Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod
wand sich wie ein Wurm in den Fangarmen Ronyl’ohms, während dieser mit unwiderstehlicher Gewalt nach seinen Gedanken griff und alles Wissen aus ihm herauspresste wie Wasser aus einem Schwamm.
Ich wälzte mich auf den Rücken und rang keuchend nach Atem. Einige Sekunden lang fühlte ich mich so schwach, dass ich mich fast nach der Dunkelheit und Wärme der Bewusstlosigkeit sehnte. Gleichzeitig spürte ich, dass ich vielleicht nie wieder aufwachen würde, wenn ich jetzt aufgab.
Und allmählich erwachten meine Lebensgeister wieder. Mühsam setzte ich mich auf, fuhr mir mit der Hand über die Augen und sah die Frau verwirrt an. Sie hatte sich abermals verändert und sah jetzt wieder wie eine achtzehnjährige Blondine aus. Nur zwei Strähnen feuerroten Haares schlängelten sich vorwitzig an ihren Schläfen herab. Außerdem hatte sie eines ihrer honigfarbigen Augen behalten, sodass sie aus einem blauen und einem goldgesprenkelten Auge auf mich herabsah. Es war ein äußerst verwirrender Anblick.
»Willkommen im Leben«, begrüßte sie mich. Sie lachte, aber ihre sonderbaren zweifarbigen Augen blieben ernst, während sie mir den Schweiß von der Stirn wischte.
»Was war das?«, fragte ich matt. Allein die Erinnerung an die entsetzliche Szene bereitete mir Übelkeit.
»Ein Hexenzauber aus Avalon, mit dem Corabhainn uns hereinlegen wollte«, sagte sie achselzuckend. »Was ihm auch beinahe gelungen wäre.«
»Corabhainn?«, echote ich verwirrt.
Sie nickte. »Er ist gefährlich, aber seine eigene Überheblichkeit bringt ihn immer wieder in Schwierigkeiten«, erklärte sie in einem Ton, als plaudere sie über ein Kochrezept. Gegrillten Hexer, zum Beispiel. »Der gute Corabhainn war wieder einmal zu überheblich. Er hätte wissen müssen, dass mir ein Schlag mit seinem Stab nicht allzu viel ausmacht. Ich war zwar kurz bewusstlos, bin aber ziemlich schnell wieder auf die Beine gekommen und konnte ihn zum Glück daran hindern, seinen Zauber ganz gegen dich anzuwenden. Ich hoffe, du hast nichts dagegen, dass ich mir dazu kurz deinen Stockdegen ausgeliehen habe.«
»Nein, natürlich nicht«, stammelte ich verwirrt. »Wo … wo ist er jetzt eigentlich?«
»Dein Stock oder Corabhainn?« Ihre zweifarbigen Augen blitzten vor Spott. Es fiel mir immer schwerer, ihrem Blick standzuhalten. Sie seufzte. »Ich habe ihn leider nicht ganz so gut getroffen, wie ich es wollte«, erklärte sie. »Er hat allerdings bei meinem Angriff seinen Stab verloren. Da er sah, dass alle Trümpfe in meiner Hand lagen, zog er es vor, das Weite zu suchen. Ich konnte ihn leider nicht verfolgen, da ich mich erst einmal um dich kümmern musste.«
Ich hätte schwören können, dass die letzten Worte vorwurfsvoll klangen.
»Danke dafür«, sagte ich lächelnd. »Es war wirklich Rettung in letzter Not.«
»Schon gut«, meinte sie, während sie sich forschend umblickte. »Es ist besser, wenn wir diesen Ort jetzt verlassen. Ich konnte Corabhainn zwar vertreiben, doch ich spüre, dass sein Zauber noch immer existent ist. Wenigstens habe ich ihm seinen Schlangenstab abnehmen können. Damit ist ihm sein schärfster Zahn gezogen. Aber wir sollten nicht den Fehler machen, ihn jetzt zu unterschätzen.«
Ich nickte und versuchte aufzustehen. Doch meine Muskeln schienen aus Pudding zu bestehen. Ich fiel auf die Knie herab und wäre ganz auf mein Gesicht gefallen, hätte sie mich nicht gedankenschnell aufgefangen.
»Komm, ich helf dir«, sagte sie und reichte mir die Hände. Mit ihrer Unterstützung kam ich zwar auf die Beine, fühlte mich aber weiter so schwach, dass sie mich stützen musste.
»Ich bin etwas … derangiert«, erklärte ich verlegen. »Normalerweise ziehe ich es vor, jungen Damen zu helfen, statt umgekehrt …«
Die Kleine nickte wissend und führte mich zu einer der Steinsäulen, die den eigentlichen Kreis der hängenden Steine umgaben und lehnte mich wie ein Möbelstück dagegen.
»Ich werde mich jetzt um Corabhainns Schlangenstab kümmern, um zu verhindern, dass seine Kräfte noch einmal gegen uns eingesetzt werden können«, sagte sie mit gepresster Stimme. »Bleib hier.«
Ohne ein weiteres Wort wandte sie sich um und ging auf den Stab zu. Ich weiß nicht, welcher Teufel mich ritt, als ich in diesem denkbar ungeeignetsten Moment meine Manieren beweisen wollte.
»Ich glaube, ich habe mich noch nicht vorgestellt«, sagte ich. »Mein Name ist Robert Craven, wohnhaft in London. Ashton Place 9.«
Sie stockte mitten im Schritt, streckte
Weitere Kostenlose Bücher