Hexer-Edition 21: Der Sohn des Hexers I
überhörte auch weiter geflissentlich meinen höhnischen Ton. »Jedenfalls nicht so«, sagte er. »Sie haben nicht viel gegen Hennessey in der Hand; im Grunde so gut wie gar nichts. Wenn Sie wirklich glauben, dass er etwas mit diesen Kindern tut, was ihnen schadet, sollten Sie zur zuständigen Schulbehörde gehen und mit einem ihrer Inspektoren wiederkommen. Und zwar überraschend und ohne ihn durch sinnlose Szenen wie vorhin zu warnen.«
Seine Worte ärgerten mich schon wieder, obwohl – oder vielleicht gerade weil – er vollkommen Recht hatte. Natürlich nur von seinem Standpunkt aus. Den Mächten, mit denen wir es hier zu tun hatten, war nicht mit behördlicher Hilfe beizukommen.
Wieder versanken wir für eine Weile in ein unangenehmes Schweigen, während wir beide mit unseren eigenen Überlegungen beschäftigt waren. Draußen begann es zu regnen; ein feines, heftiges Nieseln, das mit einem Geräusch wie raschelnde Seide gegen die Fenster prallte und die Welt dahinter mit einem grauen Schleier überzog.
»Ich fahre morgen zurück«, sagte Cohen plötzlich. »Und Sie sollten mich begleiten. Ich werde Ihnen bei der Sache mit Hennessey helfen, aber nur, wenn Sie vernünftig sind.«
»Woher dieser plötzliche Stimmungsumschwung?«, fragte ich, wobei ich absichtlich offen ließ, ob ich nun mit ihm gehen würde oder nicht. Vielleicht, weil ich es selbst noch nicht genau wusste.
»Ich mag Leute nicht, die mich belügen«, antwortete Cohen.
Ich runzelte die Stirn. »Wie?«
»Hennessey hat mindestens in einem Punkt nicht die Wahrheit gesagt. Nur eine Lappalie, aber ich frage mich, warum.«
»Und das wäre?«
»Sie sind nicht der Einzige, der sich gestern Nacht ein wenig umgesehen hat, Robert«, sagte Cohen. »Ich war draußen bei der alten Fabrik, von der er behauptet, dass sie ihm gehört. Und ich habe dort etwas gesehen, das mich stutzig gemacht hat.«
Er kam nicht dazu, mir zu erzählen, was er genau entdeckt hatte, denn in diesem Moment flog die Tür auf und zusammen mit einem Schwall eisigen Regens kam ein vielleicht vierzigjähriger Mann herein. Er hatte dunkles Haar und trug die mir schon fast vertraute, schäbige Kleidung; und er war nicht nur bis auf die Haut durchnässt, sondern sah auch sehr zornig aus. In seinen Augen blitzte es kampflustig, als er Cohen und mich gewahrte. Er warf die Tür so heftig hinter sich zu, dass das ganze Haus erbebte, senkte den Kopf und stürmte auf mich zu.
Cohen sah mich gleichermaßen alarmiert wie fragend an, aber ich konnte nur mit den Achseln zucken. Ich hatte den Burschen noch nie zuvor gesehen.
Zwei Schritte vor unserem Tisch blieb er stehen, starrte zuerst Cohen und dann mich herausfordernd an und ballte die Hände zu Fäusten. Ich rührte mich nicht, war aber auf der Hut. Ich wusste noch immer nicht, was der Bursche von uns wollte, aber er stank geradezu nach Ärger.
»Sind Sie dieser Craven?«, fragte er; eine Frage, die so überflüssig war wie nur irgendetwas.
»Der bin ich«, antwortete ich ruhig. »Und mit wem habe ich das Vergnügen?«
Mein Gegenüber beantwortete mir diese Frage nicht – womit ich auch nicht wirklich gerechnet hatte –, aber Cordwailer war so freundlich, dies zumindest teilweise für ihn zu übernehmen.
»Mach keinen Ärger, Tom«, sagte er von der Theke aus. »Die beiden Herren sind meine Gäste.«
»Halt dich da raus«, knurrte Tom, ohne sich auch nur zu ihm herumzudrehen. Wieder an mich gewandt und mit zornbebender Stimme fuhr er fort: »Hören Sie mir zu, Mr. Craven, denn ich werde Sie nicht noch einmal warnen! Sie werden meine Frau in Ruhe lassen, verstehen Sie? Hören Sie auf sich in meine Familienangelegenheiten zu mischen!«
Cohen blickte mich stirnrunzelnd an und auch Cordwailer wurde hellhörig. Einzig ich hatte Mühe, überhaupt zu begreifen, was Tom meinte. »Ihre Frau?«, fragte ich. »Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz, was –«
»Alyssa«, fiel mir Tom ins Wort. »Sie haben mit Alyssa gesprochen. Ihr dummes Zeug in den Kopf gesetzt. Hören Sie auf damit oder es passiert was!«
Tom kam einen Schritt näher, was nicht besonders klug war, falls er wirklich vorhatte mich anzugreifen. Trotzdem blieb ich auf der Hut. »Bitte beruhigen Sie sich, Tom«, sagte ich. Ich machte eine einladende Geste auf einen freien Stuhl am Nachbartisch. »Warum setzen Sie sich nicht und trinken ein Bier? Wir können in Ruhe über alles reden. Ich bin sicher, dass es sich nur um ein Missverständnis han –«
»Ich will nicht mit
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