tatsächlich einfach kalt und dunkel und ich hatte mich in den letzten Monaten so daran gewöhnt, um mindestens drei Ecken zu denken, dass ich schon gar nicht mehr anders konnte, als in alles und jedes finstere Geheimnisse hineinzudeuteln. Was die wahrscheinlichste Erklärung war.
    Ich verscheuchte den Gedanken und schritt kräftiger aus, um zu Mel aufzuschließen, der ein Stück vorausgegangen war und immer wieder in der Dunkelheit zu verschwinden drohte. Obwohl er das Knirschen meiner Schritte auf dem groben Sandstrand deutlich hören musste, tat er so, als bemerkte er es nicht. Selbst als ich neben ihm angelangt war, starrte er weiter stur geradeaus.
    »Einen Penny für deine Gedanken, Mel«, sagte ich lächelnd.
    Er bequemte sich jetzt doch mich anzusehen, blieb aber vollkommen ernst. Seit wir die Gasse, in der Nick gestorben war, verlassen hatten, hatte er kein Wort mehr geredet; weder mit mir noch mit Howard und Rowlf, die jetzt drei Schritte hinter uns gingen. Ich konnte es ihm nicht einmal verübeln, denn selbst nach dem Wenigen, was ich ihm notgedrungen hatte anvertrauen müssen, gab es für einen Mann wie ihn wohl nur zwei Möglichkeiten – die eine war, dass er sich von Howard und mir gehörig auf den Arm genommen fühlte, und die andere, dass sein gesamtes Weltbild zusammenzubrechen begann. Keine dieser beiden Alternativen konnte ein sehr angenehmes Gefühl sein. Das hieß – es gab noch eine dritte Möglichkeit: nämlich die, dass er Howard, Rowlf und mich für total meschugge hielt.
    »Spielt es eine Rolle, was ich denke?«, fragte er schließlich, als ich schon gar nicht mehr mit einer Antwort rechnete. »Ich tue, was du willst. Wir sind gleich da.«
    Unwillkürlich sah ich auf, erkannte aber nicht mehr als einen flachen, im blassen Licht der Nacht weiß aussehenden Sandstrand, auf den Nebel hinaufgekrochen war, sodass der Blick nur wenige Dutzend Schritte weit reichte.
    »Es ist mir wichtig, dass du mir glaubst, Mel«, sagte ich.
    »Und wenn ich es tue?« Mel schnaubte. »Wer sagt dir, dass ich es will, Bob? Wer sagt dir, dass ich

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