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Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel

Titel: Hexer-Edition 19: Der abtrünnige Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sich wieder in ihre Ecke und warteten auf ihr Opfer.
    Einen Mann mit einer weißen, blitzförmigen Haarsträhne …
     
    »Wir werden verfolgt«, sagte Sill. Sie sagte es ruhig, ohne eine Spur von Aufregung oder gar Angst in der Stimme, gerade so, als handele es sich um die nebensächlichste Sache der Welt.
    Ich nickte. Auch mir waren die beiden Schatten aufgefallen, die seit mehreren Minuten im Schutz der Hauseingänge hinter uns her schlichen. Viel gehörte nicht dazu, die beiden benahmen sich alles andere als geschickt. Vielleicht kam es mir auch nur so vor, weil ich während meiner Jugend in den New Yorker Slums selbst gelernt hatte, mich unauffällig an reiche Pfeffersäcke heranzuschleichen, um ihnen eins über den Kopf zu hauen und mit ihrer Brieftasche zu verschwinden. Und das mit weitaus größerem Geschick, als die beiden Amateure, die sich an unsere Fersen geheftet hatten. Zumindest meiner eigenen Meinung nach.
    Angst hatte ich vor den beiden nicht. Eher fürchtete ich mich um Sill. Die arabische Amazone hatte mehr als einmal bewiesen, dass sie sich ihrer Haut zu wehren verstand, allerdings ging sie dabei nicht gerade zimperlich zu Werke. Ein oder zwei Tote auf unserem Weg, kaum dass wir uns eine Stunde in London befanden, waren so ziemlich das Letzte, was wir brauchen konnten.
    »Halte dich zurück«, schärfte ich ihr ein und packte den Stockdegen fester. »Ich erledige das. Es darf auf keinen Fall Tote geben.«
    Sie nickte und ich glaubte für einen Augenblick, ein spöttisches Lächeln auf ihrem Gesicht zu erkennen.
    Wir waren noch nicht weit vom Hafen entfernt und es war zu erwarten gewesen, solche zwielichtigen Subjekte hier zu treffen. Dennoch hatten wir zu Fuß losziehen müssen, obwohl ein Gewitter aufzog und wir den Ashton Place kaum trocken erreichen würden. Das Grollen des Donners begleitete uns schon, seit wir das Schiff verlassen hatten, und es war im Verlauf der letzten Viertelstunde merklich lauter geworden. Erste Blitze zuckten vom Himmel herab.
    Aber ich hatte keinen lausigen Penny bei mir. Das letzte Geld war für die Überfahrt von Hamburg nach London draufgegangen, und ich konnte froh sein, überhaupt einen Platz auf dem Seelenverkäufer Jessica Thys bekommen zu haben. Vorher hatte ich einen abgewetzten, alten Mantel für Sill gekauft, unter dem sie ihr Schwert und ihre arabische Wüstenkleidung verbergen konnte.
    Es war zum Verrücktwerden – dank des Erbes meines Vaters war ich einer der reichsten Männer Englands, aber bis ich mein Haus am Ashton Place erreichte, war ich arm wie eine Kirchenmaus. Dreimal hatte ich versucht einen Kutschenfahrer zu überzeugen, dass er sein Geld bekäme, sobald er mich ans Ziel gebracht hätte. Dreimal hatte ich ein mitleidiges Lächeln und einige barsche Antworten geerntet, von denen die Aufforderung ich solle machen, dass ich weiterkäme noch die freundlichste war.
    Uns war nichts anderes übrig geblieben, als zu Fuß loszuziehen. Genau in die Arme der beiden Idioten, die trotz unserer fast als Lumpen zu bezeichnenden Kleidung offensichtlich vorhatten uns aus dem Hinterhalt zu überfallen. Ich verdrehte die Augen, als einer der Kerle es schaffte, beim Schleichen gegen einen Stein zu treten, der über das Pflaster davonkullerte. Am liebsten hätte ich mich umgedreht und den Trotteln gesagt, dass sie nach Hause gehen sollten, um sich ihr Lehrgeld wiedergeben zu lassen.
    Ich hörte ihre plötzlich hastigeren Schritte und packte den Stockdegen am unteren Ende, um ihn als Schlagstock einzusetzen. Neben mir spannte sich Sill.
    Ich wartete, bis die beiden Diebe dicht hinter uns waren. Sie waren dumm genug, nicht einmal auf das verräterische Licht einer nahen Laterne zu achten, sodass ich anhand der Schatten jede ihrer Bewegungen deutlich vor mir auf dem Pflaster beobachten konnte. Als sie nah genug heran waren, fuhr ich blitzschnell herum und schlug noch in der Drehung zu.
    Der massive Knauf des Stockdegens traf den ersten Angreifer am Kopf – und im gleichen Augenblick erkannte ich den grauenhaften Fehler, den ich gemacht hatte.
    Es war, als hätte ich gegen einen Steinklotz geschlagen. Der Degen federte zurück. Ein feuriger Schmerz zuckte durch meinen Arm, als der Rückprall sich auf meine Hand übertrug. Ich schrie auf. Der Stockdegen glitt mir aus den gefühllos gewordenen Fingern. Wie gelähmt hing der rechte Arm an meinem Körper herab.
    Einige Sekunden lang war ich vor Schmerz und Schreck unfähig mich zu rühren. Ich sah den Schlag des

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