Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod
führte uns in einen Konferenzraum, wo bereits ein halbes Dutzend Ärzte auf uns wartete. Wir nahmen am Tisch Platz. Einer der Anwesenden, von dem ich wusste, dass es sich um Professor Jameson handelte, den Leiter der Klinik, erhob sich.
»Ich heiße Sie, auch im Namen meiner Kollegen, herzlich willkommen, Mr. Craven. Es …«
Ich nahm seine weiteren Worte nicht mehr wahr, denn in diesem Augenblick wurde die Tür erneut geöffnet. Eine Krankenschwester führte Priscylla in den Raum.
Priscylla!
Ich unterdrückte im letzten Moment einen freudigen Ruf. Wie lange hatte ich auf diesen Augenblick gewartet? Es war, als ob nach Monaten ununterbrochenen Regens plötzlich die Sonne aufginge. Der klägliche Rest meines klaren Verstandes wurde von ihrem Anblick hinweggespült.
Ein Orkan von Gefühlen durchtobte mich. Ich sog ihren Anblick geradezu in mich auf, alles andere um mich herum verschwamm zu fernen Schemen. Die Luft schien zu knistern, ich war wie elektrisiert. Pris Blick kreuzte den meinen und ich glaubte in ihren Augen zu ertrinken.
Ich weiß nicht, wie lange wir uns einfach nur gegenseitig ansahen, bis sich Pri schließlich als erste aus ihrer Erstarrung löste.
»Robert!«
Sie schrie meinen Namen, riss sich von der Krankenschwester los und kam auf mich zugerannt.
Ich sprang von meinem Stuhl hoch und fing sie in meinen Armen auf. Ohne mich um die anwesenden Ärzte zu kümmern, hob ich sie hoch und wirbelte sie um mich herum. Sie klammerte sich wie eine Ertrinkende an mich; ich schlang meine Arme um sie und presste sie so fest an mich, dass es ihr wehtun musste. Immer wieder hauchte ich ihren Namen.
Jede Erklärung der Ärzte war unnötig. Schon der erste Blick in Pris Augen hatte mir gezeigt, dass sie wieder völlig gesund war, und das auf überzeugendere Art, als jede medizinische Diagnose es vermocht hätte. Genauso überflüssig war es, mir das Ergebnis der Untersuchungen mitzuteilen.
Priscylla war vollständig angezogen und die Krankenschwester hielt einen kleinen Koffer mit den Sachen in der Hand, die Pri mit ins Sanatorium gebracht hatte. Die ganze Zeit über hatte ich befürchtet, man würde sie schon aus dem einfachen Grund festhalten wollen, um mein Geld auch weiterhin zu bekommen. Deshalb hatte ich Gray gebeten, mich zu begleiten. Als Anwalt würde er dafür sorgen, dass man sie notfalls auch gegen den Willen der Direktion freiließ. Allerdings wurde durch die positive Entscheidung der Ärzte alles wesentlich vereinfacht.
Jameson war verstummt, nachdem er eingesehen hatte, dass ich ihm ohnehin nicht mehr zuhörte. Nun hüstelte er ein paar Mal vernehmlich. Widerstrebend löste ich mich von Priscylla, ließ aber einen Arm um ihre Schultern gelegt, sodass ich ihren Körper an meiner Seite spüren konnte.
Irgendwo in einem verborgenen Winkel meines Gehirns hielt sich immer noch die absurde Angst, auch dies alles könnte sich als Traum entpuppen; Pri könnte sich in Nichts auflösen, wenn ich sie auch nur für einen Sekundenbruchteil losließ.
»Wie Sie wissen, hat Professor Denham Ihre Verlobte in der letzten Zeit behandelt«, sagte Jameson. »Ich möchte Sie bitten, ihm noch einen Augenblick zuzuhören.«
Denham erhob sich.
»Ich werde mich so kurz wie möglich fassen«, begann er. »Aber einige Dinge sollten Sie doch noch erfahren. Wir konnten bei Priscylla in letzter Zeit keine Anzeichen einer geistigen Labilität oder Verwirrung mehr feststellen. Deshalb sind wir zu dem Entschluss gekommen einer Entlassung zuzustimmen, allerdings nur unter der Bedingung, dass sie das Sanatorium im Falle einer neuen Krise von jeder Schuld freisprechen. Wir haben ein Formular vorbereitet, in dem Sie …«
»Was soll das bedeuten?«, fiel Dr. Gray ihm ins Wort. »Ich denke, Priscylla ist gesund? Warum also eine solche Erklärung? Sie wissen, dass so etwas nicht üblich ist.«
»Sicher ist Priscylla gesund«, entgegnete Denham ruhig. »Aber unter normalen Umständen würden wir sie noch eine Weile zur Beobachtung hierbehalten, um jedes Risiko auszuschließen. Deshalb können wir die Verantwortung nicht übernehmen. Wenn wir uns überhaupt jetzt schon einverstanden erklären, dann ist das nur ein Entgegenkommen unsererseits, da wir die Gefahr für sehr gering halten. Falls es Ihnen allerdings anders lieber ist, Mr. Craven …«
»Geben Sie schon her, ich unterschreibe«, rief ich, ohne meinen Blick von Pri abzuwenden.
»Lass mich das Schriftstück wenigstens vorher lesen«, bat Gray. Fordernd streckte er die
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