Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans
öffnen zu können.
Diesmal war meine Umgebung so, wie sie sein sollte: Ich blickte gegen die Decke eines kleinen, nur auf zwei Stangen errichteten Zeltes, durch die das helle Licht der Sonne sickerte. Der Eingang stand offen.
Wind blies den feinen Wüstensand in das Zelt herein und hatte bereits damit begonnen, mich damit zuzudecken. Sand knirschte zwischen meinen Zähnen.
War es wirklich nur ein Albtraum gewesen?
Ich hatte … Dinge gesehen. Eine Gestalt mit schwarzen Tentakelarmen, die mir erschreckend real vorgekommen war. Aber nach allem, was ich in diesem staubigen Teil der Erde erlebt hatte, war es schließlich kein Wunder, wenn ich anfing, Gespenster zu sehen …
Ich verscheuchte die unangenehmen Bilder vollends aus meinem Bewusstsein – zumindest versuchte ich es –, setzte mich auf und tastete mit vom Schlaf verklebten Augen nach der Wasserflasche. Mein Gaumen brannte und in meinem Mund war ein so bitterer Geschmack, dass mir beinahe übel wurde. Hastig öffnete ich den Verschluss des Wasserschlauches, registrierte unbewusst, wie sonderbar leicht er sich anfühlte, und schüttelte ihn ein paar Mal.
Er war leer. Sonderbar – ich hätte schwören können, dass er am Abend zuvor noch mindestens halb voll gewesen war. Aber Wasser war nun gottlob das kleinste meiner Probleme, obgleich ich mich an einem der trockensten Orte des Erdballes aufhielt. Ich wälzte mich herum und steckte den Kopf aus dem Zelt.
»He, Mahmoud, reich mir doch mal einen vollen Wassersack rüb …« Ich verstummte mitten im Wort, denn die Stelle, wo sich mein Begleiter gestern Abend zum Schlafen niedergelegt hatte, war ebenso leer wie der Wasserschlauch. Der Sand hatte sogar den Abdruck seines Körpers schon wieder zugeweht. Ebenso wie seine Spuren.
Noch immer nicht ganz wach, aber bereits von einem bohrenden Gefühl der Unruhe erfüllt, kroch ich aus dem Zelt, schüttelte mir den Sand aus den Haaren und rieb mit dem Handrücken über meine aufgesprungenen Lippen. Ausgerechnet jetzt meldete sich der Durst mit einer Heftigkeit, die mir sehr drastisch vor Augen führte, wie heiß es in diesem Teil der Wüste war. Und jetzt fiel mir auch auf, wie hoch die Sonne bereits am Himmel stand. Gestern Abend hätte ich Mahmoud am liebsten erwürgt, als er gesagt hatte, dass wir um vier Uhr in der Frühe aufbrechen würden, einer Stunde, um die ich normalerweise zu Bett zu gehen pflegte. Jetzt war es mindestens zehn Uhr morgens und von Mahmoud war weit und breit nichts zu sehen. Von seinem Kamel übrigens auch nicht.
Ebenso wenig wie von meinem. Oder dem Packtier.
Um präzise zu sein, war unser gesamtes Lager verschwunden. Nur mein Zelt stand noch verlassen im Sand.
Ich vergaß schlagartig die letzte Spur von Müdigkeit, fuhr mit einem erschrockenen Laut herum und starrte in die Wüste hinaus. Nichts. So weit ich blicken konnte, erstreckten sich die gelbbraunen Sanddünen, nur hier und da unterbrochen von einem kantigen Felsen, der wie ein Riff aus den erstarrten Wellen eines blauen Meeres emporragte.
Es gab keinen Zweifel – Mahmoud hatte sich im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Staube gemacht!
Und mich unter Umständen damit dem sicheren Tod preisgegeben.
Meine Lage war weniger spaßig, als ich im Moment bereits zuzugeben bereit war. Vier Tage waren vergangen, seit ich das Lager der Beni Assar verlassen hatte, um nach Alexandria zu reisen. Ali, der junge Scheik, hatte mir die drei Kamele geschenkt und mir Mahmoud als Begleiter mitgegeben, um seine Dankesschuld für die Errettung seines Stammes aus den Klauen des wahnsinnigen Magiers Nizar abzutragen. Außerdem wollte er mich wohl aus dem Lager entfernen, bevor Letitia Mandon Trouwne ihren Entschluss bereuen konnte, ihn zu heiraten.
Mir war es Recht. Ich hätte wirklich nur ungern diese junge Dame in die Zivilisation zurückbegleitet. Unmittelbar nach den Ereignissen in der Festung des Dschinn hatte sie zwar Angst, ja fast schon Abscheu vor mir und meiner magischen Macht empfunden, doch mittlerweile hatte der Gedanke an mein Bankkonto diese Furcht arg gedämpft, sodass ich froh war, das Beduinenlager verlassen zu können. Und ich hatte eine ziemlich deutliche Vorstellung davon, wer die Heirat wohl eher bereuen würde als Letitia.
Jetzt bedauerte ich, so rasch zum Aufbruch gedrängt zu haben. Obwohl sich etwas in mir noch gegen diesen Gedanken sträubte, musste ich die Tatsache hinnehmen, dass mich Mahmoud nicht nur führer-, sondern auch wasser- und lebensmittel- und zu allem
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