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Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod

Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod

Titel: Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gestreiften Affenkostüm, die Kirche und die zusammengelaufene Meute hinter uns – all das kam mir mit einem Male unsäglich dumm und albern vor. Zum Teufel, wir waren erwachsene Menschen, was brauchten wir diesen Mummenschanz – nur um miteinander ins Bett gehen zu dürfen?
    Aber gleichzeitig spürte ich auch, dass dies nicht meine Gedanken waren.
    Das Drängen und Wispern in meinem Kopf hatte aufgehört – aber die aggressive Heiterkeit, die ich plötzlich verspürte, war nichts als ein neuerlicher Angriff, der diesmal aus einer ganz anderen Richtung kam.
    Ich zwang mich den Blick zu heben und zur Flüstergalerie hinaufzusehen. Die junge Frau mit dem goldenen Haar stand noch da. Ihr schwarzer Mantel bauschte sich, als verberge sich ein Paar gewaltiger Flügel darunter. Trotz der großen Entfernung spürte ich das Brennen ihres Blickes. Die steinernen Engel über dem Altar schlugen wie wild mit den Schwingen. Das Gesicht des geschnitzten Jesu war eine Grimasse der Qual. Blut quoll in einem dicken pulsierenden Strom aus der Bibel, lief den Altar hinunter und sammelte sich zu einer rasch größer werdenden Pfütze.
    Mein Traum. Dies alles war nicht wahr! Es war der Traum, der zurückkehrte!
    »… und so erkläre ich euch zu Mann und Frau«, sagte der Priester in diesem Moment.
    Ich schrak hoch, blickte ihn einen Moment verstört an und fragte mich, warum er so dämlich grinste. Erst dann sickerten seine Worte ganz allmählich an mein Bewusstsein.
    »Zu … Mann und Frau?«, vergewisserte ich mich.
    Das unwillige Murren in den Bänken hinter mir nahm zu, aber der Priester bewahrte eine schon fast bewundernswerte Ruhe.
    »Ja«, sagte er freundlich. »Sie dürfen die Braut küssen, Mister Craven.«
    Wir tauschten die Ringe und dann hob Priscylla die Hände, um den Schleier zu lüften.
    Das Gesicht! Nicht das Gesicht!
    Meine Bewegung kam so schnell, dass ich selbst machtlos dagegen war. Blitzartig griff ich zu und umklammerte ihre Arme, Bruchteile von Sekunden, ehe sie den Schleier lüften konnte.
    Priscylla keuchte überrascht. Einen Moment lang versuchte sie ganz instinktiv, ihre Hände loszureißen. Aber natürlich war ich viel zu stark für sie. »Was … was tust du, Robert?«, fragte sie verwirrt.
    Der Schleier! Es würde geschehen, wenn sie den Schleier lüftete!
    »Sie dürfen ihre Frau küssen, Mister Craven«, sagte der Priester noch einmal.
    Meine Hände begannen zu zittern. Ich benahm mich wie ein Idiot. Das Murren in den Bänken hinter mir wurde lauter. Aber ich konnte nicht loslassen. Wenn ich es tat …
    Meine Hände lösten sich. Priscylla atmete erleichtert auf und hob den Schleier. Das Gesicht dahinter – Zwei schleimige, fast schwarze Blutfäden rannen aus den zerfransten Löchern, die einmal ihre Augen gewesen waren. Kleine, weiße Maden krochen über ihre Lippen. Ihre Haut war nicht glatt und zart, wie ich sie kannte, sondern faltig wie die einer uralten Frau; zudem mit Warzen und Runzeln übersät, – war Priscyllas Gesicht, ihr wunderschönes, liebreizendes Gesicht, keine Teufelsfratze, und trotzdem – alterte es noch weiter, binnen weniger Sekunden verflossen für sie Jahre, binnen einer Minute Jahrzehnte. Ihr Gesicht trocknete aus und fiel ein; das Fleisch verdorrte und schließlich spannte sich nur noch mumifizierte, an Pergament erinnernde Haut über ihren Knochen, bis auch diese zu Staub zerfiel und nur ein Totenschädel übrig blieb, in dessen leeren Augenhöhlen immer noch ein verzehrendes Feuer brannte und auf dessen Zügen auch jetzt noch ein satanisches Grinsen lag. Ihre verfaulten Zahnstümpfe bewegten sich, als sie zu sprechen versuchte – Ich zitterte. Ein dumpfes, schmerzhaftes Stöhnen entrang sich meinen Lippen, ein Laut, der mir selbst fremd und entsetzlich vorkam.
    Der Traum! Er wurde wahr!
    »Küss mich, Liebling«, flüsterte Priscylla.
    Ich war gelähmt. Ich konnte mich nicht bewegen. Nicht sprechen. Nicht atmen. Nicht einmal denken. Priscyllas Gesicht näherte sich dem meinen.
    »Nun sind wir für alle Zeit vereint, Robert«, sagte sie mit brüchiger Stimme. Es klang wie das Knistern jahrhundertealten Papiers. »Für immer, Robert!«
    Unfähig mich zu rühren, starrte ich sie an. Sie war sie, Priscylla, die ich kannte und liebte, niemand anderes. Das entsetzliche Albtraumwesen entstammte nur meiner Phantasie. Ich sah jedes winzige Detail ihres Gesichtes, jeden Zoll ihrer seidigen Haut, ihre schwarz glänzenden, wunderschönen Haare, den vollen sinnlichen Mund, der mehr

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