Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I
zwingen Sie mich, Sie ernsthaft zu verletzen, und das will ich nicht!«
»Lassen Sie ihn los!«, befahl eine scharfe Stimme hinter mir.
Natürlich tat ich das nicht, aber ich wandte den Kopf – und blickte verblüfft in Constabler McGillycaddys Gesicht, der kaum zwei Schritte hinter mir stand. Der befehlende Ton in seiner Stimme überraschte mich, denn ich hatte ihn McGillycaddy gar nicht zugetraut.
Er sich selbst wohl auch nicht, denn er hielt meinem Blick nur eine knappe Sekunde lang stand, ehe er Zuflucht in einem nervösen Lächeln suchte und in völlig verändertem Tonfall hinzufügte: »Bitte, Mr. Craven.«
Ich stand noch einen Augenblick lang regungslos da, dann ließ ich Tom tatsächlich los, machte rasch zwei Schritte zurück und hob die Fäuste. Wenn Tom noch einmal versuchen würde meine vermeintliche Schwäche auszunutzen, würde er zwei Stunden später und mit ziemlich üblen Kopfschmerzen in seinem Bett wieder aufwachen.
Aber offenbar hatte er seine Lektion gelernt. Stöhnend richtete er sich auf und massierte seinen schmerzenden Hals. In seinem Blick mischten sich Zorn und Furcht, aber die Furcht überwog jetzt eindeutig. Einen Moment lang starrte er Cohen und mich noch hasserfüllt an, dann fuhr er herum und stürmte aus dem Haus.
McGillycaddy blickte ihm kopfschüttelnd nach; für eine geraume Weile. Erst dann drehte er sich wieder zu mir herum. »Bitte verzeihen Sie den Zwischenfall, Mr. Craven«, sagte er. »Tom ist im Grunde ein guter Kerl, aber leider auch ein furchtbarer Hitzkopf. Sobald er sich ein bisschen beruhigt hat, wird ihm die ganze Geschichte entsetzlich Leid tun, da bin ich sicher.«
»Es ist ja nichts passiert«, sagte ich. »Aber wieso sind Sie so plötzlich aufgetaucht? Und woher wussten Sie überhaupt, was hier los war?«
»Ich war bei Tom zu Hause«, antwortete McGillycaddy. »Alyssa hat mir erzählt, dass sie einen furchtbaren Streit hatten. Und da ich Tom kenne – wie gesagt, er ist ein ziemlicher Heißsporn –, dachte ich mir, dass er hierher kommt. Ich war ein wenig in Sorge um Sie, aber wie ich gesehen habe, sind Sie ja ganz gut in der Lage, auf sich selbst Acht zu geben.«
»Alyssa und er hatten Streit?«, fragte ich erschrocken. »Hat er sie …?«
»Geschlagen?« McGillycaddy schüttelte den Kopf. »Nein. Keine Sorge, Mr. Craven. Tom würde Alyssa niemals etwas zuleide tun. Er liebt seine Frau und seinen Sohn über alles.«
»Das habe ich gemerkt«, maulte ich. »Und offensichtlich ist er rasend eifersüchtig.«
»Ich hatte nicht das Gefühl, dass das eine Eifersuchtsszene war«, sagte Cohen.
Oh, manchmal liebte ich Wilbur Cohen regelrecht.
»Gleichwie«, sagte McGillycaddy, »er wird sich schon wieder beruhigen.« Er wandte sich an Cordwailer, der mit finsterem Gesichtsausdruck dabei war, die Trümmer seiner Einrichtung zusammenzusuchen und zu sichten. »Sei so lieb und bring mir ein Bier, Ted.«
»Ich komme selbstverständlich für den Schaden auf«, fügte ich hinzu.
Cordwailer würdigte mich nicht einmal eines Blickes, sondern rauschte hoch erhobenen Hauptes davon, während McGillycaddy sich einen Stuhl heranzog und sich setzte. Nach einem Augenblick nahmen auch Cohen und ich wieder Platz.
»Sie bleiben noch über Nacht?«, erkundigte sie McGillycaddy, nachdem wir für eine Weile nichts gesagt, sondern uns nur gegenseitig erwartungsvoll angeblickt hatten. Ich nickte.
»Dann werde ich mich darum kümmern, dass Ihr Gepäck morgen früh pünktlich zum Bahnhof gebracht wird«, sagte McGillycaddy.
»Ist das ein Hinauswurf?«, fragte ich. »Ich meine, wer sagt Ihnen, dass wir morgen schon abreisen wollen?«
McGillycaddy sah für einen Moment ziemlich hilflos aus. »Natürlich nicht«, sagte er. »Ich meine nur … es … es gibt hier nichts mehr für Sie zu tun. Ich konnte mir nicht denken, dass Sie länger bleiben, jetzt, wo Sie wissen, dass es diesen Crowley hier nicht gibt.«
»Vielleicht gefällt es uns hier ja«, sagte ich.
McGillycaddy schwieg ein paar Sekunden, während derer er mich durchdringend anstarrte. Dann seufzte er hörbar und etwas in seinem Blick änderte sich. »Also gut, Mr. Craven«, sagte er. »Ich will ganz offen zu Ihnen sein. Es … wäre besser, wenn Mr. Cohen und Sie Brandersgate verlassen würden, nach dem, was vorhin passiert ist.«
»Was ist denn passiert?«, fragte Cohen lauernd. Das war das Kreuz mit ihm: Man wusste nie, ob er einem nun beistehen oder im nächsten Moment in den Rücken fallen würde. Im Moment hatte
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