Hexer-Edition 16: Stirb, Hexer!
öffneten, und die Stimmen wurden abermals lauter, waren aber noch immer nicht deutlicher zu verstehen – was nun allerdings eindeutig daran lag, dass sie sich nicht der englischen Sprache bedienten, sondern eines Idiomes, das Frankenstein zwar vage bekannt vorkam, das er aber nicht verstand. Ein kurzer, steil in die Tiefe führender Treppenschacht nahm sie auf. An seinem Ende befand sich eine zweite, offen stehende Tür.
Frankensteins Herz begann schnell und fast schmerzhaft hart zu schlagen, während er hinter Rowlf die ausgetretenen Stufen hinunter schlich. Seine ganze Situation kam ihm mit jeder Minute lächerlicher vor – was zum Teufel tat er hier eigentlich? Er war drauf und dran, sich nicht nur in ein Abenteuer – gegen das er im Prinzip nichts einzuwenden gehabt hätte – zu stürzen, sondern in einen höchst unerfreulichen Tod, denn wenn in dem Raum dort unten noch mehr der bizarren Maschinenmenschen warteten, dann würden ihnen auch Rowlfs Riesenkräfte nicht mehr weiterhelfen. Und Frankenstein hatte das sichere Gefühl, dass sie ihr Glück zu sehr strapaziert hatten, um auf ein abermaliges Entkommen rechnen zu können.
Aber es war zu spät für solcherlei Überlegungen, denn in diesem Moment, fast als hätte er seine Gedanken gelesen, sprang Rowlf mit einem gellenden Schrei durch die Tür.
Bruder Carlsen und er hatten die Maschine in den Salon im oberen Stockwerk geschafft, wie Sarim de Laurec es ihnen befohlen hatte, und vor einer Stunde waren die anderen gekommen.
Seither warteten sie.
Es war sehr still in diesem großen, unheimlichen Haus. Nicht der mindeste Laut drang von der Straße herein und die einzigen Geräusche, die Bruder Allisdale seit einer geraumen Weile hörte, waren das regelmäßige Klicken und Summen der Maschine und das Ticken der bizarren Standuhr, die wie ein ganz bewusst hässliches Monstrum in einer Ecke des großen Raumes hockte.
Allisdale wusste nicht, welches der beiden Dinge ihm mehr Angst einjagte: dieses Ungeheuer von Uhr mit seinem großen und den drei kleinen Ziffernblättern, die alles mögliche anzeigen mochten, nur nicht die Zeit, oder die Maschine, die reglos in einem Sessel hockte wie eine perfide Verhöhnung der menschlichen Form, die ihr Vorbild gewesen war. Nicht zum ersten Mal, seit er in Sarim de Laurecs Dienste getreten – nun ja, im Grunde getreten worden – war, fragte er sich, ob ihr aller Tun wirklich richtig war. Konnte etwas so Gotteslästerliches wie eine Mensch-Maschine wirklich dem wahren Zweck dienen?
Und nicht zum ersten Mal, seit er Gedanken solcher Art dachte, schien irgendetwas Unsichtbares, Böses durch sein Bewusstsein zu fahren und jede Spur von Zweifel hinwegzufegen. Von einer Sekunde auf die andere konzentrierte er sich wieder auf die Dinge, um derentwillen er hergekommen war.
»Die Zeit ist längst überschritten, Brüder«, sagte er. »Wir können nicht länger warten. Der Meister muss in Gefahr sein, sonst hätte er uns längst eine Nachricht zukommen lassen.«
Im ersten Moment antwortete keiner der anderen, obgleich Allisdale wohl nur ausgesprochen hatte, was sie alle dachten. Dann, nach einer Weile, stand der Däne Carlsen auf und rückte mit einer demonstrativen Bewegung sein Schwert zurecht. »Du hast Recht, Bruder Allisdale. Wir sind gekommen, um diese Stätte des Teufels zu vernichten. Also lass uns nach oben gehen und nachsehen, was den Meister davon abgehalten -«
»Möglicherweise«, unterbrach ihn Bruder Jackson ruhig, »wird den Meister absolut nichts mehr davon abhalten, dir die Zähne in den Hals zu schlagen, Carlsen.« Er grinste, erhob sich ebenfalls und machte erst eine Kopfbewegung auf die Maschine, dann zur Decke. »Unser Auftrag lautet, auf dieses Ding da aufzupassen und Sarim de Laurec nicht zu stören, nicht wahr? Allenfalls noch, ihn vor allzu neugierigen Fremden zu schützen, die vielleicht hierher kommen. Von Hinaufgehen hat er nichts gesagt. Jedenfalls mir nicht.«
Allisdale blickte den Yankee zornig an. Er konnte Jackson nicht leiden und er hatte nie einen Hehl daraus gemacht. Umso mehr ärgerte es ihn, dass er so augenscheinlich Recht hatte …
»Was fällt dir ein, in einem solchen Ton über den Meister zu reden?«, fauchte er.
Jackson grinste. »Warum nicht? Er hört es doch nicht, oder?«
Allisdale setzte zu einer wütenden Entgegnung an, presste aber dann nur die Kiefer aufeinander und wandte sich mit einem Ruck ab. Jackson wollte eine Konfrontation mit ihm provozieren, das war klar.
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