Hexer-Edition 17: Das Auge des Satans
Überfluss völlig orientierungslos zurückgelassen hatte. Und das war ganz und gar nicht komisch, denn ich hatte weder eine Ahnung, wo ich war, noch in welche Richtung ich zu gehen hatte, um irgendwohin zu kommen.
Die nächsten fünf Minuten verbrachte ich damit, Mahmoud nach Kräften zu verfluchen und alle Schimpfworte herunterzubeten, die ich von Ali gelernt hatte. Dieses diebische Stück hatte wirklich keine Zeit verloren. Selbst wenn der Wind nicht gemeinsame Sache mit ihm gemacht und seine Spur bereits verweht hätte, hätte es wenig Sinn gehabt, ihm zu folgen. Die Wüste zu Fuß zu durchqueren, war vollkommen aussichtslos. Die Temperaturen pflegten hier gegen die Mittagszeit vierzig oder fünfzig Grad Celsius zu betragen.
Im Schatten. Aber es gab keinen.
Als wäre dieser Gedanke ein Anstoß gewesen, spürte ich plötzlich, wie stark die Sonne schon jetzt am Himmel brannte. Die Wüste war bereits so aufgeheizt, dass die Hitze durch die Sohlen meiner Schuhe drang. Ich war in Schweiß gebadet, obgleich ich mein Nachtlager erst vor wenigen Augenblicken verlassen hatte.
Ich stolperte zum Zelt zurück und kroch auf Händen und Knien hinein. Aber auch hier fand ich keinen Schutz gegen den Biss der Sonne, die durch die dünne Leinwand hindurchbrannte, als wäre sie gar nicht vorhanden. Die Luft hier drinnen war so stickig und heiß, dass jeder Atemzug schmerzte. Verzweifelt öffnete ich die Schnur des Wasserbeutels und sog die wenigen Tropfen, die noch in ihm waren, gierig heraus. Es reichte nicht einmal aus, meine Lippen zu benetzen.
Ich fragte mich, welchen Grund Mahmoud für seinen Verrat gehabt hatte. Im Normalfall ließ ein Beduine niemanden, der ihm anvertraut war, im Stich. In meiner ersten Überlegung unterstellte ich ihm Habgier. Mein Stockdegen, der ihn vielleicht hätte reizen können, lag jedoch halb vom Sand verdeckt neben der Decke, auf der ich geschlafen hatte. Rasch tastete ich den kleinen Beutel ab, in dem ich meine persönliche Habe verstaut hatte. Es war noch alles vorhanden, auch das SIEGEL, dessen magische Energien ich selbst durch den Stoff und das Leder hindurch spürte.
Damit blieben nur die Kamele übrig. Drei Dromedare stellten für einen armen Araber sicherlich eine Verlockung dar. Aber sie gegen den Zorn Scheik Alis einzutauschen, der ihn um die halbe Welt jagen würde, wenn er von seinem Verrat erfuhr – nein, so dumm konnte Mahmoud nicht sein.
Angst?
Es war möglich. Obgleich ich ihren Scheik gerettet und ihr Volk vor der Knechtschaft bewahrt hatte – zumindest hatte ich mitgeholfen, es zu tun –, hatte ich die Furcht gespürt, mit der die Beni Assar mich anblickten, wenn sie glaubten, ich merkte es nicht. Mahmoud konnte in mir … irgendetwas eben gesehen haben. Vielleicht einen Abgesandten des Schejtan. Vielleicht einen Dschinn. Vielleicht auch nur einen Narren, den er getrost in der Wüste zurücklassen konnte, ohne dass sein Fehlen irgendjemandem auffiel. Dazu war ich noch ein Ungläubiger für ihn, ein Giaur. Somit würde ihm der Verrat, den er mir gegenüber begangen hatte, nicht den Eintritt ins Paradies verwehren.
Allerdings war ich zu diesem Zeitpunkt dem Paradies weit näher als Mahmoud. Ich war mir alles andere als sicher, ob ich den heutigen Tag ohne Wasser überhaupt überstehen würde. Ich würde mich frühestens am Abend auf den Weg machen können und bis dahin hatte mich die Hitze wahrscheinlich schon so ausgelaugt, dass ich nicht mehr in der Lage war, ein Bein vor das andere zu setzen.
Die verschiedensten Ideen schossen mir durch den Kopf, wie ich meine Kräfte erhalten konnte. Die meisten von ihnen waren von vornherein sinnlos, da mir die Möglichkeiten fehlten, sie in die Tat umzusetzen. Die einzige Chance, die ich noch sah, war, mich wie ein Skorpion im Sand einzugraben. Ich raffte meine Decken zusammen, legte sie griffbereit neben mich und begann zu schaufeln. Der Sand fühlte sich unter meinen Händen so heiß an, dass ich mein Vorhaben beinahe aufgegeben hätte. Außerdem rutschte er immer wieder in das Loch zurück, sodass ich große Mühe hatte, mir die Grube zu graben, die hoffentlich nicht mein Grab werden würde.
Meine Muskeln begannen sich schon bald zu schmerzhaften Stricken zusammenzuziehen. Wahrscheinlich war es nur noch meine Wut auf Mahmoud, dem ich die Pest an den Hals wünschte, die mir die Kraft gab weiterzumachen. Schließlich behauptete mein überanstrengter Körper, dass das Loch groß genug sei. Ich legte mich hinein und schaufelte
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