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Hexer-Edition 16: Stirb, Hexer!

Hexer-Edition 16: Stirb, Hexer!

Titel: Hexer-Edition 16: Stirb, Hexer! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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allein vom Zufall und meinen Füßen leiten lassen und ging jetzt eine Straße entlang, in der ich noch nie gewesen war.
    Es war eine Häuserschlucht irgendwo in der City, trotz des Regens voll von pulsierendem Leben. Die Menschen drängten sich auf dem nassen Trottoir, in den Pubs, Gasthäusern und Geschäften.
    Eine seltsame Unruhe erfüllte mich. Es war um die frühe Mittagsstunde; ich hatte gerade ausgiebig gefrühstückt und meinen Butler angewiesen, den Lunch heute ausfallen zu lassen. Ich hatte also genügend Zeit, zumal während der letzten Tage niemand mehr versucht hatte, mir einen Mord in die Schuhe zu schieben oder mich gegen einen mechanischen Doppelgänger auszutauschen. Dennoch hastete ich, ohne es eigentlich bewusst zu wollen, die Straße entlang, wie jemand, der befürchten musste, einen überaus wichtigen Termin zu versäumen. Gewaltsam zügelte ich meine hektische Ungeduld und zwang mich dazu, die Füße so gemessen voreinander zu setzen, wie es sich für einen Gentleman geziemte. Aus Gründen, für die ich keine Erklärung fand, fiel mir dies ausgesprochen schwer. Und nach wenigen Schritten schon fiel ich erneut in eine schnelle Gangart zurück. Ich wollte mich zur Besinnung rufen … aber es ging nicht mehr! Meine Füße schienen sich förmlich zu verselbstständigen.
    Nach etwa zweihundert Yards passierte ich ein Gasthaus. Das heißt, ich wollte es passieren … und blieb, wie von einer unsichtbaren Hand gestoppt, vor der Eingangstür stehen. Und ehe ich mich versah, hatte ich bereits die Schwelle erreicht und die Klinke heruntergedrückt.
    Zwischen Tür und Angel kam ich endlich zu Bewusstsein. Was, zum Teufel, machte ich da? Dieses Gasthaus – Harvey’s stand auf einem hölzernen Schild über dem Eingang – war mir völlig unbekannt. Und da ich weder Hunger noch Durst verspürte, lag nicht der geringste Grund vor, es zu betreten. Dennoch war ich im Begriff, eben dies zu tun.
    Ich biss die Zähne zusammen, riss mich geradezu von der Tür los und trat wieder auf die Straße. Mühsam Fuß vor Fuß setzend, entfernte ich mich vom Harvey’s.
    Ich war vielleicht zehn Schritte gegangen, als mir Übelkeit aus meinem Magen die Kehle hinaufkroch. Kalter Schweiß trat mir auf die Stirn und ich merkte, dass ich schwankte wie jemand, der zu tief ins Whiskyglas geschaut hat. Dabei hatte ich heute noch keinen einzigen Schluck Alkohol zu mir genommen.
    Alle Kraft zusammennehmend, ging ich weiter. Einige der Passanten warfen mir verwunderte Blicke zu – offenbar sah ich auch so aus, wie ich mich fühlte. Ein junger Mann sprach mich sogar an und fragte, ob er mir irgendwie helfen könnte. Ich schüttelte nur stumm den Kopf und setzte meinen Weg fort.
    Aber ich kam nicht weit. Eine Art Magnet schien an mir zu zerren, schien mich zurückreißen zu wollen.
    Zurück zum Harvey’s!
    Augenblicke lang kämpfte ich noch gegen das unerklärliche Geschehen an. Dann jedoch, als die Übelkeit immer stärker wurde, gab ich den Kampf auf.
    Und kaum hatte ich den Widerstand gegen mich selbst eingestellt, als ich mich auch schon auf dem Absatz umdrehte und den Weg zurückging, den ich gerade gekommen war. Schnurstracks steuerte ich auf die Eingangstür des Harvey’s zu und betrat das Gasthaus, diesmal, ohne auch nur eine einzige Sekunde zu zögern.
    Auf Anhieb erkannte ich, dass es sich um ein ausgesprochen nobles Restaurant handelte. Ein dicker, dunkelroter Berberteppich bedeckte den Boden, schwere Ölgemälde hingen an den holzgetäfelten Wänden. Das Mobiliar war von feinster Machart und hätte dem Speisezimmer eines vornehmen Schlosses zur Ehre gereicht. Gäste hatten sich wenige eingefunden. Die meisten der weiß gedeckten Tische waren unbesetzt.
    Wie es sich für ein erstklassiges Haus gehörte, eilte sofort ein Kellner auf mich zu, um mir aus den regennassen Kleidern zu helfen. Ich übergab dem Bediensteten Hut und Mantel, schüttelte jedoch den Kopf, als er auch nach meinem Spazierstock greifen wollte. Nur wenn es sich gar nicht vermeiden ließ, trennte ich mich von meinem Stockdegen und dem im Knauf eingeschmolzenen Shoggotenstern.
    Die Entscheidung, mir einen Tisch auszusuchen, wurde mir von meinen Füßen abgenommen. Ohne dass ich es wollte, schienen sie wieder zu unheimlichem Eigenleben zu erwachen und trugen mich zu einem Tisch hinüber, der bereits von einem einzelnen Herrn besetzt war. Er trug Kleidung, der man auf den ersten Blick ansah, dass sie von einem sehr teuren Schneider stammte. Altersmäßig war

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