Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans
dessen Mitte drei übermannshohe Pfähle emporragten.
An einem von ihnen stand ein Mann. Seine Hände waren über dem Kopf zusammengebunden, zwischen den Stricken spannte sich ein wuchtiger Eisenring, der in den oberen Teil des Pfahles eingelassen war. Er war wach, aber sein Gesicht war bleich wie das eines Toten und in seinen Augen saß ein Ausdruck tiefen, mit entsetzlicher Furcht gepaarten Schmerzes.
Auf ein weiteres Händeklatschen Hassans hin wurde ich an den zweiten Pfahl gestellt und auf die gleiche Weise gefesselt wie der Mann neben mir. Die beiden Araber, die mich banden, lösten meine Fußfesseln und selbst die Hanfstricke um meine Handgelenke wurden ein wenig gelockert. Ich stöhnte vor Schmerz, als das Blut in die schon fast abgestorbenen Glieder zurückzufließen begann.
Irgendwie hatte ich erwartet, dass Hassan Bei Kurz noch einmal mit mir reden würde. Aber er stand nur noch einen Moment reglos da, blickte mich mit einer Mischung aus Schadenfreude und Mitleid an, dann drehte er sich um und tauchte in der Masse der anderen unter.
Aber ich sah ihn noch einmal kurze Zeit darauf, als er Letitia in eines der schwarzen Zelte hineinzerrte.
Es war spät in der Nacht, als sie wieder an die Oberfläche kamen. Guillaume hatte längst vergessen, wie viele schwarze Gänge sie durchquert, durch wie viele Schächte sie gekrochen und wie viele Treppen sie hinaufgestolpert waren. Die Geisterstimme hatte Wort gehalten – die lebenden Mumien waren nicht wieder aufgetaucht, sondern so rasch und lautlos hinter ihnen zurückgeblieben, wie sie gekommen waren.
Wovor sie ihr unsichtbarer Führer nicht hatte schützen können, war die Angst. Sie war mit ihnen gegangen wie ein zweiter, unsichtbarer Schatten und das Entsetzen in Guillaumes Seele hatte einen Grad erreicht, den er sich vor wenigen Stunden nicht einmal hätte vorstellen können. Und er wusste, dass er es niemals mehr würde vergessen können. Ganz gleich, was geschah – etwas in ihm hatte sich verändert. Für immer.
Keuchend stemmte er sich in die Höhe, wartete, bis auch Renard wieder genug Kraft gesammelt hatte, auf eigenen Beinen zu stehen, und sah sich um. Es war sehr dunkel und die Wüste schien sich in alle Richtungen zu erstrecken, so weit der Blick reichte.
»Wo sind wir?«, fragte er.
Nicht weit von der Stelle entfernt, an der ihr die Stadt betreten habt, antwortete die Stimme in seinem Kopf. Ich habe einen Weg gewählt, der euch zurück in die Nähe eurer Pferde bringt. Geht nach Norden.
Sie gehorchten. Es war wirklich nicht sehr weit – nach weniger als einer halben Stunde tauchte das Dünental mit den schwarzen Ruinen vor ihnen auf. Ihre Pferde standen noch so da, wie sie sie zurückgelassen hatten.
Aber von Gouvin du Tourville war keine Spur zu entdecken.
Während Renard im Laufschritt zu den Tieren hinabeilte, um ihre Fußfesseln zu lösen und sie zu holen, rief Guillaume mehrmals laut Gouvins Namen. Aber die einzige Antwort, die er bekam, war das Flüstern des Windes und das leise Rascheln des Sandes, mit dem er spielte.
Es hätte des entsetzten Ausdruckes, der bei seiner Rückkehr auf Renards Zügen lag, nicht einmal mehr bedurft, Guillaume zu sagen, was geschehen war.
»Er ist tot, nicht?«, fragte er.
Renard nickte, reichte ihm schweigend den Zügel seines Pferdes und starrte an ihm vorbei in die Wüste hinaus. »Ja«, sagte er, sehr leise und sehr bitter. »Er muss sich tapfer gewehrt haben, wie es aussieht. Aber sie haben ihn erwischt. Diese verdammten Ungeheuer.«
Guillaume wollte antworten, sagte aber dann doch nichts, sondern schwang sich ohne ein weiteres Wort auf den Rücken seines Pferdes und griff nach den Zügeln, ritt aber noch nicht los.
Und nun lasst mich frei, meldete sich eine leise Stimme hinter seiner Stirn. Sie klang ungeduldig, beinahe drohend. Ich habe Wort gehalten. Ihr seid frei.
»Und unser Bruder ist tot!«, erwiderte Renard heftig. »Ein hoher Preis für deine Freiheit.«
Er wäre noch am Leben, hätte er euch begleitet, antwortete die Stimme kalt. Er starb den Tod aller Feiglinge. Und es ist nicht meine Schuld. Ich hätte ihn nicht warnen können, selbst wenn ich es gewollt hätte! Lasst mich frei!
»Nein«, antwortete Guillaume hart. »Unser Bruder ist nicht gestorben, nur damit du deine Freiheit zurückerlangst, Geschöpf des Teufels. Du musst etwas für uns tun. Danach gebe ich dir die Freiheit – vielleicht.«
Was ihr verlangt, ist unmöglich. Das Auge des Satans ist Teil der Schwarzen
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