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Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod

Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod

Titel: Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Scherz.
    Mary brachte Kaffee. Gierig schlürfte ich das heiße Getränk, um den Kopf wenigstens einigermaßen klar zu bekommen, und wusste doch, dass es mir nicht gelingen würde. Meine Erschöpfung hatte einen Punkt erreicht, an dem nicht einmal alle Aufputschmittel Londons meine Müdigkeit noch hätten zurückdrängen können, und ich hatte in den vergangenen Tagen und Nächten schon zu viel Kaffee in mich hineingeschüttet, als dass er noch irgendeine belebende Wirkung gehabt hätte. Wenn ich trotzdem nicht auf der Stelle einschlief, lag es allein an dem Albtraum und seinen möglicherweise schrecklichen Folgen, der mich noch wachhielt.
    »Bring wenigstens zwei oder drei der SIEGEL an einen anderen Ort«, nahm Howard das Gespräch wieder auf. »Fünf der SIEBEN SIEGEL DER MACHT zusammen aufzubewahren, das ist wie … wie …« Er brach ab, als ihm kein passender Vergleich einfiel. Selten hatte ich Howard so erregt und gleichzeitig hilflos gesehen. Es kam mir vor, als hätte die Müdigkeit meinen Blick noch geschärft, als nähme ich meine Umgebung überdurchschnittlich klar wahr, ohne dass etwas davon richtig in mein Bewusstsein drang.
    »Wie ein Sprung in ein Becken voller Piranhas, in der Hoffnung, dass sie keinen Hunger haben«, führte ich den Satz zu Ende. Trotz des versuchten Scherzes war mir keineswegs zum Lachen zumute. Ich wusste, dass Howard Recht hatte, aber etwas in mir sträubte sich gegen den Gedanken, die SIEGEL fortzugeben.
    »Schlimmer, Robert, tausend Mal schlimmer. Hier geht es nicht nur um dich oder mich. Deponiere einige der SIEGEL bei einer Bank, wenn du dich schon nicht von allen trennen willst. Oder verlass du Andara-House für eine Weile. Du siehst doch, welche Wirkung die SIEGEL auf dich ausüben. Bislang waren die Verletzungen harmlos. Was passiert, wenn du deinen eigenen Tod träumst?«
    »Es gibt kein sichereres Versteck als Andara-House«, murmelte ich. »Und meine Abwesenheit nutzt auch nichts. Den ersten Albtraum hatte ich an Bord der NAUTILUS, mehr als hundert Meilen weit entfernt.«
    »Aber das Haus kann dich auch nicht schützen«, warf Howard hitzig ein. »Du musst -«
    »- dringend schlafen«, unterbrach Mary ihn resolut. »Sehen Sie nicht, dass er schon jetzt halb tot ist, Mr. Lovecraft? Er hört doch nicht einmal mehr richtig, was Sie sagen. Morgen ist auch noch ein Tag.«
    Howard wollte auffahren, doch Mary schob ihn bestimmt in Richtung Tür. Rowlf und Dr. Gray schlossen sich an.
    Ich versuchte zu protestieren, besaß aber nicht mehr die Kraft dazu. Noch bevor Mary das Licht löschte, war ich bereits eingeschlafen. In dieser Nacht war ich zu erschöpft, um überhaupt irgendetwas zu träumen.
     
    Ausgelaugt zog Shadow ihre geistigen Fühler zurück und kapselte sich völlig von ihrer Umgebung ab, um neue Kräfte zu sammeln. Man hätte sie für tot halten können, wenn es irgendjemanden gegeben hätte, der sie sah, doch sie war allein, allein in einer Welt, die nur aus Träumen der GROSSEN ALTEN geschaffen und noch nach dem Tode seines Wächtergeschöpfes vom verderblichen Geist Nyarlathoteps erfüllt war. Oder gerade nach seinem Tode.
    Kadath, die Kalte Wüste, die Welt jenseits der Welt; keine Wirklichkeit und doch existent.
    Geschaffen als eine tödliche Falle, die Abenteurer anlocken sollte, doch zu diesem Zweck musste sie zumindest äußerlich den Anschein von Schönheit erwecken. Da keiner der GROSSEN ALTEN fähig war Schönheit zu empfinden, geschweige denn zu erschaffen, hatte es minderer Kreaturen bedurft, nach deren Vorstellung sich das Land formen ließ. Mit dem Tode des Wächters gab es nichts mehr, was die Illusion aufrechterhalten konnte.
    Jeder Stein, jede der bizarren, verdorrten Pflanzen, sogar der Boden und die Luft selbst waren vom Pestodem des Bösen erfüllt und strahlten Hass und absolute Fremdartigkeit aus. In der Ferne ragte das schwarze Onyxschloss auf nun auch bei Tage nicht länger ein Trugbild vollendeter Schönheit, wie auch die umliegende Landschaft immer rascher ihre Maske lockender Lieblichkeit verlor und stattdessen ihren wahren Charakter offenbarte.
    Die Blumen und Büsche wurden zu abgrundtief hässlichen und abstoßenden Dingen, nicht Pflanze und nicht Tier; die Blüten und Blätter formten sich zu gierig klaffenden Mäulern mit rasiermesserscharfen Reißzähnen, ihre leuchtenden Farben verwandelten sich in nachtschwarze Finsternis. Die Zweige der Bäume peitschten wie Tentakel auf der Suche nach einem Opfer umher. Der Boden war nicht

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