Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 16: Stirb, Hexer!

Hexer-Edition 16: Stirb, Hexer!

Titel: Hexer-Edition 16: Stirb, Hexer! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
spinnengleiche Arme ausstreckten. Der Nebel quoll aus dem feuchten Erdreich hervor und legte einen grauen, löchrigen Teppich über das Land. Abgefallene Nadeln und Blätter machten den an sich noch festen Untergrund schlüpfrig und glitschig. Das Zirpen und Quaken ganzer Armeen von Moorgetier erweckte den Eindruck, als würden wahnsinnige Musiker eine misstönende Sinfonie intonieren. Aber all dies war alltäglich und normal. Was dagegen ganz und gar nicht alltäglich und normal war …
    Abrupt blieb Frederic Murphy stehen, so abrupt, dass sein Sohn, der in wenigen Schritten Abstand folgte, gegen ihn prallte.
    »Hörst du das, Bruce?«
    Der Vierzehnjährige, von seinem Naturell her wirklich kein Angsthase, griff nach der Hand seines Vaters und umklammerte sie krampfhaft.
    »Ja, ich höre es«, flüsterte er.
    Jenseits der Kakophonie der Frösche und Grillen ertönten andere Laute; furchtbare Töne, die das Blut in den Adern der beiden einsamen Wanderer gefrieren ließen. Es war ein Heulen, lang gezogen und erschreckend laut, obwohl es aus weiter Ferne zu kommen schien, gleichzeitig qualvoll, wild und drohend.
    »Der … der Höllenhund!«, hauchte Bruce und drückte die Hand seines Vaters noch fester. »Der Höllenhund von Baskerville!«
    Die schrecklichen Töne verhallten, hingen nur noch als schauerliches Echo in der Luft. Minutenlang blieben die Murphys wie erstarrt stehen und warteten. Aber das markerschütternde Heulen klang nicht wieder auf. Die Nacht gehörte wieder dem Kleingetier der Moorlandschaft.
    »Komm«, sagte Frederic Murphy schließlich und fuhr seinem Sohn beruhigend durchs Haar.
    »Nach Hause?«, fragte der Junge hoffnungsvoll.
    »Noch nicht. Was es auch war – es ist vorbei. Und außerdem kam es aus einer ganz anderen Richtung, nicht wahr?«
    Widerstrebend nickte Bruce. Langsam wurde er seiner Angst Herr und ließ die Hand seines Vaters los. Die Murphys setzten ihren Weg zur Südweide fort und erreichten sie schließlich, ohne dass sie unterwegs noch irgendetwas Ungewöhnliches wahrgenommen hatten.
    Die Weide war eine mit Riedgras bewachsene Wiese, etwa sechzig Meter lang und vierzig Meter breit, und lag unmittelbar am Rand einer tückischen Morastmulde. Zum Sumpf hin wurde sie leicht abschüssig, wie um auf die Gefahr hinzudeuten, die dort lauerte. Henry Murphy war sich dieser Gefahr bewusst und ging mit der gebotenen Achtsamkeit zu Werke. Vorsichtig näherte er sich dem Rand des Moorlochs, immer langsam einen Fuß vor den anderen setzend und sich vergewissernd dass er noch festen Stand besaß. Der Boden wurde nachgiebig und schlammig. Schwarzes, nach Moder riechendes Wasser umspielte schwappend seine Füße und ließ diese bei jedem Schritt bis zu den Knöcheln einsinken. Wenn Murphy sie wieder aus dem Schlamm hob, klang ein hässliches Geräusch auf, das ihn auf unangenehme Weise an das Schlachten eines Schafes erinnerte: als wenn rohes Fleisch in einen Steintrog fiele.
    Das Riedgras, von der Feuchtigkeit begünstigt, wuchs hier viel höher als im weiter oben gelegenen Teil der Wiese und erreichte an manchen Stellen eine Höhe von mehr als einen Meter. Murphy hielt es durchaus für möglich, dass das verloren gegangene Schaf in diesem Grasdschungel steckte.
    Normalerweise mied die Herde diesen morastigen Grenzstreifen wie die Pest, aber es kam doch vor, dass sich ein einzelnes Tier von den anderen absonderte, in den modrigen Schlamm geriet und sich dann nicht mehr vor oder zurück traute. Schafe gehörten nun einmal nicht zu den intelligentesten Vertretern der Tierwelt.
    Während er sich durch Morast und Ried kämpfte, gab Frederic Murphy leise Lockrufe von sich, in der Hoffnung, das verirrte Schaf auf sich aufmerksam zu machen. Erfolg hatte er damit allerdings nicht. Und da es inzwischen zu dunkel geworden war, um mehr als verschwommene Konturen zu erkennen, konnte er das Tier, wenn es denn überhaupt da war, natürlich auch nicht sehen.
    Sein Verstand sagte ihm schon bald, dass er sich auf ein ziemlich sinnloses Unterfangen eingelassen hatte, aber da er ein sehr gewissenhafter Mensch war und wohl auch ein bisschen zur Sturheit neigte, setzte er die Suche fort. Dabei wurde ihm zunächst gar nicht so recht bewusst, dass er dem gefährlichen Sumpfloch mittlerweile bedrohlich nahe gekommen war. Als er merkte, dass seine Beine schon fast bis zu den Knien einsanken und es immer anstrengender wurde, sie wieder aus dem Morast zu befreien, erschrak er beinahe. Nun war es wirklich an der Zeit, die

Weitere Kostenlose Bücher