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Hexer-Edition 16: Stirb, Hexer!

Hexer-Edition 16: Stirb, Hexer!

Titel: Hexer-Edition 16: Stirb, Hexer! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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er nur schwer einzuschätzen, aber ich täuschte mich wohl nicht, wenn ich ihn für ungefähr dreißig hielt. Er war nicht sehr groß, aber von kräftiger Statur. Das auffälligste Merkmal seines ansprechenden Gesichtes bildeten buschige, schwarze Augenbrauen. Seine Hautfarbe war ungewöhnlich stark gebräunt, was bestimmt nicht von der englischen Sonne herrührte. Instinktiv spürte ich, dass dieser Mann schon viel herumgekommen war und mehr erlebt hatte als die meisten Menschen seines doch noch recht jugendlichen Alters.
    »Ja?« Er blickte von der Zeitung, in der er gelesen hatte, hoch, und während er die einsilbige Frage hervorstieß, bildete sich auf seiner Stirn eine scharfe Falte offenkundiger Missbilligung.
    Mir wurde bewusst, dass ich ihn fast eine Minute lang angestarrt haben musste. Das gehörte bestimmt nicht zu den Gepflogenheiten eines Gentleman’s, wie man sie in einem solchen Restaurant erwarten durfte, und musste nahezu zwangsläufig Befremden hervorrufen.
    Ich räusperte mich und brachte eine leichte, aber durchaus höfliche Verbeugung zuwege.
    »Craven«, sagte ich. »Robert Craven.«
    Wenn ich gedacht hatte, dass sich der Fremde nun ebenfalls vorstellen würde, sah ich mich getäuscht. Er bedachte mich nur weiterhin mit missbilligenden Blicken.
    »Ja?«, fragte er abermals.
    Ich kam mir selbst ziemlich albern vor, so dazustehen wie bestellt und nicht abgeholt. Am liebsten hätte ich mich umgedreht und wäre eiligen Schrittes davongegangen. Doch irgendetwas in mir zwang mich dazu, diesen Gedanken nicht einmal ernsthaft in Erwägung zu ziehen.
    »Darf ich … darf ich mich zu Ihnen setzen?«, fragte ich stattdessen.
    »Warum?« Die steile Falte auf der Stirn des Mannes wurde noch steiler.
    Warum? Das war eine gute Frage. Eine Frage noch dazu, auf die ich selbst keine Antwort wusste.
    »Nun?«, drängte der Fremde, gereizt und alles andere als freundlich, was ich ihm nach Lage der Dinge nicht einmal sonderlich verübeln konnte.
    »Weil … weil ich gerne in Gesellschaft speise«, sagte ich schließlich und fühlte mich dabei genauso einfältig, wie ich vermutlich auch wirkte.
    »Nun«, erwiderte der Fremde und verzog mit einem leichten Anzeichen von Arroganz das Gesicht, »ich ziehe es vor allein zu speisen, Mister.«
    Damit war das Thema für ihn erledigt. Er wandte den Blick von mir ab und widmete sich wieder der Times, die aufgeschlagen auf seinem Tisch lag.
    Erneut hatte ich einen schweren Kampf mit mir auszutragen.
    Ein tief sitzender, unbegreiflicher Trieb wollte mich dazu veranlassen, trotz der unmissverständlichen Abfuhr an seinem Tisch Platz zu nehmen. Mein Verstand sagte mir allerdings, dass der Fremde daraufhin vermutlich die Bediensteten des Gasthauses rufen würde, um mich hinauswerfen zu lassen. Eine solch entwürdigende Behandlung wollte ich mir nun wirklich ersparen und es gelang mir dann auch, mich gegen mein Innerstes durchzusetzen. Aber es war nur ein halber Sieg, denn statt das Restaurant einfach zu verlassen und meiner Wege zu gehen, schritt ich zum freien Nebentisch hinüber und ließ mich daran nieder; und zwar so, dass ich den Mann mit den buschigen Augenbrauen jederzeit im Blickfeld hatte.
    Ein Kellner huschte dienstbeflissen herbei und ich gab geistesabwesend irgendeine Bestellung auf, die ich Sekunden später bereits wieder vergessen hatte. Meine ungeteilte Aufmerksamkeit galt dem Fremden.
    Natürlich war sich der Mann meiner unaufhörlichen Beobachtung wohl bewusst, obwohl er sich den Anschein gab, als würde ich für ihn gar nicht existieren. Eine Weile später bekam er sein Menü. Er begann die Lammkeule mit Pilzen und Rahmsauce zu zerteilen, hatte aber offensichtlich keinen großen Genuss daran. Zweifellos war er irritiert, was ich durchaus verstehen konnte. Auch ich wäre irritiert gewesen, hätte ich fortwährend die Gewissheit gehabt, dass mir jemand Löcher in den Hinterkopf starrte.
    Schließlich reichte es ihm. Er ließ Messer und Gabel fallen und wandte sich mit einer ungestümen Drehung zu mir um.
    »Was bezwecken Sie damit, Mister?«, fuhr er mich an.
    Ich schluckte, um mich des Kloßes zu entledigen, der mit einem Male in meiner Kehle saß.
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen«, gab ich zur Antwort.
    »Sie wissen verdammt genau, was ich meine«, knurrte er. »Sie glotzen mich an, als hätte ich Ihnen die Brieftasche gestohlen!«
    »Davon … kann keine Rede sein«, presste ich hervor.
    »Natürlich nicht. Also, warum glotzen Sie mich an?«
    »Ich …«
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