Hexer-Edition 16: Stirb, Hexer!
glühende Lava verwandelt haben.
Und dann sah er das Licht, einen grünen, unheimlichen Schimmer, sehr mild, aber trotzdem so hell, dass er selbst durch seine geschlossenen Lider drang und ihn jede winzige Einzelheit in seiner Umgebung mit phantastischer Klarheit erkennen ließ. Träge wie leuchtendes Wasser breitete sich der Schein in Schwaden im Raum aus, bildete Schlieren und vergängliche Formen, wuchs und dehnte sich in einem sonderbar pulsierenden, unheimlichen Rhythmus aus, bis er jeden Quadratzoll des Dachbodens auszufüllen schien.
Für einen Moment hatte Sarim de Laurec das Gefühl, dem Ringen zweier gleich starker, ungeheuerlicher Kräfte beizuwohnen, einem Kampf, der vollkommen lautlos, aber mit unbarmherziger Kraft geführt wurde.
Und was immer es war, das ihm half, es gewann.
Das Licht erlosch, zusammen mit dem Schmerz, und als er die Augen öffnete, war der Speicher wieder normal, die Wände dort, wo sie sein sollten, und auch die Höhe der Decke stimmte wieder. Mit einem erleichterten Seufzen schloss Sarim erneut die Augen, ließ sich zurücksinken und atmete gezwungen tief und ruhig ein und aus. Irgendetwas in ihm regte sich; ein Gefühl, als würde ein großes finsteres Tier in seine Höhle zurückkriechen und sich – erschöpft, aber zufrieden – zusammenrollen.
Und plötzlich begriff er. Seine Hilferufe waren erhört worden. Es war das Ding in seinem Kopf gewesen, die neue Macht, die ihm geholfen hatte, den Schutzzauber dieses verfluchten Hauses zu überwinden. Ein Gefühl tiefer Dankbarkeit durchströmte ihn.
Als er sich nach einer Weile wieder erhob, war das Zittern seiner Hände verschwunden. Sein Gesicht war noch bedeckt mit eingetrocknetem Blut, aber er war wieder ruhig und gefasst und sein Atem ging regelmäßig.
Trotzdem hatte er noch lange nicht seine alten Kräfte zurückgewonnen. Er fühlte sich müde und ausgebrannt; jede noch so kleine Bewegung bedeutete eine Anstrengung. Doch Sarim war trotzdem so erleichtert wie noch nie zuvor in seinem Leben. Er hatte seinen Feind vernichtet und fühlte sich jetzt stark genug, auch den zweiten Teil seines Planes in die Tat umzusetzen.
Aufmerksam sah er sich in der Dachkammer um. Die Tatsache, dass er keinen Ausgang entdecken konnte, irritierte ihn noch immer, aber sie beunruhigte ihn nicht wirklich. Er war in diese Kammer hereingekommen, irgendwie, und er würde wieder herauskommen, irgendwie.
Sein Blick blieb auf dem Gemälde Roderick Andaras hängen, das er zuvor schon einmal bemerkt hatte. Er wollte sich schon wieder umwenden und in seiner Inspektion fortfahren, aber irgendetwas bewegte ihn dann doch, noch einmal und etwas genauer hinzusehen.
Das Bild war …
Sarim de Laurec fand keine passenden Worte, um den sanften Schauder zu beschreiben, der ihn beim Anblick des Bildes überfiel. Zu Anfang hatte er es für ein möglicherweise künstlerisch gelungenes, seinem Vorbild jedoch nicht sonderlich ähnliches Gemälde gehalten. Jetzt …
Ja, dachte er schaudernd – jetzt wirkte es so lebensecht, als wolle Roderick Andara jeden Augenblick aus seinem Rahmen heraustreten …
Schon der Garten war ein Albtraum gewesen, Rowlf hatte gar nicht erst versucht, das Haus durch den Vordereingang zu betreten, sondern Frankenstein mit Gesten zu verstehen gegeben, es ihm gleich zu tun und den Zaun zu übersteigen, um sich dem Haus von der Rückseite her zu nähern. Insgesamt hatten sie sicher nicht mehr als fünf Minuten gebraucht, den parkähnlichen, aber vollkommen verwilderten Garten zu durchqueren und die kleine Hintertür zu erreichen – aber es waren fünf Minuten gewesen, die Frankenstein hinterher wie eine Ewigkeit vorgekommen waren.
Der Garten schien … lebendig.
Es war absurd, durch nichts zu belegen und vollkommen unlogisch – aber bei jedem Schritt hatte Viktor Frankenstein das immer heftiger werdende Gefühl verspürt, beobachtet zu werden, belauert von Augen, die unsichtbar, aber sehr wach waren und denen keine noch so kleine Bewegung entging, die er machte. Genau so, dachte er hinterher, musste sich ein Kaninchen fühlen, das unter dem Blick der Schlange erstarrte. Nein – schlimmer noch. Das Kaninchen konnte seinen Feind wenigstens sehen, während die … Dinge, die ihn und Rowlf belauerten, unsichtbar blieben.
Zu Rowlfs Überraschung – die er nach Kräften zu verbergen suchte, was ihm freilich nicht gelang – fanden sie die Tür unverschlossen. Und das unheimliche Gefühl, sich in der Nähe von etwas Unsichtbarem, aber
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